Leitsatz (amtlich)
1.) Erhöhungen des sog. Anmeldegehaltes nach der Satzung des Versorgungsverbandes der deutschen Wirtschaftsorganisationen sind nach § 5 Abs. 2 VersAusglG im Versorgungsausgleich wohnen dem Versorgungsanrecht am Ende der Ehezeit dann noch nicht latent inne, wenn sie nicht nur dem Inflationsausgleich dienen, sondern auf Antrag in Anlehnung an die Beamtenversorgung gewährt werden.
2.) Übersteigt das sozialversicherungspflichtige Bruttoeinkommen eines Ehegatten die Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung, so sind die Sozialversicherungsbeiträge nur anteilig dem auszugleichenden Anrecht zuzuordnen. Dazu ist der Anteil des sozialversicherungspflichtigen Einkommens am Gesamteinkommen zu ermitteln und nach dem sich daraus ergebenden Prozentsatz der Anteil am eigentlich auszugleichenden Betrag zu errechnen.
Normenkette
VersAusglG § 5 Abs. 4, § 20 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Osnabrück (Beschluss vom 05.01.2011; Aktenzeichen 12 F 170/10 VA) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners und die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Osnabrück vom 5.1.2011 wie folgt abgeändert:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin zum Ausgleich des von ihm erworbenen Anrechts auf Versorgung bei dem V. d. M. u. E.. O. e.V. ab dem 1.3.2012 eine monatlich im Voraus zu zahlende monatliche Ausgleichsrente i.H.v. 1.303,92 EUR zu zahlen, die ab Fälligkeit mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist.
Der Antragsgegner wird verpflichtet, seine Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung gegenüber dem V. d. M. u. E.. O. e.V. i.H.v. monatlich 1.303,92 EUR mit Wirkung ab 1.4.2012 an die Antragstellerin abzutreten.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den beteiligten Ehegatten untereinander aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde zum BGH wird zugelassen.
Gründe
I. Die am 10.2.1967 geschlossene Ehe des Beschwerdeführers und der Beschwerdegegnerin ist durch rechtskräftiges Urteil des AG Osnabrück am 7.10.1997 geschieden worden. Der Scheidungsantrag der Antragstellerin ist dem Antragsgegner am 26.5.1995 zugestellt worden. Der Versorgungsausgleich ist im Hinblick auf die Anwartschaften des Ehemannes beim V. d. M. u. E.. O. e.V. gem. § 3b Abs. 1 Nr. 1 S. 2 VAHRG im Wege des erweiterten Splittings lediglich bis zum damaligen Höchstwert i.H.v. 81,20 DM durchgeführt werden. Wegen des Restbetrages i.H.v. 852,69 DM ist der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten geblieben. Beide Ehegatten beziehen inzwischen eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Das AG hat mit Beschluss vom 5.1.2011 auf Antrag der Antragstellerin den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich dahingehend durchgeführt, dass der Antragsgegner verpflichtet ist, zum Ausgleich des von ihm erworbenen Anrechts bei dem V. d. M. u. E.. O. e.V.. ab dem 1.7.2010 eine monatliche Ausgleichsrente i.H.v. 1.826 EUR zu zahlen. Das AG hat dabei die Hälfte des nach Auskunft des Versorgungsträgers in der Ehezeit erworbenen Anrechts i.H.v. 3.991,99 EUR, mithin 1.996 EUR abzgl. des aktualisierten, bereits ausgeglichenen Anteils i.H.v. 48,02 EUR und abzgl. der Sozialversicherungsabgaben i.H.v. insgesamt 122 EUR zugrunde gelegt.
Gegen den ihm am 7.1.2011 zugestellten Beschluss wehrt sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde vom 7.2.2011, eingegangen bei Gericht am selben Tage. Er wendet sich in erster Linie gegen die volle Berücksichtigung seines Anmeldegehalts im Zeitpunkt des Dienstzeitendes. Er ist der Auffassung, dass hierin ein Verstoß gegen § 5 Abs. 4 S. 2 VersAusglG zu sehen sei, da nach dieser Vorschrift nur allgemeine Wertanpassungen des Anrechts zu berücksichtigen seien, nicht jedoch rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die nicht auf den Ehezeitanteil zurückwirken. Es hätte daher auf das Anmeldegehalt am Ende der Ehezeit abgestellt werden müssen, ggf. erhöht um die Beträge, die aufgrund der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung angepasst wurden. Das seien aber nur die gem. § 23 Abs. 4 der Satzung des Versorgungsverbandes deutscher Wirtschaftsorganisationen vorgenommenen Erhöhungen. Die gem. § 23 Abs. 2 der Satzung nach Ehezeitende vorgenommenen Erhöhungen des Anmeldegehalts seien vielmehr frei verhandelbar und unterlägen nicht der allgemeinen Wertanpassung, sondern einem Aushandeln zwischen den Tarifparteien. Sie dürften daher nicht gem. § 5 Abs. 4 S. 2 VersAugslG bei der Ermittlung des Anmeldegehalts berücksichtigt werden. Ferner bittet der Antragsgegner um Überprüfung der abgezogenen Sozialversicherungsbeiträge.
Die Antragstellerin beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Mit ihrer Anschlussbeschwerde vom 5.10.2011 beantragt sie, den Beschluss des AG Osnabrück vom 5.1.2011 zu ändern und den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin seinen Anspruch auf Versorgungsrente gegen den V. d. M. u. E.. O. e.V.. in Höhe der der Antragstellerin zuerkannten laufenden Ausgleichsrente abzutreten ...