Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Rechtsanwalts zu den Bedingungen eines Rechtsanwalts mit Kanzleisitz im Bezirk des Prozessgerichts
Leitsatz (redaktionell)
Bei Beiordnung zu den kostenrechtlichen Bedingungen eines Rechtsanwalts mit Sitz im Bezirk des Prozessgerichts können Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder in der Höhe erstattet werden, die bei Entfernung zwischen dem Prozessgericht und dem von dort am weitestens entfernt liegenden Ort innerhalb des Gerichtsbezirks entstehen.
Normenkette
ZPO § 91
Verfahrensgang
AG Osnabrück (Beschluss vom 05.02.2009; Aktenzeichen 72 F 17/09 PKH1) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers wird der Beschluss des AG- Familiengericht - Osnabrück vom 5.2.2009 dahingehend geändert, dass die Beiordnung von Rechtsanwalt B., B. zu den kostenrechtlichen Bedingungen eines Rechtsanwaltes mit Sitz im Bezirk des Prozessgerichts erfolgt.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Osnabrück vom 27.10.2009 wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Gebühr für das Beschwerdeverfahren wird nicht erhoben.
Gründe
Das AG Osnabrück hat mit Beschluss vom 5.2.2009 dem Antragsteller, der in ... B. wohnt, für das Sorgerechtsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt. Die Beiordnung des in Bramsche ansässigen Verfahrensbevollmächtigten hat das AG dahingehend eingeschränkt, dass diese zu den kostenrechtlichen Bedingungen einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwaltes mit Sitz am Ort des Prozessgerichtes erfolgt. Mit der als sofortige Beschwerde auszulegenden Erinnerung des Antragstellers vom 1.2.2010 wird beantragt, die Einschränkung der Beiordnung aufzuheben. Das AG hat der Beschwerde unter Hinweis auf § 121 Abs. 3 ZPO nicht abgeholfen.
II. Die Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfebeschluss vom 5.2.2009 ist gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ZPO - wegen verspäteter Übersendung des vollständigen Beschlusses - zulässig, in der Sache hat sie - jedenfalls teilweise - Erfolg. Zwar war die Einschränkung der Beiordnung "zu den kostenrechtlichen Bedingungen eines Rechtsanwaltes mit Sitz am Ort des Prozessgerichtes" nicht aufzuheben, was dem beigeordneten Rechtsanwalt die Möglichkeit geben würde, Fahrtkosten und Abwesenheitsgelder in vollem Umfang geltend zu machen. Die Voraussetzungen des § 121 Abs. 4 ZPO, die eine uneingeschränkte Beiordnung rechtfertigen könnten (vgl. BGH FamRZ 2004, 1362), liegen nämlich nicht vor. Insbesondere geht aus der der Antragsschrift beigefügten eidesstattlichen Versicherung des Antragtellers hervor, dass er zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits in B. wohnhaft war. Die Einschränkung der Beiordnung war aber dahingehend zu ändern, dass diese "zu den kostenrechtlichen Bedingungen eines im Bezirk des Prozessgerichtes niedergelassenen Rechtsanwaltes" erfolgt.
Nach § 121 Abs. 1 und 2 ZPO wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet. Danach ist grundsätzlich ein im Bezirk des Prozessgerichtes niedergelassener Anwalt beizuordnen. Durch das Gesetz zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft vom 26.3.2007 (SVRAStärkG) ist § 18 BRAO, der die Zulassung eines jeden Rechtsanwaltes bei einem bestimmten Gericht vorsah, entfallen. Dementsprechend bezieht sich § 121 Abs. 3 ZPO nicht mehr auf den "bei dem Prozessgericht zugelassenen Anwalt"; § 121 Abs. 3 ZPO in der seit dem 1.6.2007 geänderten Fassung sieht vielmehr vor, dass ein nicht "im Bezirk des Prozessgerichtes niedergelassener Anwalt" nur beigeordnet werden kann, wenn dadurch weitere Kosten (insbesondere Reisekosten) nicht entstehen. Die Regelung des § 121 ZPO führt aber nicht dazu, Reisekosten schlechthin zu vermeiden. (Zöller/Geimer ZPO, 28. Aufl., § 121 Rz. 13a). Reisekosten können nämlich auch dann entstehen, wenn ein im Bezirk des Prozessgerichtes niedergelassener Anwalt beigeordnet wird. Dies gilt, nachdem mit Inkrafttreten des RVG am 1.7.2004 § 126 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BRAGO ersatzlos weggefallen ist. Nach dieser Vorschrift konnte der beim Prozessgericht zugelassene Rechtsanwalt Mehrkosten, die dadurch entstanden, dass er beim Prozessgericht zwar zugelassen war, seinen Wohn- oder Kanzleisitz aber nicht am Ort des Prozessgerichtes hatte, ggü. der Staatskasse nicht abrechnen.
Mehrkosten durch die Beiordnung eines auswärtigen Anwaltes entstehen also nur dann, wenn die bei diesem anfallenden Reise- und Abwesenheitsgelder die eines im Bezirk des Prozessgerichtes ansässigen Anwaltes übersteigen (OLG München FamRZ 2007, 489). Das ist nur insoweit der Fall, als die Entfernung zwischen dem Prozessgericht und der Niederlassung des von der Partei gewählten Anwaltes größer ist, als die Entfernung zwischen dem Prozessgericht und dem von dort am weitesten entfernt liegenden Ort innerhalb des Gerichtsbezirkes (Zöller/Geimer, a.a.O., § 121 Rz. 13b). Mit der Einschränkung der Beiordnung zu den Bedingungen eines Rechtsanwaltes mit Sitz im Bezirk des AG Osnabrück ist gewährleistet, dass insoweit Mehrkosten i.S.d. § 121 Abs. 3 ZPO nicht entstehen. Fa...