Leitsatz (amtlich)
Die Vorschriften des Bauordnungsrechts entfalten ihre Schutzwirkung auch im Nachbarverhältnis, so dass bei der Verletzung der Abstandsflächen ein zivilrechtlicher Anspruch eines Nachbarn auf Beseitigung einer Luftwärmepumpe begründet sein kann.
Normenkette
BGB § 1004 Abs. 1 S. 1, § 823 II; BayBO Art. 6
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 17.11.2015; Aktenzeichen 16 O 8752/13) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Grund- und Teilurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 17.11.2015 teilweise abgeändert und als Endurteil wie folgt neu gefasst:
2. Die Beklagte wird verurteilt, auf dem Grundstück die in einer Entfernung von zwei Metern von der Grenze zum Grundstück errichtete Luftwärmepumpe zu entfernen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
5. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers findet nicht statt.
6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
7. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren und für das Berufungsverfahren auf 11.700,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien sind Nachbarn und streiten über eine von der Beklagten auf ihrem Grundstück () errichtete und zur Beheizung ihres Einfamilienhauses betriebene Luftwärmepumpe.
Die Luftwärmepumpe befindet sich im Garten des Grundstücks der Beklagten in einem Abstand von zwei Metern zu dem von den Klägern bewohnten Nachbargrundstück ().
Die Beklagte behauptet, eine Versetzung der Luftwärmepumpe unter Einhaltung einer Abstandsfläche von drei Metern zur Grundstücksgrenze sei nur unter unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich.
Wegen des darüber hinausgehenden erstinstanzlichen Parteivorbringens sowie der dortigen Anträge wird auf den Tatbestand des Grund- und Teilurteils des LG Nürnberg-Fürth vom 17.11.2015 Bezug genommen.
Mit diesem Urteil hat das LG Nürnberg-Fürth der Klage unter Abweisung im Übrigen teilweise stattgegeben. Es hat die Beklagte zur Entfernung der Luftwärmepumpe verurteilt, den Klageanträgen III. (auf Zahlung eines Schmerzensgeldes) und V. (auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten) dem Grunde nach stattgegeben und die Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden der Kläger aufgrund der "Verletzung der Abstands- und Immissionsschutzbestimmungen" festgestellt.
Gegen dieses, ihrem Prozessbevollmächtigten am 23.11.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 22.12.2015 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 25.02.2016 mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten am 25.02.2016 begründet.
Die Beklagte macht geltend, die Einordnung der Luftwärmepumpe als Anlage mit gebäudeähnlicher Wirkung im Sinne des Art. 6 I 2 BayBO sei rechtsfehlerhaft. Die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden setze überdies zumindest die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts voraus. Im Hinblick auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten sei darauf hinzuweisen, dass ein Schlichtungsversuch nicht notwendig gewesen sei.
Mit Zustimmung der Beklagten haben die Kläger ihre auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gerichtete Klage (vgl. Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 24.01.2014, Seite 4 unter Nr. 3, im Tatbestand der angegriffenen Entscheidung als Antrag mit III. bezeichnet) zurückgenommen.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 02.03.2016 ist der Streithelfer dem Rechtsstreit auch in der Berufungsinstanz auf Seiten der Beklagten beigetreten.
Die Beklagte und der Streithelfer beantragen:
Unter Abänderung des am 17.11.2015 verkündeten Grund- und Teilurteils des LG Nürnberg-Fürth, Az. 16 O 8752/13, wird die Klage abgewiesen.
Die Kläger beantragen, unter Berücksichtigung der teilweisen Klagerücknahme die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze (jeweils nebst Anlagen) vom 25.02.2016 (Bl. 217 ff. d.A.), 02.03.2016 (Bl. 236 f. d.A.), 26.04.2016 (Bl. 239 ff. d.A.), 11.05.2016 (Bl. 249 f. d.A.), 25.05.2016 (Bl. 252 f. d.A.), 19.07.2016 (Bl. 256 f. d.A.) und 23.12.2016 (Bl. 268 ff. d.A.) sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 12.12.2016 (Bl. 263 ff. d.A.) Bezug genommen.
Der Senat hat keinen Beweis erhoben.
II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
In der Sache hat sie nur insoweit Erfolg, als sich das Rechtsmittel gegen die Feststellungsaussprüche im Ersturteil richtet (vgl. nachfolgend 2. und 3.). Zur Entfernung der Luftwärmepumpe hat das LG Nürnberg-Fürth die Beklagte dagegen zu Recht verurteilt (vgl. nachfolgend 1.).
1. Die Beklagte ist den Klägern gegenüber aus § 1004 I 1, § 823 II BGB, Art. 6 BayBO zur Beseitigung der auf ihre...