Leitsatz (amtlich)
1. Der überschließende Wert eines Vergleichs mit einer Abgeltung des Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrages, dessen Wirksamkeit nicht Streitgegenstand ist, besteht i.H.v. 20 % der 3,5fachen Jahresbeiträge von Rentenleistung und Versicherungsprämie, da der Versicherungsnehmer auf weitere Ansprüche auch aus zukünftigen Versicherungsfällen verzichtet.
2. Für die Frage eines überschießenden Vergleichswerts spielt es keine Rolle, ob die Klagepartei ihren Anspruch auf zukünftige Leistung in Form einer Leistungs- oder einer Feststellungsklage geltend gemacht hat.
Normenkette
ZPO §§ 3, 9
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 22.03.2012; Aktenzeichen 11 O 5917/11) |
Tenor
Die Gegenvorstellung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Beschluss des OLG Nürnberg vom 22.3.2012 wird zurückgewiesen
Gründe
Mit Beschluss vom 22.3.2012 wurde u.a. abgelehnt, einen überschießenden Vergleichswert insoweit festzusetzen, als mit der Klage nur im Wege eines Feststellungsantrages die Leistungspflicht für die Zukunft geltend gemacht wurde, sich die Beklagte im Wege eines Abgeltungsvergleiches aber zu einer Zahlung verpflichtet hat. Ein Mehrwert des Vergleiches i.H.v. 20 % als Differenz zwischen Feststellungs- und Leistungsklage wurde nicht gesehen.
Hiergegen wenden sich die Beklagtenvertreter mit ihrer Gegenvorstellung vom 2.4.2012.
Der Senat sieht sich nicht zu einer Änderung seiner Entscheidung veranlasst.
Die Beschwerdeführer verkennen, dass bei der Bestimmung des Vergleichswertes nach ganz herrschender Meinung nicht das maßgeblich ist, worauf sich die Parteien einigen (Verhandlungsergebnisse/Zugeständnisse), sondern worüber sie gestritten haben. Maßgebend ist, worüber sich die Parteien, den Rechtsstreit beendend, geeinigt haben, nicht aber nur oder auch dasjenige, worauf sie sich geeinigt haben. Der Gegenstandswert ergreift also alle irgendwie streitigen, in den Vergleich einbezogenen Ansprüche (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2008, 1697 m.w.N.). Der maßgebliche Streitgegenstand des Verfahrens wird von dem Antrag eines Klägers und von dem zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt. Streitgegenstand des Verfahrens war hier die Leistungspflicht der Beklagten für Vergangenheit (als ausgerechneter Betrag) und Zukunft (als Feststellungsantrag). Soweit diese mit der Zahlung eines Geldbetrages abgegolten wurde, besteht keinerlei überschießender Vergleichswert; denn der Vergleich regelt nicht mehr als auch bereits Gegenstand des Verfahrens war.
Dass die Klägerin den Weg der Feststellungsklage bezüglich der zukünftigen Ansprüche gewählt hat und nicht eine Leistungsklage erhoben hat, führt nicht dazu, dass im Falle eines Zahlungsvergleiches ein Mehrwert festzusetzen ist. Der Senat weicht insoweit auch nicht von der Rechtsprechung anderer OLG's oder gar des BGH ab. Dem Beschluss des OLG Hamm vom 11.1.2012 kann nicht entnommen werden, dass man sich hier mit der genannten Problematik auseinandergesetzt hat. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 6.10.20011 lediglich über den Wert eines Feststellungsantrages bei einer Kombination von einer Klage auf Leistung aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit einem Feststellungsantrag auf Fortbestehen des Versicherungsvertrages befunden und hierbei ausdrücklich ausgeführt, dass er den Wert für das Feststellungsbegehren mit 20 % der 3,5fachen Jahresbeträge bewertet. Er hat sich nicht dazu verhalten, wie er den Wert festsetzen würde, wenn eine Feststellungsklage bezüglich der Leistung und eine Feststellungsklage bezüglich des Fortbestandes eines Versicherungsvertrages zusammentreffen.
Lediglich die Aufhebung des Vertrages führt zur Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes; denn der Verzicht auf weitere Ansprüche war nicht Gegenstand des Verfahrens.
Die Gegenvorstellung kann daher keinen Erfolg haben.
Fundstellen
AGS 2013, 416 |
r+s 2014, 207 |