Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Einbeziehung einer privaten Berufsunfähigkeitsrente in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich und Billigkeitsabwägung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die private Berufsunfähigkeitsrente ist in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen (vgl. BGH v. 20. Juli 2005, XII ZB 289/03, FamRZ 2005, 1530).

2. Die Billigkeitsabwägung gem. § 3b Abs. 1 VAHRG wird in der Regel allenfalls zu einem Ausgleich gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG führen.

 

Normenkette

BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 5, § 1587b; VAHRG § 3b I Nrn. 1-2

 

Verfahrensgang

AG Cham (Urteil vom 08.03.2005; Aktenzeichen 2 F 693/04)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird das Endurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Cham vom 8.3.2005 in Ziffer 2 wie folgt abgeändert:

Vom Versicherungskonto Nr. … des Antragstellers bei der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz werden auf das Versicherungskonto Nr. … der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich

40,94 EUR,

bezogen auf den 30.11.2004 übertragen.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Zusätzlich werden von dem Versicherungskonto … des Antragstellers bei der Landesversicherungsanstalt Niederbayern-Oberpfalz auf das Versicherungskonto Nr. … der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich

48,30 EUR,

bezogen auf den 30.11.2004 übertragen.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Im übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antragsgegnerin der schuldrechtliche Versorgungsausgleich hinsichtlich des nicht erfolgten Ausgleichs der Anrechte des Antragstellers vorbehalten bleibt.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Der Beschwerdewert beträgt

2.000,00 EUR.

 

Tatbestand

I.

Das Amtsgericht Cham hat mit Endurteil vom 8.3.2005 die am 25.8.1988 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und unter Ziffer 2 den Versorgungsausgleich unter Einbeziehung beiderseitiger Anwartschaften aus gesetzlicher Rentenversicherung und geringer Anrechte der Ehefrau aus betrieblicher Altersversorgung und Lebensversicherung durchgeführt. Es gelangte hierbei zu einem Ausgleichsbetrag von 37,72 EUR. Nicht einbezogen wurden die Anrechte des Ehemanns aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung gegenüber der …, aus welcher seit 1.10.2001 bis längestens 3.10.2026 monatlich 1.376,40 EUR geleistet werden.

Für die Nichteinbeziehung der Anwartschaften aus der Berufsunfähigkeitsversicherung mag eine unklare Auskunft der … maßgebend gewesen sein, in der mitgeteilt wurde „im übrigen ist der Vertrag (Kapitallebensversicherung mit zusätzlicher Berufsunfähigkeitsversicherung) nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen”.

Mit ihrer Beschwerde rügt die Ehefrau die Nichteinbeziehung dieses Anrechts in den Versorgungsausgleich.

Der Ehemann beantragt die Beschwerde zurückzuweisen. Auch wenn die Berufsunfähigkeitsrente grundsätzlich einzubeziehen sei, sei dem Antragsteller ein Ausgleich weder durch begrenztes Supersplitting noch durch Beitragszahlung zuzumuten. Der Antragsgegnerin müsse deshalb der schuldrechtliche Versorgungsausgleich im übrigen vorbehalten bleiben.

Der Senat hat mit den Parteien am 25.7.2005 mündlich verhandelt. Auf die Niederschrift wird verwiesen.

Der Senat hat zur weiteren Vorbereitung der Entscheidung eine Auskunft bei der … über die voraussichtliche Höhe der Ablaufleistung der Lebensversicherung erholt. Diese wurde mit Schreiben vom 24.8.2005 mit 87.200,00 EUR mitgeteilt. Ferner hat diese Versicherung mitgeteilt, dass eine weitere Renten-Lebensversicherung mit einem Deckungskapital von 1.766,10 EUR zum Ende der Ehezeit vorhanden ist.

 

Entscheidungsgründe

II.

Auf die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin war die Entscheidung des Amtsgerichts zunächst hinsichtlich der Höhe des zu übertragenden Rentenbetrages abzuändern, da durch die Einbeziehung der Berufsunfähigkeitsrente und der Rentenversicherung des Antragstellers und die Reihenfolge des Ausgleichs gemäß § 1587 b BGB der Ausgleich gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB zunächst ausschließlich zwischen den beiderseitigen Anrechten aus gesetzlicher Rentenversicherung vorzunehmen ist. Gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG waren im Wege des sogenannten begrenzten Supersplittings jedoch weitere Anwartschaften in Höhe von 48,30 EUR zu übertragen. Eine weitere Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG ist hingegen nicht zuzumuten. Soweit ein Ausgleich damit zur Zeit nicht erfolgte, war der Ehefrau der schuldrechtliche Ausgleich vorzubehalten.

Der Beschwerde ist zunächst dahin zu folgen, dass die Berufsunfähigkeitsrente in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist. Dabei ist die bei Ehezeitende bezogene Rente zugleich der Ehezeitanteil (vgl. Gutdeutsch in Handbuch des Fachanwalts Familienrech...

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