Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe: Abzugsfähigkeit eines pauschalen Mehrbedarfs für Alleinerziehende als besondere Belastung

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Mehrbedarf für Alleinerziehende gem. § 21 Abs. 3 SGB II zählt zum Einkommen gem. § 115 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO und ist nicht pauschal als besondere Belastung gem. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO abzugsfähig.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 1 S. 1, § 115 Sätze 2, 3 Nr. 4; SGB II § 21 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Weiden i.d. OPf. (Beschluss vom 02.09.2009; Aktenzeichen 1 F 617/09)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Weiden i.d. Opf. vom 2.9.2009 - 1 F 617/09, dahingehend abgeändert, dass die von der Antragstellerin auf die Kosten der Prozessführung aus dem Einkommen zu leistenden Monatsraten auf 15 EUR festgesetzt werden.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Eine Gebühr ist für das Beschwerdeverfahren nicht zu erheben.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und teilweise begründet. Die Antragstellerin hat aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf die Kosten der Prozessführung monatliche Raten von 15 EUR zu leisten (§ 115 Abs. 1, Abs. 2 ZPO),

Die Antragstellerin bezieht Arbeitslosengeld II (§§ 19 ff. SGB II) i.H.v. insgesamt 765 EUR. Dieses setzt sich aus einer Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts von 359 EUR, einem Mehrbedarf zum Lebensunterhalt für Alleinerziehendevon 129 EUR sowie Kosten für Unterkunft und Heizung für sie und ihren Sohn JB i.H.v. insgesamt 277 EUR zusammen. Die Antragstellerin erhält ferner 164 EUR Kindergeld.

Diese Einkünfte sind im Hinblick auf die Festsetzung von Raten nach § 115 Abs. 2 ZPO als Einkommen i.S.v. § 115 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO zu berücksichtigen. Dies gilt nicht nur für das Kindergeld (BGH FamRZ 2005, 605), sondern auch für das Arbeitslosengeld II, da die Antragstellerin daneben noch weitere Einkünfte in Form des Kindergeldes bezieht (BGH FamRZ 2008, 781).

Somit ergeben sich die anzurechnenden Gesamteinkünfte der Antragstellerin mit 929 EUR (765 EUR + 164 EUR). Von diesen Einkünften ist ein Freibetrag für die Partei von 395 EUR (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2a ZPO) in Abzug zu bringen. Für den Sohn Histein Freibetrag von 276 EUR (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2b ZPO), abzgl. des geleisteten Kindes Unterhalts von 242 EUR (§ 115 Abs. 1 S. 7 ZPO), also 34Euro zu berücksichtigen. Ferner sind die anerkannten monatlichen Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 468 EUR, wie sie sich aus dem Bescheid der ARGE vom 7.7.2009 ergeben, vom Einkommen abzuziehen (§ 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 ZPO). Danach verbleibt ein für die Bestreitung der Prozesskosten von der Antragstellerin einzusetzendes Einkommen von 32 EUR.

Weitere abzugsfähige Belastungen sind von der Antragstellerin nicht konkret dargelegt. Der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte pauschale Mehrbedarf für Alleinerziehende, der bei der Gewährung von Arbeitslosengeld II seine Rechtsgrundlage in § 21 Abs. 3 SGB II hat, ist im Rahmen der Prozesskostenhilfe nicht als besondere Belastung i.S.v. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO anzuerkennen. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 ZPO sieht weder eine Pauschalierung vor, noch ist dort auf die entsprechende Vorschrift des § 21 Abs. 3 SGB II Bezug genommen. Ein pauschaler Abzug ohne Darlegung von konkreten Mehrkosten ist daher in diesem Zusammenhang nicht möglich (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., S. 117, Rz. 281). Ob bezüglich des Mehrbedarfs für Alleinerziehende gern. § 30 Abs. 3 SGB XII im Rahmen der Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 ff. SGB XII) etwas anderes zu gelten hat (vgl. dazu Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 115 Rz. 39), bedarf hier keiner Entscheidung.

Aus dem für die Bestreitung der Prozesskosten von der Antragstellerin einzusetzenden Einkommen von 32 EUR ergibt sich eine monatliche Ratenzahlung von 15 EUR (§ 115 Abs. 2 ZPO). Insoweit ist der angefochtene Beschluss abzuändern.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO). Im Hinblick auf den Umfang der erfolgten Abänderung entspricht es billigem Ermessen, dass eine Gebühr für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben wird (KV Nr. 1812 GKG).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2256184

FamRZ 2010, 395

MDR 2010, 47

FamRB 2010, 11

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