Leitsatz (amtlich)

Wirft ein Beamter seinem Dienstherrn vor, ihn nicht in die Liste der Beamten aufgenommen zu haben, die automatisch als Bewerber für die Beförderung in ein bestimmtes Amt berücksichtigt werden, ist die Stellung eines förmlichen Beförderungsantrags beziehungsweise eines Antrags auf Aufnahme in die Auswahlliste und gegebenenfalls die Verfolgung mit Widerspruch sowie Verpflichtungs- oder Leistungsklage das Rechtsmittel zur Schadensabwendung im Sinne von § 839 Abs. 3 BGB.

 

Normenkette

BGB § 839

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 4 O 2950/16)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26.01.2017, Az. 4 O 2950/16, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.037,27 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von 10.037,20 EUR, da die Klägerin nicht in die Auswahlliste für die Beförderung in die Besoldungsstufe A 9 + AZ aufgenommen worden ist.

Eine Aufnahme der Klägerin in die seit dem 1. April 2010 bestehende Auswahlliste für die Beförderung unterblieb, weil die Klägerin noch nicht 43 Jahre alt war. Dieses Mindestlebensalter sahen Ziffer 4.4 der Beförderungsrichtlinien für die Beamten und Beamtinnen der Bayerischen Polizei und des Landesamts für Verfassungsschutz (BesRPolVS) und § 13 Abs. 2 der Verordnung über die Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz vor.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihre Nichtberücksichtigung in der Auswahlliste allein aufgrund des nicht erreichten Lebensalters eine Amtspflichtverletzung des Beklagten darstelle. Da Beförderungen bei der Polizei monatlich erfolgten und keine Mitteilung über die Auswahlentscheidung vorgesehen sei, sei es ihr nicht zumutbar gewesen, vorsorglich monatlich "ins Blaue hinein" einen Rechtsbehelf gegen die unterbliebene Beförderung einzulegen.

Der Beklagte vertritt die Meinung, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus der Zeit vor 2014 mangels Vergleichbarkeit auf die Beförderung in die Besoldungsgruppe A 9 + AZ nicht anwendbar gewesen sei. Zudem stehe § 839 Abs. 3 BGB Ansprüchen der Klägerin entgegen. Der Klägerin sei zumindest ein einmaliger Antrag, ein Widerspruch oder eine Klage auf Aufnahme in die Liste der potentiell zu befördernden Beamten zuzumuten gewesen.

Es wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass der Beklagte auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 (2 C 23.03) zum Leistungsgrundsatz in Art. 33 Abs. 23 GG gehalten gewesen sei, im Rahmen von Beförderungen auf die Anwendung von Vorschriften zu verzichten, die eine Beförderung innerhalb der Laufbahn entweder von einer Mindestverweildauer oder von einem Mindestdienstalter abhängig machten. Der Anspruch der Klägerin sei nicht gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin habe davon ausgehen müssen, dass - solange der Beklagte trotz der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an seinen Beförderungsrichtlinien festhalte - ein Antrag auf Beförderung als auch eine Verpflichtungsklage keinen Erfolg hätten.

Der Beklagte hat gegen das Urteil des Landgerichts form- und fristgemäß Berufung eingelegt. Zur Begründung legt er unter anderem dar, dass ein mögliches Rechtsmittel der Klägerin ein entsprechender Beförderungsantrag an den Dienstherrn gewesen wäre. Im Falle der Einlegung eines geeigneten Rechtsmittels wäre der Dienstherr der Klägerin verpflichtet gewesen, die damals gültigen Beförderungsrichtlinien anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unter Beachtung des Leistungsgrundsatzes gemäß Art. 33 Abs. 2 GG zu überprüfen und wohl auch stattzugeben. Es sei nicht ersichtlich, warum ein entsprechendes Vorgehen der Klägerin keinen Erfolg gehabt hätte. Der Beklagte habe im Hinblick auf die ergangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts München vom 12. Februar 2014 (M 5 K 13.537) - der dortige Kläger habe bei dem Dienstherrn die Beförderung in ein Amt einer höheren Besoldungsgruppe beantragt - an den bisherigen Bestimmungen nicht mehr festgehalten. Die Auffassung des Landgerichts, dass die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels so gering gewesen wären, dass ihr Gebrauch unzumutbar erscheine, könne daher im vorliegenden Fall in keiner Weise geteilt werden. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung vom 27. März 2017 (Bl. 64 ff. d.A.) Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt:

Das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26. Januar 2017 wird abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Regelung in Ziffer 4.4 der Beförderungsrichtlinien sei jedenfalls im Mai 2015 noch nicht geändert worden. Um den Anspruch nach § 839 Abs. 3 BGB scheitern las...

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