Leitsatz (amtlich)
Eine Verpflichtung von Bietern, Eignungsnachweise für Nachunternehmer schon mit dem Angebot vorzulegen, ist nicht regelmäßig unzumutbar und daher unzulässig. Ob diese Verpflichtung besteht, ergibt vielmehr in jedem Einzelfall eine Auslegung der Angebotsunterlagen.
Allein aus der Präqualifikation eines Bieters kann nicht ohne weiteres auf die Eignung der vorgesehenen Nachunternehmer geschlossen werden, jedenfalls wenn deren Präqualifikationsnummer nicht mit angegeben wird.
Verfahrensgang
LG Stendal (Urteil vom 30.04.2010; Aktenzeichen 21 O 144/09) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 1 des LG Stendal vom 30.4.2010 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt die Klägerin.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % der zu vollstreckenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen. Die Beschwer der Klägerin übersteigt 20.000 EUR.
und beschlossen:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 24.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin macht als unterlegene Bieterin eines Vergabeverfahrens unterhalb der EU-Schwellenwerte gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen Nichterteilung des Zuschlags geltend.
Mit Bekanntgabe im Ausschreibungsanzeiger Sachsen-Anhalt vom 15.8.2008 leitete die Beklagte das Vergabeverfahren für die Baumaßnahme "Grundhafter Ausbau der Kreisstraße ... von der B. nach P. " ein. Nebenangebote wurden zugelassen. Unter Buchstabe s) enthielt die Ausschreibung u.a. die Aufforderung an die Bieter, zum Nachweis ihrer Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit gem. § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A Angaben zu den Buchstaben a bis g zu machen. Wegen des weiteren Inhalts wird auf den veröffentlichten Ausschreibungstext (Anlage K 1, Bd. I Bl. 10 d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte verwendete die Formulare des Vergabehandbuchs "VHB 2008". Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots erfolgte auf dem Formblatt 211, das unter Ziff. 3 folgenden Wortlaut hatte:
"3 Vorlage von Nachweisen/Angaben durch den Bieter und ggf. Nachunternehmer
3.1 Der Auftraggeber wird ab einer Auftragssumme von 30.000 EUR für den Bieter, der den Zuschlag erhalten soll, zur Bestätigung der Erklärung (Angebotsschreiben Nr. 3) einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister beim Bundesamt für Justiz anfordern.
3.2 Zum Nachweis der Eignung sind vorzulegen:
mit dem Angebot auf Verlangen der Vergabestelle
folgende Unterlagen nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A
a) xb) xc) xd) xe) xf) x
3.3 Folgende sonstige nachweise/Angaben sind vorzulegen:
mit dem Angebot auf Verlangen der Vergabestelle
gem. Pkt. S.) der Bekanntmachung im Ausschreibungsanzeiger SA
3.4 Präqualifizierte Unternehmen können anstelle der Nachweise nach 3.2 im Angebotsschreiben 213 unter Nr. 4.4 die Nummer angeben, unter der sie in der Liste des Vereins für die Präqualifikation von Bauunternehmen (Präqualifikationsverzeichnis) eingetragen sind.
Wegen der weiteren Einzelheiten des verwendeten Formblattes wird auf die Anlage K 2 (Bl. 11 - 13 Bd. I d.A.) verwiesen.
Die Klägerin gab unter dem 4.9.2008 Haupt- und Nebenangebote ab, wobei der Endbetrag für das Hauptangebot auf 607.096,70 EUR lautete. Die Formblätter 233 (Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen, auf die der eigene Betrieb eingerichtet ist, Bd. I Bl. 95 f.) und Formblatt 234 (Verzeichnis der Nachunternehmerleistungen, auf die der eigene Betrieb nicht eingerichtet ist, Bd. I, Bl. 97 f.) wurden von ihr ausgefüllt. Obwohl sich hieraus ergab, dass die Klägerin beabsichtigte, bestimmte Leistungen durch Nachunternehmer erbringen zu lassen, die sie auch namentlich benannte, legte sie unstreitig mit dem Angebot keine Nachweise über die Eignung ihrer Nachunternehmer vor. Dies holte sie erst im Bietergespräch am 4.9.2008 nach. Wegen des dokumentierten Inhalts des Bietergesprächs wird auf Anlage K 3 (Bd. I, Bl. 14 - 18) Bezug genommen.
Am 30.9.2008 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr Angebot im Rahmen der formalen Prüfung gem. § 25 Nr. 1 VOB/A ausgeschlossen worden sei, weil es "Preise bzw. geforderte Erklärungen nicht enthielt".
Die Beklagte erteilte den Auftrag an die W. GmbH unter Anerkennung zweier Nebenangebote (1 und 3) mit einer Angebotssumme von insgesamt 595.980,66 EUR brutto.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie habe ihr Angebot vollständig mit den angeforderten Unterlagen eingereicht. Nach dem Inhalt der Bekanntmachung und der Aufforderung zur Angebotsabgabe seien Nachweise zu dem Nachunternehmer nicht gefordert worden und außerdem unzumutbar gewesen. Unter Ziff. 3.2 der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots sei eindeutig der Bieter als ...