Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des Streitwerts für Ehescheidungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Für ein Scheidungsverfahren ist der Streitwert und Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festzusetzen. Die Höhe des Einkommens der Parteien ist dabei nur als eines der in § 48 GKG genannten Kriterien zu berücksichtigen.
In einfach gelagerten Verfahren kann der Wert auch mit einem unter dem dreifachen Monatsbetrag der beiderseitigen Einkommen liegenden Betrag festgesetzt werden.
Normenkette
GKG § 48; ZPO § 3
Verfahrensgang
AG Jever (Aktenzeichen 3 F 44/08 S) |
Tenor
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin gegen den Streitwertbeschluss des AG - FamG - Wilhelmshaven vom 20.6.2008 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Das AG - FamG - hat den Streitwert für das Verfahren mit dem angegriffenen Beschluss mit 6.600 EUR für das Ehescheidungsverfahren und 2.000 EUR für den Versorgungsausgleich, insgesamt auf 8.600 EUR festgesetzt. Dagegen wendet sich der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, der für das Ehescheidungsverfahren die Festsetzung eines Streitwerts von 13.200 EUR gemäß dem dreifachen gemeinsamen Nettoeinkommen der Parteien begehrt. Zwar sei die Scheidung einvernehmlich erfolgt. Dies sei jedoch der Durchschnittsfall und rechtfertige keine Absenkung des Streitwerts. Der Bezirksrevisor hat sich der Entscheidung des AG angeschlossen.
II. Die Entscheidung ergeht gem. § 568 S. 2 Nr. 2 ZPO durch den Senat. Die nach §§ 68 Abs. 1 GKG, 32 Abs. 2 RVG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das AG hat den Streitwert zu Recht unterhalb des Wertes des dreifachen gemeinsamen Monatsnettoeinkommens der Parteien angesetzt. Die Entscheidung wird dem geringen Umfang der Sache, der keine für einen höheren Wert sprechenden Umstände entgegenstehen, in jeder Hinsicht gerecht.
1. Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG ist der Streitwert in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs, der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien nach Ermessen zu bestimmen. Dabei ist für die Einkommensverhältnisse der Eheleute gem. § 48 Abs. 3 Satz 1 GKG das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen einzusetzen. Als Untergrenze darf der Streitwert in Ehesachen nicht unter 2.000 EUR angenommen werden (§ 48 Abs. 3 Satz 2 GKG). Der Streitwert betrifft in erster Linie das gerichtliche Verfahren. Da er aber zugleich Grundlage für die Berechnung der anwaltlichen Vergütung ist (§§ 2 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 1 RVG), ist auch dessen Tätigkeit im Ehescheidungsverfahren im Rahmen der Wertfestsetzung zu berücksichtigen.
2. Dabei ist zu beachten, dass wie bei allen anderen nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten der Umfang der Sache als Indiz für den im gerichtlichen Verfahren auf die Scheidung der Ehe erforderlichen Aufwand einen ebenso gewichtigen Punkt für die Bemessung des Streitwerts einer Ehesache bildete wie die übrigen Umstände des Einzelfalles einschließlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien (so auch Roth in Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Aufl. 2003, § 3 ZPO Rz. 30; Dörndörfer in Gerichtskostengesetz, Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz, 2007, § 48 GKG, Rz. 9; Schneider, Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 12. Aufl. 2007, Stichwort "Ehesachen", Rz. 1248).
a) Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut und dem systematischen Aufbau der gesetzlichen Regelung. Die einzelnen Bewertungsfaktoren stehen in § 48 Abs. 2 Satz 1 GKG gleichrangig nebeneinander. Der in § 48 Abs. 3 Satz 1 GKG genannte Ausgangswert des dreifachen gemeinsamen Monatsnettoeinkommens der Parteien gilt nur für die Bewertung eines dieser Umstände, nämlich der Einkommensverhältnisse der Parteien. Es spricht zwar nichts dagegen, sich an diesem Wert zu orientieren, zumal er faktisch am einfachsten zu ermitteln ist und einen greifbaren Anhaltspunkt bietet. Er kann auch nicht deshalb völlig außer Acht gelassen werden, weil der Umfang des Ehescheidungsverfahrens lediglich sehr gering ist (BVerfG, Beschl. v. 17.12.2008 - 1 BvR 1369/08). Jedoch besteht keine Veranlassung, das dreifache gemeinsame Monatseinkommen als rechtlich verbindlichen Ausgangs- oder Einsatzwert zu betrachten und je nach Einzelfall nur geringfügige Abweichungen nach oben oder nach unten zuzulassen. Für eine solche, allein auf die Einkommensverhältnisse fixierte, Auslegung findet sich im Gesetz keine Grundlage (Roth in Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Aufl. 2003, § 3 ZPO Rz. 30). Vielmehr sind die einzelnen Bemessungsfaktoren gleich zu gewichten und gegeneinander abzuwägen, wie es der systematische Aufbau der § 48 Abs. 2, 3 GKG vorgibt. Dies kann auch dazu führen, dass der Streitwert wegen eines nur geringen Umfangs der Sache mit einem vom dreifachen Nettoeinkommen abweichenden Wert angenommen wird (BVerfG, Beschluss vom 17.12.2008, 1 BvR 1369/08). Er kann daher sowohl nach oben als auch nach unten abweichen.
b) Diese Auslegung steht i...