Normenkette

BGB §§ 214, 633-634; VOB B § 13 Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 08.06.2018; Aktenzeichen 4 O 1/12)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 8. Juni 2018 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle in der Fassung des Ergänzungsurteils vom 30. Juli 2018 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 285.055,27 EUR nebst Zinsen jeweils in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB aus 101.902,99 EUR seit dem 3. Februar 2004, aus weiteren 32.654,98 EUR seit dem 9. Februar 2010, aus weiteren 11.889,17 EUR seit dem 1. Januar 2008, aus weiteren 80.200,49 EUR seit dem 1. Januar 2009 und aus weiteren 58.407,64 EUR seit dem 1. Januar 2010 zu zahlen.

2. Im Übrigen werden die Klage gegen die Beklagte zu 1) und insgesamt die Klage gegen die Beklagte zu 2) abgewiesen.

4. Die Widerklage der Beklagten zu 1) wird abgewiesen.

II. Von den gerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen sowie von den Kosten der Klägerin haben die Klägerin 84 % und die Beklagte zu 1) 16 % zu tragen. Die Klägerin hat darüber hinaus 81 % der Kosten der Beklagten zu 1) sowie sämtliche Kosten der Beklagten zu 2) und der Streithelferin der Beklagten zu 2) zu tragen. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Zwangsvollstreckung durch den Vollstreckungsgläubiger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Kostenwert des Berufungsverfahrens wird auf eine Gebührenstufe bis zu zwei Millionen Euro festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Klägerin macht gegen die Beklagten Gewährleistungsansprüche geltend, und zwar gegen die Beklagte zu 1) aus einem Vertrag über die Errichtung eines Blockheizkraftwerkes (künftig: BHKW, Komplex I A) und gegen die Beklagte zu 2) aus einem Vertrag über Ingenieurleistungen (künftig: Komplex I B). Die Klägerin und die Beklagte zu 1) streiten darüber hinaus über restlichen bzw. überzahlten Werklohn aus einem zugehörigen Wartungs- und Instandhaltungsvertrag (künftig: Komplex II).

Komplex I

Die Klägerin beauftragte die Beklagte zu 2) mit schriftlichem Ingenieurvertrag vom 12.12.1996 (Anlage K 1, GA Bd. I Bl. 19 ff.) mit der Planung und Bauüberwachung der Errichtung eines BHKW in W. gemäß den Grundleistungen aus dem Leistungsbild der Technischen Ausrüstung (§ 73 HOAI 1995) einschließlich der Leistungsphasen 8 (Objektüberwachung / Bauüberwachung) und 9 (Objektbetreuung und Dokumentation). Nach § 11 des Ingenieurvertrages vom 12.12.1996 richtete sich die Haftung nach den gesetzlichen Vorschriften des Werkvertragsrechts. In Absatz 5 vereinbarten die Vertragsparteien eine Verjährungsfrist von fünf Jahren. Die Verjährung sollte beginnen mit der Erfüllung der letzten nach dem Vertrag zu erbringenden Leistung, spätestens jedoch "bei Übernahme der baulichen Anlage". Für Leistungen, welche nach der Übergabe noch zu erbringen waren, sollte die Verjährung erst mit der Erfüllung der letzten Leistung beginnen. In Absatz 6 war abweichend geregelt, dass Schadensersatzansprüche wegen positiver Vertragsverletzung nach den gesetzlichen Vorschriften verjähren sollten.

Die Beklagte zu 2) schloss mit ihrer nunmehrigen Streithelferin am 04./07.03.1997 einen Ingenieurvertrag (Anlage B02-01, GA Bd. VII Bl. 72 ff.); danach übernahm die Streithelferin Leistungsanteile der Beklagten zu 2) gegenüber der Klägerin, u.a. die Bauüberwachung zu 80 % und die Objektbetreuung zu 100 %.

Im Rahmen einer beschränkten Ausschreibung mit öffentlichem Teilnahmewettbewerb (vgl. Bekanntmachung Anlage K 56, KA I Bl. 3) beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 1), bis zum 31.12.2003 noch firmierend unter R. GmbH, mit Zuschlagsschreiben vom 07.05.1997 (vgl. GA Bd. I Bl. 24) auf das Angebot vom 10.04.1997 (GA Bd. I Bl. 30 ff.) und entsprechend den Festlegungen des Vergabegespräches am 07.05.1997 (GA Bd. I Bl. 25 ff.) mit dem Neubau eines Blockheizkraftwerkes mit etwa 6,5 MW elektrischer Leistung und etwa 8 MW thermischer Leistung. Das Leistungsverzeichnis in den Vergabeunterlagen enthielt im Wesentlichen eine funktionale Leistungsbeschreibung, d.h. es gab vor allem die modulare Struktur des BHKW vor und bestimmte die zu erreichenden Leistungsparameter. Bestandteil des Bauauftrags war eine Erklärung der Beklagten zu 1), wonach sie sich zur Lieferung und Montage von fünf Generatoren des Herstellers M. (M.), eines Tochterunternehmens der D. AG, vom Typ ... verpflichtete. Die Beklagte zu 1) bestätigte die Auftragserteilung mit ihrem Schreiben vom 21.05.1997.

Nach dem Inhalt der Leistungsbeschreibung war das BHKW in drei Teilbereiche gegliedert:...

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