Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch
Leitsatz (amtlich)
Zum Herausgabe- bzw. Schadensersatzanspruch gegen den Erben eines Bodenreformgrundstücks, wenn dieser aus der Veräußerung eines Bodenreformgrundstücks einen Erlös erlangt hat.
Normenkette
BGB § 281 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 22.03.2000; Aktenzeichen 10 O 2739/99) |
Tenor
Auf die Berufung der klagenden Partei wird das am 22. März 2000 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, an das Land Sachsen-Anhalt 35.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 03.11.1999 zu zahlen.
Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die klagende Partei 3/10 und der Beklagte 7/10.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beschwer der Parteien übersteigt jeweils 60.000,00 DM nicht.
Tatbestand
Von der Darstellung des
Tatbestandes
wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat überwiegend Erfolg.
In Höhe von 35.000 DM ist der Beklagte verpflichtet, seinen Anteil am Verkaufserlös des Bodenreformgrundstücks an das klagende Land herauszugeben. Eine weitergehende Herausgabepflicht besteht nicht, denn in Höhe von 15.000,00 DM hat er das Erlangte verloren und den Verlust nicht zu vertreten.
I.
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Sachlage zutreffend dargestellt auch seine rechtlichen Erwägungen sind im wesentlichen richtig.
1. Das klagende Land (Kläger) konnte gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3, § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB von den Erben des verstorbenen P. Z. die Auflassung des ungeteilten Grundstücks verlangen. Der Beklagte war einer der durch Erbschein ausgewiesenen Rechtsnachfolger des zuletzt im Grundbuch eingetragenen Bodenreformeigentümers, und er hatte sich vor Inkrafttreten der Vorschriften über die Abwicklung der Bodenreform (22. Juli 1992), nämlich durch notariellen Kaufvertrag vom 03.04.1992, zur Übereignung verpflichtet. Ferner war für die Erwerber vor diesem Zeitpunkt die Eintragung einer Auflassungsvormerkung beantragt worden. Infolgedessen war der sich aus Art. 233 § 11 Abs. 3 EGBGB für den besser Berechtigten ergebende Anspruch zunächst auf unentgeltliche Auflassung, ersatzweise auf Zahlung des Verkehrswertes, gerichtet. Zur Erfüllung des Anspruchs wurden der Beklagte und die Miterben jedoch unvermögend. Damit wurden sie von ihrer Verpflichtung zur Auflassung des Grundstücks an den Kläger frei. Nunmehr „beschränkt sich” die Haftung des Beklagten „auf die in dem Vertrag zu seinen Gunsten vereinbarten Leistungen” (Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB).
2. Die Ansprüche auf Auflassung (Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB), Bezahlung des Verkehrswertes (Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 4 EGBGB) oder Erstattung des durch Veräußerung erzielten Erlöses (Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB) im Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz bedeuten für die Betroffenen, daß ihnen das mindestens formal bestehende Eigentum an den ererbten Grundstücken aus der Bodenreform oder dessen Wert entzogen wird, soweit ihnen die Grundstücke nach den Rechtsgrundsätzen der Besitzwechselverordnung oder der Rechtspraxis der DDR nicht zu übertragen waren, weil sie – wie hier – nicht in der Landwirtschaft tätig waren. Eine Entschädigung für den Rechtsverlust sieht das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz nicht vor. Dieser von dem Gesetzgeber vorgenommene entschädigungslose Eingriff in die Rechtsposition der Erben von Bodenreformgrundstücken ist nach Ansicht der obersten Gerichte (vgl. BGH WM 1999, 448, 452 und BVerfG Beschl. v. 09.11.2000, Az. 1 BvR 1637/99 und 1 BvR 2062/99) nicht verfassungswidrig. Denn die Betroffenen werden lediglich so gestellt, wie es auch nach früherem DDR-Recht ohnehin geboten gewesen wäre. Auch nach dem Recht der DDR hätte der Erbe das Bodenreformland nur behalten dürfen, wenn er es auch bewirtschaftet hat. Andernfalls sollte es an den Bodenfonds zurückfallen.
3. Der auf Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2, § 11 Abs. 3 EGBGB gestützte Klageanspruch richtet sich nach den Voraussetzungen des § 281 Abs. 1 BGB, wie auch das Landgericht erkannt hat. Denn Gegenstand des Anspruchs ist das in § 281 Abs. 1 BGB bestimmte Surrogat (vgl. BGH, WM 1999, 453, 454).
a) Über das Wesen dieses Anspruchs wurde zunächst gestritten. Zum Teil wurde angenommen, es handle sich um einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (so OLG Naumburg, NJ 1995, 431, 432; LG Rostock, VIZ 1995, 54, 55). Vereinzelt ist erwogen worden, den Anspruch nach bereicherungsrechtlichen Kategorien zu beurteilen (vgl. OLG Rostock, OLG-NL 1995, 112). Eine dritte Auffassung sah in der Norm die Anordnung der Herausgabe des Surrogats im Falle der Unmöglichkeit und wendete daher § 281 BGB an (OLG Hamm, VIZ 1996, 725; OLG Rostock, VIZ 1997, 488, 490; vgl. auch OLG Celle, VIZ 1996, 104, 106).
b) Der BGH hatte zunächst entschieden (vgl. BGH WM 1998, 408, 409), daß es sich bei der Regelung jedenfalls nicht um die ...