Leitsatz (amtlich)
Zu den Auswirkungen der Anerkennung von Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder auf den Versorgungsausgleich - Verkürzung der ruhegehaltfähigen Dienstzeit nach dem BeamtVG
Normenkette
BeamtVG §§ 50a, 69m; VersAusglG §§ 40, 44 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Nürnberg (Aktenzeichen 113 F 2894/21) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, Deutsche Bundespost, wird der zweite Absatz des Tenors zu 2 des Endbeschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Nürnberg vom 12.01.2022 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Präsidentin der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation, Deutsche Bundespost, Fachbereich Versorgung (Personalnummer ...) zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 148,22 Euro monatlich, bezogen auf den 31.01.2021, übertragen.
II. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.158,60 Euro festgesetzt.
Gründe
Der am ... 1952 geborene Antragsteller und die am ...1949 geborene Antragsgegnerin schlossen am 20.12.1991 vor dem Standesbeamten des Standesamtes Nürnberg die Ehe.
Im Laufe der Ehezeit erwarb die Ehefrau Anrechte auf ein Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG).
Auf den am 11.02.2021 zugestellten Scheidungsantrag ist die Ehe mit Endbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 12.01.2022 geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt worden.
Der Entscheidung des Familiengerichts war eine Auskunft der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vom 12.03.2021 (Bl. 12/23 d. Sonderheftes VA) voraus gegangen. Der berechnete Ehezeitanteil des Anrechts der Ehefrau ist in dieser Auskunft mit 285,33 Euro angegeben, als Ausgleichswert der Wert von 142,67 Euro vorgeschlagen und der korrespondierende Kapitalwert mit 32.242,44 Euro angegeben worden.
Das Familiengericht hat dieses Anrecht neben weiteren Anrechten dieser Auskunft folgend ausgeglichen.
Gegen diesen, ihr am 25.01.2022 zugestellten Beschluss wendet sich die durch die Bundesanstalt vertretene Versorgungsträgerin mit ihrer am 25.02.2022 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde. Sie weist darauf hin, dass mit dem Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetz (BesStMG) die Gesetzesänderung zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten für vor 1992 geborene Kinder zum 01.09.2020 in Kraft getreten sei. Dies habe zu einer Änderung des Ehezeitanteils der Versorgungsanwartschaften der Ehefrau geführt. Daher übersende sie eine neue Auskunft vom 25.02.2022 unter Berücksichtigung der geänderten Kindererziehungszeiten.
Die weiteren Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Ehefrau weist darauf hin, dass die Kindererziehungszeiten, soweit sie die Summe der Kindererziehungszuschläge erhöhen, vollumfänglich außerhalb der Ehezeit der beteiligten Ehegatten liegen.
Die Bundesanstalt teilt mit, dass die Neubewertung der Kindererziehungszeiten nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung auf den Antrag der Ehefrau hin vorgenommen worden sei.
Gegen die Absicht des Senats, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, wurden keine Einwände erhoben.
II. 1. Die Beschwerde der Bundesanstalt ist statthaft (§ 58 Abs. 1 FamFG) und auch im Übrigen zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt wurde (§ 63 Abs. 1, 3; § 64 Abs. 1, 2 FamFG) und die Bundesanstalt durch die Entscheidung des Amtsgerichts auch beschwert ist, § 59 Abs. 1 FamFG. Die Rechtsstellung eines Versorgungsträgers ist bereits immer dann betroffen, wenn in Bezug auf das bei ihm bestehende Anrecht eine dem Gesetz nicht entsprechende Entscheidung ergangen ist. Auf den Beschwerdewert kommt es gem. § 228 FamFG nicht an, da es sich um keine Anfechtung einer Kostenentscheidung handelt.
Der Senat hat von einer mündlichen Erörterung abgesehen, da die Beteiligten rechtliches Gehör hatten und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist (§ 68 Abs. 3, § 221 Abs. 1 FamFG).
Die Teilanfechtung des Versorgungsausgleichs ist zulässig (vgl. BGH FamRZ 2021, 211; BGH FamRZ 2016, 794).
Der Überprüfung durch den Senat unterliegt die Entscheidung des Amtsgerichts daher nur in Bezug auf das mit der Beschwerde angegriffene Anrecht.
2. In der Sache führt die Beschwerde zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung in dem sich aus dem Tenor dieser Entscheidung ergebenden Umfang.
Der Ehezeitanteil der Anrechte aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ist gem. § 44 Abs. 1 VersAusglG nach der in § 40 und § 41 Abs. 2 VersAusglG geregelten zeitratierlichen Methode zu berechnen. Die Formel zur Berechnung des Ehezeitalters einer Beamtenversorgung lautet: (Tatsächlich bezogenes/erreichtes) Ruhegehalt × ruhegehaltfähige Dienstzeit in der Ehezeit ./. gesamte (erreichte/erreichbare) ruhegehaltfähige Dienstzeit = Ehezeitanteil des Versorgungsanrechts (vgl. Wick, Versorgungsausgle...