Leitsatz (amtlich)
Wird entgegen § 121 Abs. 3 ZPO ein nicht beim Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt zur Vertretung uneingeschränkt beigeordnet, gelten für die Erstattung von Fahrt- und Abwesenheitsgeldern nicht die Einschränkungen des § 126 Abs. 1 BRAGO.
Ist eine Beiordnung zu den Bedingungen eines beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts beabsichtigt, erfordert es der Vertrauensschutz, dass diese Einschränkung im Bewilligungsbeschluss eindeutig zum Ausdruck kommt.
Verfahrensgang
AG Oldenburg (Oldenburg) (Beschluss vom 02.12.2002; Aktenzeichen 6 F 2422/02) |
Tenor
Die Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluss des AG – FamG – Oldenburg wird zurückgewiesen.
Gründe
Durch Beschluss vom 2.12.2002 hat das AG – FamG – Oldenburg der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr Rechtsanwältin … zur Vertretung beigeordnet. Der Antrag des sachbearbeitenden Rechtsanwalt …, ihn beizuordnen, da die in derselben Sozietät tätige Rechtsanwältin … noch längere Zeit verhindert sei, blieb unbeschieden.
Den Verhandlungstermin vom 13.1.2003 nahm Rechtsanwalt B. wahr. Im Anschluss daran beantragte er, Kosten i.H.v. 914,08 Euro festzusetzen. Dieser Betrag schließt Fahrtkosten von 189 Euro sowie Abwesenheits und Übernachtungsgeld mit insgesamt 111 Euro nebst anteiliger Umsatzsteuer ein.
Mit Beschluss vom 27.2.2003 sind die der Rechtsanwältin … aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten auf 566,08 Euro festgesetzt worden. Abgesetzt wurden Fahrtkosten, Abwesenheits und Übernachtungsgeld, da die Beiordnung nach § 121 Abs. 3 ZPO nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts erfolgt sei. Auf die Erinnerung vom 6.3.2003 hat die Familienrichterin mit Beschluss vom 24.3.2003 die aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 914,08 Euro festgesetzt, weil die beigeordnete Rechtsanwältin K. bei allen AG zugelassen sei und die Mehrkosten die sonst erstattungsfähigen Mehrkosten eines Korrespondenzanwalts nur unwesentlich überstiegen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Bezirksrevisor mit seiner Beschwerde vom 4.4.2003, der das AG nicht abgeholfen hat.
Die nach § 128 Abs. 4 BRAGO zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
In welcher Höhe einem Rechtsanwalt Gebühren und Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten sind, bestimmt sich nach dem Umfang seiner Beiordnung (§§ 122 Abs. 1, 126 BRAGO). Die Beiordnung selbst richtet sich nach § 121 ZPO. Die Einschränkung des § 121 Abs. 3 ZPO, dass ein bei einem Prozessgericht nicht zugelassener Rechtsanwalt nicht beigeordnet werden kann, beschränkt das Recht der Partei auf die Auswahl ihres Prozessbevollmächtigten auf den Kreis der beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwälte. Dies folgt aus dem Zusammenhang mit Abs. 2 der Vorschrift, aus dem diese Regelung ausgegliedert und gleichlautend in § 121 Abs. 3 ZPO übernommen wurde. Dies geschah anlässlich der auf alle Amts und LG erweiterten Postulationsfähigkeit. Durch die Gesetzesänderung wurde lediglich klar gestellt, dass diese kostensparende Regelung über den Parteiprozess hinaus nunmehr für alle Verfahren gelten soll, in denen eine anwaltliche Vertretung vorgeschrieben ist. Eine weiter gehende sachliche Änderung ggü. dem früheren Rechtszustand ist damit nicht verbunden.
Eine Partei kann daher unverändert nicht die Beiordnung eines bei einem auswärtigen Gericht zugelassenen Rechtsanwalts beanspruchen, sofern ihr Prozessbevollmächtigter nicht bereit ist, zu denselben Bedingungen wie ein beim Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt tätig zu sein. Die unter Aufgabe des Lokalisierungsprinzips nunmehr bundesweite Postulationsfähigkeit ändert aber nichts an der Zulassung des Rechtsanwalts bei einem bestimmten Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit (§ 18 BRAO). Eine Beiordnung für Verfahren vor anderen Gerichten ist daher nur statthaft, soweit hierdurch im Vergleich zu einem beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt keine Mehrkosten entstehen. Setzt sich das Gericht indes über die gesetzlichen Beschränkungen hinweg und ordnet einen nicht beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt bei, ist eine uneingeschränkte Beiordnung für das weitere Verfahren gleichwohl beachtlich (OLG München OLGReport München 2002, 114; OLG Schleswig OLGReport Schleswig 2002, 18).
Dem Gesetz lässt sich keine immanente Beschränkung entnehmen, dass für den beigeordneten Rechtsanwalt stets nur die Kosten eines beim Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts erstattungsfähig sein sollen. Gegen eine solche Einschränkung spricht bereits § 126 Abs. 1 BRAGO. Es ist zu differenzieren, ob der Rechtsanwalt seinen Kanzleisitz nicht am Ort des Prozessgerichts hat oder als bei einem anderen Gericht zugelassener Rechtsanwalt zum Prozessgericht anreist. Die Ausnahmeregelung des § 126 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BRAGO hat ihre Berechtigung darin, dass ein nicht beim Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt beigeordnet werden kann. Dies war nach dem früheren Rechtszustand möglich und gilt auch noch heute. Soweit es im Einzelfall für eine uneingeschränkte Beiordnung bea...