Leitsatz (amtlich)
Keine Verletzung der Rechte des Betroffenen bei in der Hauptverhandlung abgelehntem Antrag auf Herausgabe der sich nicht bei der Akte befindlichen Messdatei (Anschluss an OLG Bamberg, 3 Ss OWi 626/18; entgegen VerfG Saarland, Lv 1/18).
Normenkette
OWiG § 80 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Delmenhorst (Entscheidung vom 29.01.2018) |
Tenor
Der Antrag des Betroffenen, die Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Delmenhorst vom 29.1.2018 zuzulassen, wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.
Gründe
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 21 km/h zu einer Geldbuße von 70 € verurteilt.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seinem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er rügt zum einen die Verletzung rechtlichen Gehörs und ist ferner der Ansicht, die Rechtsbeschwerde sei zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs stützt er in erster Linie darauf, dass ihm die Rohmessdaten der mit dem Geschwindigkeitsüberwachungsgerät LEIVTEC XV 3 vorgenommenen Messung ... nicht zugänglich gemacht worden seien.
In der Hauptverhandlung hatte der Betroffene weiter den Antrag gestellt, zum Beweis der Tatsache, dass die vom Fahrzeug gefahrene Geschwindigkeit maximal 119 km/h betragen habe, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Das Gutachten werde ergeben, dass eine fotogrammetrische Auswertung des Messfotos sowie eine Auswertung der Rohmessdaten zum Ergebnis einer Überschreitung der Verkehrsfehlergrenze komme. Das Gutachten werde ferner ergeben, dass die hier gegenständliche Messung technisch fehlerhaft gewesen sei, die gesamte Messung daher unverwertbar sei, weil das Messgerät als solches bereits fehlerhaft gewesen sei, nicht ordnungsgemäß installiert/aufgestellt worden sei, deshalb zu einer verzerrten Fotodarstellung geführt habe, sodass der gesamte Messvorgang unverwertbar sei, im Übrigen hier ohnehin die Auswertung der stattgefundenen Messung mit einer nicht geeichten Auswertesoftware der Bußgeldstelle erfolgt sei, weshalb auch die Auswertung fehlerhaft durchgeführt worden sei.
Diesen Antrag hatte das Amtsgericht mit der Begründung zurückgewiesen, dass die beantragte Beweiserhebung nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei.
In den Urteilsgründen heißt es nach näheren Ausführungen zur Ordnungsgemäßheit der Messung, dass das Messverfahren absolut standardisiert verlaufen sei. Die Beanstandung der Messung bzw. des Messergebnisses sei offensichtlich nur "ins Blaue hinein" erfolgt.
Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
...
Bei einer Geldbuße bis zu 100 € kommt die Zulassung nur zur Fortbildung des materiellen Rechts oder der Verletzung rechtlichen Gehörs in Betracht.
Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung kann die Rechtsbeschwerde bei einer Geldbuße von 70 € schon nicht zugelassen werden.
Beide Zulassungsgründe sind nicht gegeben.
Insbesondere ist das rechtliche Gehör des Betroffenen durch die Nichtbeiziehung der nicht bei der Akte befindlichen Rohmessdaten nicht verletzt worden.
Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 13.3.2017 (ZfSch 2017, 469 ff.) ausgeführt hat, verletzt ein in der Hauptverhandlung durch Beschluss abschlägig beschiedener Antrag auf Herausgabe einer Kopie der Messdatei einschließlich etwaiger sogenannter Rohmessdaten, weder den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör, noch die Grundsätze des fairen Verfahrens. Hierauf wird zunächst verwiesen.
Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes vom 27. April 2018 (Lv 1/18) gibt dem Senat keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.
Der Senat folgt vielmehr dem OLG Bamberg (3 Ss OWi 626/18, Beschluss vom 13.6.2018, juris), das sich ausführlich mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes auseinandergesetzt hat.
Soweit das OLG Bamberg darauf hinweist, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nach höchstrichterlicher Rechtsprechung von vornherein ausscheidet, ist dem nichts hinzuzufügen.
Obwohl der Senat mit dieser Rechtsauffassung von einem Beschluss des OLG Celle (1 Ss (OWi) 96/16 vom 16.6.2016) abweicht, kommt - da im Zulassungsverfahren der Einzelrichter abschließend über die Frage der Gehörsverletzung entscheidet (BGH, Beschluss vom 14.9.2004, 4 StR 62/04, juris) - eine Übertragung auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern nicht in Betracht und schon deshalb auch keine Vorlage zum Bundesgerichtshof (vgl. BGH Beschluss vom 28.7.1998, 4 StR 166/98, juris).
Soweit der Betroffene rügt, das Amtsgericht habe sich mit seinem Vortrag, die Auswertung sei mit einer nicht geeichten Auswertesoftware erfolgt, nicht auseinandergesetzt, ist dem entgegenzuhalten, dass das Amtsgericht die eichpflichtigen Komponenten aufgezählt und sich von deren Eichung überzeugt hat.
Es kann darüber hinaus dahinstehen, ob die Zulassung der Rechtsbesch...