Entscheidungsstichwort (Thema)
Ende der für den Anspruch auf Tagegeld in der Unfallversicherung maßgeblichen ärztlichen Behandlung
Leitsatz (amtlich)
Über das Ende der nach Ziff. 2.5 AUB 2008 für den Anspruch auf Tagegeld in der Unfallversicherung maßgeblichen ärztlichen Behandlung entscheidet der Tag der letzten ärztlichen Behandlung oder Untersuchung, an dem der Arzt entweder die volle Wiederherstellung der versicherten Person feststellt oder wegen der Konsolidierung des Gesundheitszustands der versicherten Person eine weitere regelmäßige Behandlung nicht mehr für erforderlich hält. Nicht entscheidend für den Abschluss der ärztlichen Behandlung ist dagegen, ob der eingetretene Gesundheitsschaden noch eine Behandlung dahingehend erfordert, dem Patienten gewisse Erleichterungen zB durch Massagen oder Bewegungstherapien zu verschaffen; denn dies sind "Betreuungsmaßnahmen", die zum einen im Regelfall nicht durch den Arzt vorgenommen werden und zum anderen zwar die nachteiligen Folgen der Gesundheitsbeeinträchtigung möglichst gering halten sollen, nicht jedoch dem Bereich der eigentlichen Heilbehandlung bzw. der Wiederherstellung der Gesundheit ("Ursachenbekämpfung") zuzuordnen sind. (Rn. 38 und 39)
Normenkette
AUB 2008 Ziff. 2.5
Verfahrensgang
LG Regensburg (Urteil vom 13.12.2017; Aktenzeichen 32 O 647/17) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 13.12.2017, Az. 32 O 647/17, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Regensburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.645,40 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um weitere Tagegeldleistungen aus einem Unfallversicherungsvertrag, den der Kläger als Versicherungsnehmer bei der Beklagten unter der Nr. UP-SV 92790841.7 - 00467-0245 mit Versicherungsbeginn 01.01.2011 auf der vereinbarten Grundlage der AUB 2008 (künftig: AUB) hält. Versichert war im fallrelevanten Zeitraum auch ein "Tagegeld ab dem 1. Tag" in unstreitiger Höhe von 97,00 EUR.
Insoweit enthalten die AUB (vgl. Anl. BLD 1) folgende Regelungen (Hervorhebungen durch den Senat):
2.5 Tagegeld
2.5.1 Voraussetzungen für die Leistung:
Die versicherte Person ist unfallbedingt
- in der Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt und
- in ärztlicher Behandlung.
2.5.2. Höhe und Dauer der Leistung:
Das Tagegeld wird nach der vereinbarten Versicherungssumme berechnet. Es wird nach dem festgestellten Grad der Beeinträchtigung der Berufstätigkeit oder Beschäftigung abgestuft. Das Tagegeld wird für die Dauer der ärztlichen Behandlung, längstens für ein Jahr, vom Unfalltag an gerechnet, gezahlt.
Der Kläger (beruflich als Selbständiger im Ein-Mann-Betrieb als Trockenbauer tätig) erlitt - unstreitig - am 04.04.2016 ein versichertes Unfallereignis, bei dem er sich den vierten Finger der rechten Hand verletzte.
Er war deshalb ab dem 11.04.2016 in ärztlicher Behandlung bei dem Facharzt für Chirurgie - Handchirurgie Dr. B in Regensburg. In diesem Zusammenhang war der Kläger zuletzt am 16.06.2016 in der Praxis Dr. B. Da er damals über ein andauerndes Bewegungsdefizit des verletzten Fingers klagte, stellte Dr. B am 16.06.2016 noch ein Rezept folgenden Inhalts aus (vgl. Anl. K 6):
D: Bewegungseinschränkung nach Distorsion PIP 4 re u. Teilläsion A2-Ringband
10 × Krankengymnastik Allg (Einzel).
Nachdem der Zeuge Dr. B im September 2016 von der Beklagten beauftragt wurde, eine gutachterliche Stellungnahme über die Unfallverletzung des Klägers zu fertigen, bestellte er den Kläger in die Praxis ein, untersuchte ihn am 21.09.2016 (vgl. Anl. K 4, Seite 3, Antwort zu FB5) und erstattete unter dem 28.09.2016 die erwünschte "Gutachterliche Äußerung" (vgl. Anl. K 4), in welcher zu der Frage "Ist die Behandlung abgeschlossen, ggf. wann oder wann voraussichtlich?" als Antwort eingetragen ist: "Die Behandlung wurde am 16.06.2016 abgeschlossen." (vgl. Anl. K 4, Seite 3 letzte Zeile, Antwort zu FB6).
Letztmals hat sich dann der Kläger am 01.02.2017 in der Praxis des Zeugen Dr. B eingefunden, wegen fortbestehenden Bewegungseinschränkungen am verletzten Finger wurden noch einmal Behandlungseinheiten Physiotherapie verordnet (vgl. Attest Anl. K 5).
Daneben war der Kläger ausweislich einer "Ärztlichen Bescheinigung wegen Arbeitsunfähigkeit nach Unfall" vom 06.06.2016 (vgl. Anl. K 7) in der Zeit vom 05.04.2016 "bis dato" (hier: 06.06.2016) in ärztlicher Behandlung in der Allgemeinarztpraxis Dres. Helmbrecht in Miltach.
Unstreitig sind bei dem Kläger als Unfallfolge gestaffelte Beeint...