Leitsatz (amtlich)
Entwirft ein Rechtsanwalt für seinen Mandanten ein Mahnschreiben, ohne selbst nach außen in Erscheinung zu treten, so löst diese Tätigkeit keine Geschäftsgebühr nach RVG-VV Nr. 2300, sondern allenfalls eine Beratungsgebühr nach § 34 RVG aus.
Normenkette
RVG-VV § 34; RVG-VV Nr. 2300; RVG-VV Vorbemerkung 2.3 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 28.12.2009; Aktenzeichen 3 O 8452/09) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 28.12.2009 in Nr. II des Tenors abgeändert und insoweit die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung des LG.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.023,16 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Der Kläger machte erstinstanzlich gegen den Beklagten einen Darlehensrückzahlungsanspruch sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend.
Mit Darlehensvertrag vom 19.6.2008 verpflichtete sich der Beklagte, dem Kläger ein Darlehen i.H.v. 20.000 EUR, ohne dass es einer Kündigung bedarf, spätestens am 31.12.2008 in voller Höhe zurückzuzahlen. Nachdem eine fristgemäße Zahlung nicht erfolgte, forderte der Kläger den Beklagten mit Schreiben vom 16.2.2009 (Anl. K 2) und vom 17.3.2009 (Anl. K 3) vergeblich zur Rückzahlung auf. Daraufhin hat der Kläger einen Mahnbescheid über eine Hauptforderung von 20.000 EUR sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.023,16 EUR erwirkt, gegen den der Beklagte Widerspruch eingelegt hat.
Mit der Anspruchsbegründung vom 20.10.2008 hat der Kläger erstinstanzlich einen Darlehensrückzahlungsanspruch i.H.v. lediglich 10.000 EUR sowie die Erstattung der genannten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß Kostenrechnung vom 24.7.2009 (Anl. K 4) - jeweils nebst Zinsen - verfolgt. Zu letzteren hat er vorgetragen, dass seine spätere Prozessbevollmächtigte bereits am 16.2.2009 das Mandat übernommen und außergerichtlich für ihn tätig gewesen sei. Auch die am 17.3.2009 versandte Mahnung sei nach entsprechender Beratung durch sie erfolgt.
Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des erstinstanzlichen Parteivorbringens sowie der dortigen Anträge wird im Übrigen auf den Tatbestand des Endurteils des LG Nürnberg-Fürth vom 28.12.2009, auf die Sitzungsniederschrrften des LG vom 16.11.2009 und vom 14.12.2009 sowie auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
Mit dem genannten Urteil ist der Beklagte verurteilt worden, an den Kläger 10.000 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.3.2009 sowie 1.023,16 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.7.2009 zu zahlen.
Die Zuerkennung von 1.023,16 EUR hat das LG damit begründet, dass dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,3 fachen Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 20.000 EUR zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer aus Verzugsgesichtspunkten zustehe. Zwar sei die Klägervertreterin nicht selbst ggü. dem Beklagten aufgetreten. Sie habe jedoch für den Kläger ein Mahnschreiben entworfen, das dieser zur Vorbereitung des vorliegenden Rechtsstreits anschließend an den Beklagten versandt habe. Die Tätigkeit der Klägervertreterin habe sich somit nicht darin erschöpft, dem Kläger einen Rat oder eine Auskunft zu erteilen, sondern sie habe darüber hinaus gehende Tätigkeiten entfaltet, die die Auseinandersetzung voranbringen und ein anschließendes gerichtliches Verfahren vorbereiten sollten.
Nur wegen der Verurteilung zur Zahlung von 1.023,16 EUR (nebst Zinsen) hat der Beklagte Berufung eingelegt.
Er bestreitet, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers diesen vorgerichtlich beraten oder gar die Zahlungserinnerung vom 16.2.2009 (Anl. K 2) und die Mahnung vom 17.3.2009 (Anl. K 3) entworfen habe. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, sei damit keine Tätigkeit "nach außen" erfolgt, so dass allenfalls eine Beratungsgebühr angefallen wäre, die jedoch auf die Verfahrensgebühr anzurechnen sei. Im Übrigen habe die Prozessbevollmächtigte des Klägers keine Rechnung gestellt und kein Geld erhalten, so dass diesem auch kein entsprechender Verzugsschaden entstanden sei.
Der Beklagte beantragt:
Das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth - Az. 3 O 8452/09 - wird in Ziff. II. aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das Ersturteil als zutreffend. Er trägt vor, die Beratung habe über die bloße Formulierung des Zahlungsaufforderungsschreibens hinaus auch eine Auskunft über die rechtliche Durchsetzbarkeit des Anspruchs sowie über die ...