Leitsatz (amtlich)
Beruft sich in einem Rechtsstreit auf Räumung einer Immobilie der Beklagte auf ein vom Kläger bestrittenes vertragliches Nutzungsrecht hinsichtlich 1/3 der Gesamtfläche der Immobilie und verteidigt sich im Übrigen damit, die Restfläche nicht in Besitz zu haben, bemisst sich der Gebührenstreitwert des Rechtsstreits nach dem einjährigen Nutzungsentgelt für 1/3 der Immobilie zzgl. 2/3 des Verkehrswertes der Immobilie.
Normenkette
GKG § 41 Abs. 1, § 48 Abs. 1, § 68; ZPO § 6; BGB §§ 985-986
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Beschluss vom 14.05.2012; Aktenzeichen 11 O 464/11) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Streitwertbeschluss des LG Weiden i.d. OPf. vom 14.5.2012 (Az. 11 O 464/11) geändert.
2. Der Streitwert des Rechtsstreits wird auf 396.665 EUR festgesetzt.
3. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit seiner Klageschrift vom 10.11.2011 begehrte der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Räumung eines Betriebsgebäudekomplexes und Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz der durch die verspätete Räumung entstehenden Schäden verpflichtet ist.
Der Verkehrswert des Objekts beträgt 565.000 EUR. Eine Teilfläche des Gebäudes war früher an die Beklagte untervermietet. Mit E-Mail vom 22.11.2010 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie derzeit nur 1/3 der Fläche nutzen könne und daher der "monatl. Mietzins" 350 EUR + 19 % MwSt. betrage. In der Folgezeit überwies die Beklagte dem Kläger in unregelmäßiger Folge einen monatlichen Betrag von 416,50 EUR. Mit Schreiben vom 8.9.2011 (Anl. K2) forderte der Kläger die Beklagte auf, das Betriebsgelände spätestens bis 13.10.2011 zu räumen und gestattete der Beklagten, das Betriebsgebäude bis zum Besitzübergang "zu den vereinbarten Konditionen weiter zu nutzen".
Die Klagepartei hat in der Klageschrift den Standpunkt eingenommen, dass zwischen den Parteien nie ein Vertragsverhältnis bestanden habe, das die Beklagte zur Nutzung des Gebäudekomplexes berechtigen würde. Die Beklagte sei im Besitz des gesamten Objekts und besitze Schlüssel für das gesamte Betriebsgebäude einschließlich Verwaltungs- und Produktionskomplex.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich darauf berufen, dem Kläger per E-Mail vom 22.112010 mitgeteilt zu haben, dass sie nur ein Drittel der Fläche nutzen könne und hierfür einen monatlichen Mietzins von 350 EUR plus 19 % MWSt. bezahle. Diesem Schreiben habe der Kläger nicht widersprochen. Es sei daher unrichtig, dass ein Mietvertrag nicht zustande gekommen sei. Im Übrigen habe die Beklagte nur einen Teil des Gebäudekomplexes genutzt.
Im Termin über die Mediationsverhandlung des LG Weiden i. d. OPf. vom 17.4.2012 haben die Parteien sich auf eine Räumung des im Klageantrag beschriebenen Betriebsgebäudekomplexes geeinigt und vereinbart, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben.
Mit Beschluss vom 14.5.2012 hat das LG Weiden i. d. OPf. den Streitwert für das Räumungsverlangen auf 565.000 EUR und für den Feststellungsantrag auf 15.000 EUR festgesetzt.
Gegen diesen Streitwertbeschluss hat die Klagepartei mit Schriftsatz vom 21.5.2012 Beschwerde eingelegt und auf ein Schreiben der Rechtsschutzversicherung Bezug genommen, in dem von einem Streitwert von 4.998 EUR ausgegangen wird. Bei der Streitwertfestsetzung sei zu berücksichtigen, dass sich die Beklagte im Prozess jedenfalls hinsichtlich einer Fläche von 1/3 auf einen wirksamen Mietvertrag berufen habe.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 24.5.2012 die Streitwertbeschwerde für unbegründet erachtet. Abzustellen sei auf den Vortrag in der Klageschrift, in der vom Kläger ein Mietverhältnis bestritten worden ist. Im Übrigen habe auch die Beklagte für 2/3 der Fläche keinen Mietvertrag behauptet.
Das LG Weiden i. d. OPf. hat mit Beschluss vom 30.5.2012 der Streitwertbeschwerde nicht abgeholfen und ausgeführt, für die Streitwertbemessung des Herausgabeanspruches sei der Verkehrswert der Immobilie maßgebend. Die eventuelle Rechtsverteidigung der Beklagten sei unerheblich. Den Streitwert des Klageantrags Ziff. 2. schätzte das Gericht unter Berücksichtigung des Klägervortrags auf 15.000 EUR.
II.1. Die Streitwertbeschwerde ist gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthaft. Die Frist des § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG wurde eingehalten. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt die in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG genannte Grenze.
2. In der Sache führt die Beschwerde zu einer Änderung des festgesetzten Streitwertes auf 396.665 EUR. Der Streitwert setzt sich wie folgt zusammen:
a) Soweit die Parteien im Hauptsacheverfahren um den Bestand eines Mietverhältnisses über 1/3 der Fläche gestritten haben, ist für die Festsetzung des Gebührenstreitwertes gem. § 41 Abs. 1 GKG insoweit der einjährige Betrag des für die Nutzung der Fläche gezahlten Entgelts maßgebend. Auszugehen ist dabei von dem von der Beklagten gezahlten Entgelt i.H.v. monatlich 416,50 EUR (zur Einbeziehung der Mehrwertsteuer vgl....