Leitsatz (amtlich)
1. Die erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Verjährungseinrede ist zuzulassen, wenn der zugrundeliegende Sachverhalt unstreitig ist.
2. Zu den Voraussetzungen der Verjährung von Ansprüchen aus einem Anlageberatungsvertrag gem. § 37a WpHG.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 02.09.2004; Aktenzeichen 4 O 526/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 2.9.2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Halle wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision des Klägers an den BGH wird zugelassen, soweit sich der Klageanspruch gegen die Beklagte zu 1) richtet.
Die Beschwer des Klägers durch die Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der Klage gegen den Beklagten zu 2) übersteigt 20.000 EUR.
Gründe
I. Der Kläger macht Schadensersatzansprüche wegen Verletzungen von Pflichten aus einem Anlagevermittlungs- bzw. Beratungsvertrag geltend.
Der Beklagte zu 2) ist als Handelsvertreter für die Beklagte zu 1) tätig. In dieser Funktion betreute der Beklagte zu 2) den Kläger und seine Ehefrau seit 1997. Auf Empfehlung des Beklagten zu 2) zahlten der Kläger und seine Ehefrau im Jahr 1997 20.000 DM in den offenen Immobilienfonds B. Immoinvest ein. Später zahlten sie auf eigene Initiative weitere 10.000 DM in denselben Fonds ein. Am 17.1.1998 erwarben der Kläger und seine Ehefrau für 30.000 DM Anteile an einem Concentra Aktienfonds. Diese Anteile stiegen bis Anfang des Jahres 2000 im Wert. Im Februar 2000 empfahl der Beklagte zu 2) den Verkauf der Anteile an dem Aktien- und dem Immobilienfonds. Er stellte die Möglichkeit einer Anlage in Anteilen an den Aktienfonds D. Wachstum Europa und D. Vermögensbildung Europa der D. GmbH vor. Der Kläger und seine Ehefrau unterschrieben ein "Serviceblatt Verbraucherinformation 4, Angaben für Anlageklasse risikobewusst" (Bd. I Bl. 128 ff. d.A.) in drei Exemplaren; darin bestätigten der Kläger und seine Ehefrau, Hinweise zur Anlageklasse "risikobewusst" zur Kenntnis genommen zu haben. Ob dem Kläger und seiner Ehefrau dieses Serviceblatt überreicht bzw. zugesandt worden ist, ist streitig.
Die Anteile am Concentra Aktienfonds wurden für 22.685,25 EUR verkauft. Zur Hälfte wurden dafür am 25.2.2000 Anteile am Fonds D. Wachstum Europa für 11.342,63 EUR und zur anderen Hälfte, für 11.342,62 EUR, Anteile am Fonds D. Vermögensbildung Europa gekauft. Bei Verkauf der Anteile am Fonds B. ImmoInvest wurden 32.770,21 DM erlöst. 33.000 DM wurden im Februar/März 2000 in den Fonds D. Biotechnologie investiert. Die Fonds Biotechnologie und Wachstum-Europa werden der Risikogruppe "risikobewusst" zugeordnet, Concentra und Vermögensbildung Europa "gewinnorientiert".
In der Folgezeit fielen die Kurse der Fonds ständig. Letztmalig im April 2003 hatten die Parteien im Hinblick auf eine mögliche Änderung der Geldanlageform Kontakt. Ursprünglich hatten der Kläger und seine Ehefrau für die Anteile an den drei Aktienfonds zu Anfang des Jahres 2000 39.557,88 EUR angelegt; am 21.10.2002 betrug der Wert der Anteile noch 18.041,34 EUR.
Mit anwaltlichen Schreiben vom 11.3. bzw. 22.4.2003 wurden die Beklagten zur Anerkennung ihrer Schadensersatzpflicht aufgefordert.
Mit Abtretungserklärung vom 21.9.2003 trat die Ehefrau des Klägers diesem ihre Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten bezüglich der Geldanlage in Aktienfonds ab; sie übereignete ihm zugleich ihren Wertpapieranteil.
Der Kläger hat gemeint, die Beklagten hafteten auf Schadensersatz aufgrund eines Anlageberatungsvertrages. Er hat behauptet, dem Beklagten zu 2) sei bekannt gewesen, dass das Geld für die Altersvorsorge bestimmt sei. Der Kläger und seine Ehefrau hätten wiederholt darauf hingewiesen, dass man eine sichere Anlage wünsche, bei der die eingezahlten Beträge in keinem Fall geringer werden sollten. Der Beklagte zu 2) habe versichert, das Geld werde nicht weniger werden, da durch Fonds ständig Ausschüttungen erfolgen sollten, von denen wieder neue Anteile gekauft werden würden. Der Gesamtbetrag werde nicht geringer, auch wenn der Wert eines Anteils vorübergehend sinke. Lediglich die zu erzielenden Gewinne würden gelegentlichen Schwankungen unterliegen. Der Beklagte zu 2) habe immer nur von Fonds, nie von Aktienfonds gesprochen.
Die Anlage in den Aktienfonds habe nicht seinem Risikoprofil und demjenigen seiner Ehefrau entsprochen; 40 % des anzulegenden Betrags, 33.000 DM, seien auf Anraten des Beklagten zu 2) in einem hoch spekulativen Biotechnologiefonds investiert worden, bei dem das Verlustrisiko über demjenigen gewöhnlicher Aktienfonds liege. Der Biotechnologiefonds sei lediglich zur Depotbeimi...