Entscheidungsstichwort (Thema)
Neue Angelegenheit gem. § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO
Leitsatz (amtlich)
Eine neue Angelegenheit gem. § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO liegt nicht vor, wenn zwar das gerichtliche Verfahren mehr als 2 Jahre geruht hat und deshalb der bis dahin entstandene Honoraranspruch nach § 16 Abs. 2, S. 2 BRAGO fällig geworden war, der Auftrag des Anwalts aber während des Ruhens des Verfahrens eine außergerichtliche Fortsetzung der Tätigkeit erfordert hat.
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 07.10.2003; Aktenzeichen 12 O 258/99) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 7.10.2003 im Umfang der Anfechtung aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag des Beklagten insoweit sowie über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das LG Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin hat dem Grunde nach Erfolg, da das LG zu Unrecht die Kosten zweier Rechtsanwälte als zu erstatten festgesetzt hat.
Gemäß § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO sind die Kosten mehrerer Rechtsanwälte nur insoweit erstattungsfähig, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Anwalts ein Wechsel eintreten musste. Letzterer Fall liegt unstreitig nicht vor. Es kommt daher darauf an, wie hoch die Kosten bei Beauftragung nur eines Anwalts gewesen wären.
Nach Ansicht des Beklagten, der das LG gefolgt ist, sollen die Anwaltsgebühren infolge der Ruhens des Verfahrens seit 15.12.1999 und der Wiederaufnahme am 15.8.2002 gem. § 13 Abs. 5 S. 2 BRAGO ein weiteres Mal angefallen sein, so dass sich der zwischenzeitlich vorgenommene Anwaltswechsel nicht gebührenerhöhend ausgewirkt habe. Das trifft nicht zu.
Es ist zwar richtig, dass der Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.1999 ein vorläufiges Ende gefunden hatte, weil keine weiteren prozessfördernden Maßnahmen des Gerichts erfolgen sollten und Termin erst auf Antrag einer Partei bestimmt werden sollte. Der Prozess wurde auch erst mit Schriftsatz vom 14.8.2002 weiterbetrieben, so dass die Vergütung der damals beauftragten Anwälte gem. § 16 S. 2 Alt. 3 BRAGO drei Monate nach der Verhandlung vom 15.12.1999 fällig wurde.
Allerdings können die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal gefordert werden (§ 13 Abs. 2 BRAGO) und es erhält ein Rechtsanwalt, der in einer Angelegenheit tätig war, bei späterer Beauftragung mit weiterer Tätigkeit in derselben Angelegenheit nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein mit der gesamten Tätigkeit beauftragt worden wäre (§ 13 Abs. 5 S. 1 BRAGO).
Die Ausnahme des § 13 Abs. 5 Satz 2 BRAGO, wonach die weitere Tätigkeit in der Sache als neue Angelegenheit gilt, wenn zwischen der Erledigung der früheren Tätigkeit und dem Ansinnen des Mandanten, weiter tätig zu werden, eine Zeit von mehr als zwei Kalenderjahren verstrichen ist, liegt nicht vor.
Der Auftrag der Prozessbevollmächtigten des Beklagten war nicht auf die Vertretung in der mündlichen Verhandlung beschränkt. Die - auch abgerechneten - Gebühren des § 31 Nrn. 1 bis 3 BRAGO gelten alle in dem Rechtszug anfallenden Tätigkeiten ab, soweit für diese nicht besondere Gebühren vorgesehen sind oder es sich um ein als besondere Angelegenheit bezeichnetes Verfahren handelt. Von der Abgeltung erfasst sind also etwa auch außergerichtliche Vergleichsverhandlungen (§ 37 Nr. 2 BRAGO) oder die Prüfung von eingeholten Privatgutachten auf ihren Inhalt und dessen Folgen für die Durchsetzung des prozessualen Begehrens oder einen angestrebten Vergleichsabschluss.
Die Rechtspflegerin des LG durfte daher den Vortrag der Klägerin dazu, welche Tätigkeiten im Rahmen des ihm erteilten Auftrags der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zwischen dem Verhandlungstermin vom 15.9.1999 und dem Fortsetzungsantrag im Schriftsatz vom 14.8.2002 entwickelt hat, nicht unberücksichtigt lassen, weil deren Ausübung zu dem erteilten Prozessauftrag des Anwalts gehörte.
Dass nicht allein auf die rein prozessbezogene Tätigkeit abgestellt werden kann, entspricht auch dem Sinn der gesetzlichen Regelung. Denn der mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 in § 13 Abs. 5 BRAGO eingefügte Satz 2 sollte den für die vollkommene Neueinarbeitung erforderlichen Aufwand des Anwalts berücksichtigen, wenn zwischen dem vorläufigen Ende der beauftragten Tätigkeit und deren späterer Fortsetzung ein langer Zeitraum liegt, während dessen sich der Anwalt nicht mit der Angelegenheit befassen musste (vgl. Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 16 Rz. 93). Erfordert der Auftrag eine außergerichtliche Fortsetzung der Tätigkeit während einer längeren Verfahrenspause, muss sich der Rechtsanwalt für die Fortführung des gerichtlichen Verfahrens nicht völlig neu einarbeiten. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen weiter ergibt, ändert daran § 16 Satz 2 BRAGO nichts, denn diese Bestimmung stellt keine Regelung des Inhalts der anwaltlichen Tätigkeit dar, sondern eine ...