Leitsatz (amtlich)

1. Aus der vertraglichen Vereinbarung von Abschlagszahlungen folgt die Verpflichtung des Auftragnehmers, nach Kündigung des Vertrages abzurechnen.

2. Unstreitiges neues Vorbringen ist im Berufungsrechtszug nicht nur unter den erschwerten Bedingungen des § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO zuzulassen.

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Urteil vom 18.12.2002; Aktenzeichen 7 O 623/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.12.2002 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des LG Osnabrück geändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 16.957,56 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 5.1.2002 zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Wert der Beschwer übersteigt nicht 20.000 Euro.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet. Er hat nach Kündigung des mit der Beklagten geschlossenen Bauvertrages einen vertraglichen Anspruch auf Rückzahlung des geltend gemachten Betrages von 16.957,56 Euro (33.166,11 DM). Denn in Höhe dieses Betrages ist durch die unstreitigen Abschlagszahlungen i.H.v. 200.239,20 DM eine Überzahlung der unter Berücksichtigung des vereinbarten Festpreises von 213.600 DM bis zur Kündigung erbrachten Leistungen von 167.073,09 DM erfolgt.

I. Soweit das LG auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme festgestellt hat, der Kläger habe den ihm obliegenden Nachweis nicht geführt, dass der von der Beklagten behauptete Rechtsgrund für das Behaltendürfen des mit der Klage geltend gemachten Betrages, nämlich die Abrede, dass zusätzlich zu der im Bauvertrag festgeschriebenen Summe ein Betrag von 40.000 DM in bar gezahlt werden sollte, nicht gegeben sei, beruht dies auf einer Rechtsverletzung i.S.v. § 513 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 546 ZPO.

1. Das LG hat einmal die Beweislast verkannt.

a) Entgegen der Meinung des LG sind Vorschuss –, Abschlags – oder Vorauszahlungen, die zu Überzahlungen führen, nach der gefestigten Rspr. des BGH (vgl. BGH v. 11.2.1999 – VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365 ff. [374] = MDR 1999, 671 = NJW 1999, 1867 [1869]; v. 24.1.2002 – VII ZR 196/00, MDR 2002, 812 = BGHReport 2002, 574 = NJW 2002, 1567 f. =BauR 2002, 938 f.; v. 2.5.2002 – VII ZR 249/00, NJW – RR 2002, 1097 f = BauR 2002, 1407 f.) nicht nach den §§ 812 ff. BGB auszugleichen. Vielmehr ergibt sich der Zahlungsanspruch aus der – im vorliegenden Fall in dem Bauvertrag getroffenen – vertraglichen Abrede über die Leistung von Abschlagszahlungen selbst. Dies gilt insb. auch, wenn – wie im vorliegenden Fall – ein Pauschalpreisvertrag vorzeitig durch Kündigung beendet worden ist (vgl. BGH v. 11.2.1999 – VII ZR 399/97, BGHZ 140, 365 ff. [374] = MDR 1999, 671 = NJW 1999, 1867 [1869]).

Nach der genannten Rspr. des BGH bedeutet dies bezüglich der Darlegungs- und Beweislast folgendes: Liegt – wie im vorliegenden Fall – eine Schlussrechnung des Unternehmers (noch) nicht vor – kann der Auftraggeber (Bauherr) die Überzahlung mit einer eigenen Rechnung begründen. Dies hat der Kläger mit seiner Klageschrift getan, wobei er bei seiner Berechnung von dem in dem Bauvertrag genannten Festpreis von 213.600 DM ausgegangen ist und davon die nicht erbrachten Leistungen von 46.526,91 DM abgezogen hat. Es ist dann Sache des Unternehmers darzulegen und zu beweisen, dass der Wert seiner Leistungen höher ist als die insgesamt erbrachten Voraus – und/oder Abschlagszahlungen des Bauherrn.

Unter Beachtung dieser Grundsätze ist nicht der Kläger, sondern die Beklagte dafür darlegungs- und beweispflichtig, dass zusätzlich zu dem in dem Bauvertrag genannten Festpreis von 213.600 DM ein Betrag von 40.000 DM in bar gezahlt werden sollte. Denn nur dann ergäbe sich unter Berücksichtigung der unstreitig bis zur Kündigung des Bauvertrages nicht erbrachten Leistungen i.H.v. 46.526,91 DM keine Überzahlung der Beklagten.

b) Unabhängig davon trägt derjenige, der im Widerspruch zu dem Inhalt eines schriftlichen Vertrages den Abschluss einer mündlichen Nebenabrede behauptet, den vollen Beweis dafür. Denn eine schriftliche Vertragsurkunde trägt die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich (vgl. BGH v. 19.3.1980 – VIII ZR 183/79, MDR 1980, 751 = NJW 1980, 1680 f.; v. 15.5.1991 – VIII ZR 38/90, MDR 1991, 628 = NJW 1991 1750 [1753]; ZIP 1999, 1887 [1888]).

Auch in Hinblick darauf ist die Beklagte dafür beweispflichtig, dass zu dem in dem Bauvertrag genannten Festpreis von 213.600 DM ein Betrag von 40.000 DM in bar gezahlt werden sollte. Denn diese Nebenabrede ist in dem schriftlichen Bauvertrag nicht enthalten.

2. Im Übrigen ist die Beweiswürdigung des LG zu beanstanden.

Sie kann zwar nach § 513 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 546 ZPO nur darauf nachgeprüft werden, ob sie in sich widersprüchlich ist, den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zu wider läuft oder Teile des Beweisergebnisses ungewürdigt lässt (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 546 Rz. 13 m.w.N.).

a) Das LG hat bei der Beweiswürdigung aber einmal ungewürdigt gelassen, dass sowohl der schriftliche Bauv...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge