Leitsatz (amtlich)
1. Ein Sachmangel an einem gebrauchten Kfz i.S.v. § 434 BGB liegt auch darin, dass der Zahnriemen eine Anlage zum vorzeitigen Verschleiß aufweist.
2. Zum Ausschluss des Rücktritts nach § 323 Abs. 6 BGB (hier: abgelehnt).
Verfahrensgang
LG Magdeburg (Urteil vom 14.07.2009; Aktenzeichen 9 O 47/06) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 14.7.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Magdeburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Der Kläger begehrt vom Beklagten die Rückabwicklung des am 16.10.2005 geschlossenen Kaufvertrages über ein gebrauchtes Kraftfahrzeug C..
Seinen Rücktritt vom Kaufvertrag stützt der Kläger u.a. auf einen Riss des Zahnriemens am 12.11.2005, der einen Totalschaden am Motor des Fahrzeugs zur Folge hatte. Der Beklagte verteidigt sich im Wesentlichen damit, dass die Ursache des Risses des Zahnriemens nicht eindeutig ermittelt sei und das Fahrzeug jedenfalls bei Übergabe an den Kläger mangelfrei gewesen sei. Zudem sei ein Rücktritt nach § 323 Abs. 6 BGB ausgeschlossen im Hinblick darauf, dass der Kläger das Fahrzeug weiter benutzt habe, obwohl er wenige Tage vor dem Riss des Zahnriemens selbst ein auffälliges Geräusch aus dem Motorraum wahrgenommen habe und ihn Mitarbeiter des Beklagten auf seine Nachfrage von einer Weiterfahrt abgeraten hätten.
Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen i.S.v. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
B. Die Berufung des Beklagten ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgemäß eingelegt und begründet. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
Das LG hat zu Recht darauf erkannt, dass der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des o.g. Kraftfahrzeugs nach §§ 346, 348 i.V.m. 323 Abs. 1, 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB innehat und dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Kraftfahrzeugs im Annahmeverzug befindet. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung sind im Ergebnis unbegründet.
I. Der Kläger ist wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.
1. Die Parteien des Rechtsstreits haben einen Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen geschlossen. Der Kläger hat den Rücktritt von diesem Kaufvertrag mit Schriftsatz vom 6.1.2006 (vgl. GA Bd. I Bl. 17) erklärt. Der Rücktritt wird auf einen Sachmangel gestützt.
2. Zum Zeitpunkt der Übergabe des Gebrauchtwagens vom Beklagten an den Kläger im Oktober 2005 lag ein Sachmangel i.S.v. § 434 BGB vor. Der Zahnriemen im Motorraum wies eine Anlage zum vorzeitigen Verschleiß auf.
a) Im Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ist festzustellen, dass der Zahnriemen außergewöhnlich frühzeitig - gemessen an der durchschnittlichen Lebensdauer eines solchen Zahnriemens - gerissen ist. Der Riss ereignete sich bereits nach einer Nutzdauer von ca. 14 Monaten und einer Laufleistung des Fahrzeugs von 18.586 km. Denn der Zahnriemen des Fahrzeugs war am 7.10.2004 beim km-Stand 59.418 erneuert worden. Aus der Fahrleistung des Fahrzeugs bei Eintritt des Motorschadens am 12.11.2005 lässt sich die Laufleistung mit dem neuen Zahnriemen berechnen. Nach den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. D. L., die sich auf Angaben der Fahrzeughersteller, insbesondere auf deren Wartungsvorschriften, stützen, hätte der Zahnriemen mindestens eine Nutzdauer von vier Jahren bzw. eine Laufleistung von 90.000 km gewährleisten müssen. Damit trat der Verschleiß des Zahnriemens bereits nach etwa einem Fünftel der üblichen Mindestlaufleistung ein. Die letztlich auf statistischen Betrachtungen beruhenden Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen decken sich mit dem subjektiven Eindruck des vom Beklagten eingeschalteten Privatsachverständigen, der den gerissenen Zahnriemen nach seinem äußerlichen Anschein als "neuwertig" beschrieben hat.
b) Der Riss des Zahnriemens ereignete sich beim bestimmungsgemäßen Gebrauch des Fahrzeugs. Dies legt es nahe, dass der Riss im technischen Zustand des Fahrzeugs selbst angelegt war (vgl. OLG Frankfurt, Urt. v. 4.3.2005 - 24 U 198/04 [Motorschaden] - NJW-RR 2005, 920; OLG Hamm, Urt. v. 18.6.2007 - 2 U 220/06 [Bruch der Befestigungsschraube der Spannrolle eines Zahnriemens] - zitiert nach juris). Anhaltspunkte für Ursachen außerhalb der gewöhnlichen Beanspruchung eines Zahnriemens liegen hier nicht vor, auch wenn der gerichtliche Sachverständige die konkrete Ursache des übermäßigen Verschleißes nicht mehr feststellen konnte.
aa) Der gerichtliche Sachverständige hat einen altersbedingten Verschleiß - im Sinne normaler Verschleißerscheinungen (zur Abgrenzung BGH, Urt. v. 23.11.2005 - VIII ZR 43/05 [Turbolader] - NJW 2006, 434) - angesichts der kurzen Nutzungsdauer des Zahnriemens ausgeschlossen. Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellung bestehen nicht, auch der Beklagte äußert solche nicht.
bb) Mechanische oder chemische Einwirku...