Leitsatz (amtlich)

Ein Anspruch des Bestellers auf Zahlung eines Vorschusses für die Kosten der Mangelbeseitigung besteht nicht, wenn Mangelbeseitigungsarbeiten in überschaubarer Zeit nicht ausgeführt werden können.

 

Normenkette

BGB § 633 Abs. 3 a.F., § 637 Abs. 3 n.F.

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Urteil vom 14.08.2001; Aktenzeichen 1 HKO 1019/00)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG Regensburg vom 14.8.2001 abgeändert.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention trägt die Klägerin.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss: Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 12.698,96 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Klageabweisung, weil die Klägerin derzeit weder einen Anspruch auf Kostenvorschuss noch einen Schadensersatzanspruch hat.

1. Auf das Schuldverhältnis ist das BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anzuwenden (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).

2. Der Senat teilt zwar die Auffassung des LG, dass der Klägerin ein Mangelbeseitigungsanspruch zusteht, und hält die ausgeurteilte Haftungsquote für angemessen. Er sieht sich allerdings an der Zubilligung eines Anspruchs auf Zahlung eines Vorschusses für die voraussichtlichen Kosten einer Selbstbeseitigung der vorhandenen Mängel (§ 633 Abs. 3 BGB) deswegen gehindert, weil sich im Berufungsverfahren ergeben hat, dass die von der Klägerin beabsichtigten Mangelbeseitigungsarbeiten jetzt und in überschaubarer Zeit nicht ausgeführt werden können, da die Eigentümer der Wohnanlage ein umfangreiches selbständiges Beweisverfahren angestrengt haben und vor dessen – nicht absehbarem – Ende mit Nachbesserungsarbeiten nicht einverstanden sind.

Nach der Rspr. des BGH muss ein gezahlter Vorschuss zurückgezahlt werden, wenn die Nachbesserung nicht durchgeführt werden kann, (vgl. BGHZ 68, 372 [378]) oder feststeht, dass der Auftraggeber sie nicht mehr ernsthaft betreibt (vgl. BGH v. 5.4.1984 – VII ZR 167/83, MDR 1985, 45 = BauR 1984, 406 [408]). Im vorliegenden Fall liegt eine vergleichbare Situation vor; es ist nicht damit zu rechnen, dass es innerhalb eines Jahres – und einen längeren Zeitraum wird man einem Auftraggeber i.d.R. für die Nachbesserung nicht zugestehen können (vgl. Ingenstau/Korbion, 14. Aufl., § 13 VOB/B Rz. 555 – zu Mangelbeseitigungsarbeiten kommen wird.

Unter diesen Umständen scheidet ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung eines Vorschusses aus. Ein solcher Anspruch wird letztlich aus § 242 BGB hergeleitet (vgl. BGHZ 47, 272). Unter Berufung auf Treu und Glauben kann aber nicht eine Leistung verlangt werden, die alsbald wieder zurückzugewähren wäre (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 242 Rz. 52).

3. Auf § 635 BGB lässt sich die Klageforderung nicht stützen, weil es an einer Ablehnungsandrohung i.S.v. § 634 Abs. 1 Satz 1 BGB fehlt. Dass sich die Klägerin für den Fall erfolglosen Fristablaufs im Schreiben ihres Architekten vom 8.7.1999 eine Selbstbeseitigung „vorbehalten” bzw. im eigenen Schreiben vom 14.9.1999 Geltendmachung eines Kostenvorschusses angekündigt hat, genügt dafür nicht (vgl. BGH v. 18.12.1986 – VII ZR 22/86, MDR 1987, 574 = BauR 1987, 209; KG v. 22.4.1987 – 6 U 4258/87, BauR 1988, 724; OLG Köln BauR 1996, 725; OLG Hamm v. 29.6.1994 – 12 U 169/93, OLGReport Hamm 1995, 149 = NJW-RR 1996, 272).

4. Nebenentscheidungen: §§ 91, 101, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die in § 543 Abs. 2 ZPO genannten Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Dr. Soldner Moezer Breitinger

VorsRiOLG RiOLG RiOLG

 

Fundstellen

Haufe-Index 1108489

NJW-RR 2003, 1601

IBR 2003, 529

JurBüro 2004, 341

MDR 2003, 1222

BTR 2003, 295

BrBp 2004, 128

NZBau 2003, 614

BauRB 2004, 4

OLGR-MBN 2003, 377

www.judicialis.de 2003

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