Leitsatz (amtlich)

1. Wird in der Werbung oder bei Vertrieb von Produkten gegen Vorschriften des Lebensmittelrechts verstoßen, die dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen oder den Verbraucher vor Irreführung schützen sollen, liegt darin regelmäßig auch ein wettbewerbswidriges Verhalten.

2. Für das in § 8 Nr. 2 LMBG enthaltene Verbot, keine Stoffe als Lebensmittel in den Verkehr zu bringen, deren Verzehr geeignet ist, die menschliche Gesundheit zu schädigen, ist auf die normale, nach der Verkehrsanschauung und der Vorstellung der Verbraucher anzunehmende bestimmungsgemäße Verwendung des Produkts abzustellen; für diese sind insb. auch Angaben des Herstellers oder Händlers, etwa in der Werbung oder beim Verkauf, von Bedeutung. Fernliegende Gefahren, die sich aus einer bestimmungswidrigen Verwendung oder aus einem übermäßigen Verzehr (bzw. einer Überdosierung) des Stoffes ergeben, bleiben dagegen außer Betracht.

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Aktenzeichen 15 O 3406/02)

 

Gründe

I. Der Kläger hat die Beklagte, die in H. ein Reformhaus betreibt, in Anspruch genommen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr eine Mischung aus Zitronenöl und anderen ätherischen Ölen, nämlich das Mittel „F.-B.Y.”, zur inneren Anwendung zu bewerben und vertreiben. Das LG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Mit der hiergegen gerichteten Berufung trägt die Beklagte im Wesentlichen vor:

Sie habe – was unstr. ist – hinsichtlich der Werbung für das genannte Mittel als Schlankheitsmittel bereits vorprozessual eine Unterlassungserklärung mit einem entspr. Vertragsstrafeversprechen abgegeben, was, so meint sie, eine entspr. Verurteilung ausschließe.

Die Wettbewerbswidrigkeit des Vertriebs des Mittels „F-B.Y.” zur inneren Anwendung könne entgegen der Auffassung des LG nicht aus einem Verstoß gegen § 8 Nr. 2 LMBG hergeleitet werden. Das Produkt sei bei bestimmungsgemäßer Verwendung, nämlich zur Geschmacksbeeinflussung von Speisen oder Getränken und auch im Rahmen der sog. Zitronenkur, nicht geeignet, die menschliche Gesundheit zu gefährden.

Von der grundsätzlichen Verkehrsfähigkeit des Produkts gehe letztlich auch das LG aus; das im Tenor des Urteils dennoch ausgesprochene umfassende Verkehrsverbot für den Bereich innerer Anwendung sei in den Entscheidungsgründen damit begründet worden, dass das Produkt ohne Mengenbegrenzung oder Dosierungshinweise vertrieben und beworben worden sei, was die Gefahr bestimmungswidriger und damit potentiell gesundheitsschädlicher Verwendung schaffe. Diese Argumentation des LG gehe an ihrem Tatsachenvortrag vorbei; sie habe bereits in erster Instanz vorgetragen und es sei unstr. geworden, dass das Produkt bereits bei Klageerhebung mit dem als Anlage BE 3 vorgelegten Etikett vertrieben werde, auf dem sich der klare Verwendungshinweis „Zur Aromatisierung” ebenso wie eine Dosierungsanleitung „… nicht mehr als 1–2 Tropfen auf 200 ml” befinde. Auch könnten fehlende Mengen- oder Dosierungsangaben allenfalls ein Verbot zum Vertrieb des Erzeugnisses ohne solche Hinweise rechtfertigen, nicht aber ein uneingeschränktes und absolutes Verkehrsverbot.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und führt dazu im Wesentlichen aus:

Es werde bestritten, dass der „bestimmungsgemäße Gebrauch” des Mittels „F-B.Y.” darin liegen solle, Getränke durch Hinzufügen von 1 bis 2 Tropfen auf 200 ml zu „aromatisieren”. Die entsprechende, von der Beklagten nur zu Zwecken der Rechtsverteidigung aufgestellte Behauptung sei nicht ernst gemeint; tatsächlich werde das Mittel als Schlankheitsmittel in den Verkehr gebracht, wie sich aus der Anzeigenwerbung der Beklagten und einem ebenfalls der Werbung dienenden Taschenbuch des Y. ergebe.

Die nach Behauptung der Beklagten neuerdings auf der Etikettierung vorhandenen Hinweise „Zur Aromatisierung von Getränken nicht mehr als 1 bis 2 Tropfen auf 20 ml” seien damals im Zeitpunkt der von ihm, dem Kläger, beanstandeten Werbung im Juli 2002 noch nicht vorhanden gewesen. Auch aus dem neuen Dosierungshinweis auf dem Etikett gehe nicht hervor, dass die genannte Dosierung zur Vermeidung einer Gesundheitsgefahr nicht überschritten werden dürfe; vielmehr sei der Hinweis lediglich so zu verstehen, dass diese Dosierung eben die richtige zum Aromatisieren sei, um also den Geschmack des betreffenden Getränks nicht zu viel und nicht zu wenig zu beeinflussen.

Das vom LG antragsgemäß verhängte Verbot, das Mittel zu bewerben und/oder zu vertreiben „als Mittel zur inneren Anwendung”, sei dahin zu verstehen, dass das Verbot sich auf die Bewerbung und den Vertrieb des Mittels als Schlankheitsmittel beziehe, worum es der Beklagten letztlich auch tatsächlich gegangen sei und gehe. Das vom LG angeordnete Verbot erfasse den Einsatz des Mittels zu Zwecken der Aromatisierung nicht; dies habe auch nicht zur Diskussion gestanden und sei von Anfang an vom Klageantrag nicht erfasst worden.

II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und teilweise auch begründet.

… Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht davon auszugehen, das...

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