Leitsatz (amtlich)
Auch im Internethandel darf ein Bestellformular nur die Angaben enthalten, die unbedingt für die Bestellung notwendig sind. Irgendwelche weitergehenden Werbeaussagen sind untersagt.
Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 09.11.2005; Aktenzeichen 11 O 47/05) |
Tenor
Die Berufung des Verfügungsbeklagten gegen das am 9.11.2005 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Halle wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Verfügungsbeklagte.
Der Wert der Beschwer und der Streitwert für den Berufungsrechtszug werden auf 15.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Verfügungskläger macht gegen den Verfügungsbeklagten einen Unterlassungsanspruch wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens geltend.
Der Verfügungskläger ist ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen, der sich satzungsmäßig zur Aufgabe gemacht hat, einen funktionierenden Wettbewerb zu erhalten, Wettbewerbsverstöße zu verfolgen und den lauteren Geschäftsverkehr zu fördern.
Der Verfügungsbeklagte betreibt als Inhaber der Apotheke "R." im Internet unter dem domain-Namen "..." einen Apothekenversandhandel.
Am 28.4.2005 gab der Verfügungsbeklagte ggü. dem Verfügungskläger die als Bestandteil der Anlage A 3 vorgelegte Unterlassungserklärung ab, auf deren Inhalt verwiesen wird.
Der Verfügungsbeklagte stellt im Rahmen seines Internetauftritts die als Anlage A5 vorgelegte Seite ins Netz. Hierauf wird unter der Überschrift "Artikel-Druckansicht" eine Reiseapotheke mit diversen Medikamenten angeboten. Die Einzelseite enthält überwiegend keine Angaben zu den Wirkstoffen der angebotenen Medikamente und jedenfalls bis etwa Mitte des Jahres 2005 zudem hinsichtlich der Risiken und Nebenwirkungen keinen Verweis auf die Packungsbeilage oder den Rat von Arzt oder Apotheker. Zu dieser Seite gelangt man, wenn man auf der Seite "Artikel-Detailinformationen" den Button "Druckansicht des Artikels" anklickt. Die Seite "Artikel-Detailinformationen" ist weitgehend identisch mit der Seite "Artikel-Druckansicht", allerdings kann man auf dieser Seite durch Anklicken des Buttons "Warenkorb" die gewünschte Anzahl des Artikels in den Warenkorb legen. Seit etwa Mitte 2005 ergänzte der Verfügungsbeklagte die Seite "Artikel-Detailinformationen" durch den Hinweis "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen sie die Packungsbeilage oder fragen sie ihren Arzt oder Apotheker".
Der Verfügungskläger mahnte den Verfügungsbeklagten mit Schriftsatz vom 16.6.2005 erfolglos ab und strengte sodann ein Eilverfahren beim LG Halle an.
Auf Antrag des Verfügungsklägers hat das LG Halle - Kammer für Handelssachen -dem Verfügungsbeklagten mit Versäumnisurteil vom 17.8.2005 untersagt, im geschäftlichen Verkehr für Arzneimittel, insb. die Arzneimittel
- Loperamid ratiopharm
- Octenisept
- ASS+C ratiopharm
- Soventol Gel
außerhalb der Fachkreise zu werben, ohne im Fall eines Monopräparates die Bezeichnung des Arzneimittels gefolgt von der Bezeichnung des einzigen arzneilich wirksamen Bestandteils mit dem Hinweis "Wirkstoff" und/oder den Text "Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker", falls das Arzneimittel apothekenpflichtig ist oder falls in der Packungsbeilage oder dem Behältnis Nebenwirkungen oder sonstige Risiken angegeben sind, vom übrigen Text abgesetzt wiederzugeben, es sei denn, es wird ausschließlich mit der Bezeichnung des Arzneimittels oder zusätzlich mit dem Namen, der Firma, der Marke des pharmazeutischen Unternehmens oder dem Hinweis "Wirkstoff" geworben.
Zugleich hat es dem Verfügungsbeklagten für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung Ordnungshaft oder ein Ordnungsgeld i.H.v. 250.000 EUR angedroht, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten.
Gegen das am 25.8.2005 zugestellte Versäumnisurteil hat der Verfügungsbeklagte mit dem am 7.9.2005 beim LG Halle eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt.
Der Verfügungsbeklagte hat die Ansicht vertreten, dass die auf der Seite "Artikel-Druckansicht" enthaltenen Angaben dem Ausnahmetatbestand des § 1 Abs. 6 HWG unterfallen, da es sich hierbei um ein Bestellformular handele.
Der Verfügungsbeklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil vom 17.8.2005 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aufzuheben.
Der Verfügungskläger hat beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Er hat die Auffassung vertreten, die Werbung der Beklagten sei wettbewerbswidrig, da entgegen § 4 Abs. 3 HWG die Pflichtangaben fehlten und ein Ausnahmefall des § 1 Abs. 6 HWG mangels Vorliegens eines Bestellformulars nicht gegeben sei.
Die 11. Zivilkammer des LG Halle - Einzelrichter - hat mit dem am 9.11.2005 verkündeten Urteil das Versäumnisurteil vom 17.8.2005 aufrechterhalten. Zur Begründung hat sie ausgeführt, es läge ein Verstoß gegen § 4 Abs. 3 HWG vor, da der Verfügungsbeklagte nicht gem. § 1 Abs. 6 HWG von den Pflichtangaben befreit sei. Die betreffende Seite stelle kein Bestellformular dar, die Ausnahmeregelung umfasse nicht den gesamten Interne...