Leitsatz (amtlich)

Eine Regelung in den AVB eines Krankenversicherers für die Krankheitskosten- und Krankentagegeldversicherung, nach der Aufwendungen für Psychotherapie höchstens für 30 Behandlungen bzw. bei stationärem Krankenhausaufenthalt für 30 Behandlungstage je Kalenderjahr erstattet werden, ist nicht überraschend im Sinn von § 3 AGBG und hält der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG stand.

 

Normenkette

AGBG §§ 3, 9

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 13.6.2001 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 13. Zivilkammer des LG Oldenburg wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren und der Wert der Beschwer betragen 29.690,77 DM.

 

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das LG hat zu Recht § 4 Teil II Abs. 1 der vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten und Krankentagegeldversichertung der Beklagten (im folgenden: AVB) als wirksam angesehen und eine Erstattungspflicht der Beklagten für die im Zusammenhang mit der stationären Behandlung des Klägers in der Fachabteilung Psychotherapie und Psychosomatik der RKliniken entstandenen Krankheitskosten über den (bereits regulierten) Zeitraum von 30 Behandlungstagen hinaus abgelehnt. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen eine abändernde Entscheidung nicht.

1. § 4 Teil II Abs. 1 AVB ist entgegen der Annahme der Berufung nicht wegen Verstoßes gegen die §§ 3, 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 AGBG unwirksam. Die Bestimmung lautet:

Es werden die Aufwendungen für medizinisch notwendige Heilbehandlungen mit den tariflichen Sätzen erstattet. Aufwendungen für ärztliche und zahnärztliche Leistungen sowie Leistungen von Heilpraktikern werden erstattet, wenn sie gemäß den jeweils gültigen Gebührenordnungen berechnet werden. Die Durchführung der Psychotherapie durch einen für die Behandlung zugelassenen Diplompsychologen ist erstattungsfähig, wenn sie auf Veranlassung eines approbierten Arztes erfolgt. Aufwendungen für Psychotherapie werden höchstens für 30 Behandlungen bzw. bei stationärem Krankenhausaufenthalt für 30 Behandlungstage je Kalenderjahr erstattet.

a) Diese Bestimmung stellt schon deswegen keine überraschende Klausel im Sinn von § 3 AGBG dar, weil sie Teil der Gesamtregelung des § 4 der AVB ist, die ausdrücklich den Umfang der Leistungspflicht beschreibt und dem Versicherungsnehmer deutlich vor Augen führt, in welchen Fällen und in welchem Umfang Versicherungsschutz beansprucht werden kann.

Das gilt auch, soweit für Aufwendungen für Psychotherapie eine Höchstleistungsgrenze von 30 stationären Behandlungstagen pro Kalenderjahr festgelegt ist. Der Versicherungsnehmer muss bei dem hier gewählten Aufbau der AVB, bei dem jeweils die maßgeblichen Tarifbedingungen im Sinn von § 4 Abs. 1 MB/KK zusammen mit den Regelungen der MB/KK in einen einheitlichen Text eingearbeitet sind, nicht einmal wie bei anderer Gestaltung Allgemeiner Versicherungsbedingungen (vergl. den der Entscheidung BGH VersR 1999, 746 zugrundeliegenden Sachverhalt) erst an anderer Stelle eines umfangreichen Bedingungs und Tarifwerks nach Einzelheiten suchen, sondern braucht die Gesamtregelung des § 4 AVB nur bis zum Ende zu lesen, um zuverlässig zu wissen, wofür ihm Versicherungsschutz versprochen worden ist.

b) § 4 Teil II Abs. 1 Satz 4 AVB hält auch einer Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG stand.

Ob eine Bestimmung in AVB den Versicherungsnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt und eine Gefährdung des Zwecks des Versicherungsvertrages darstellt, ist grundsätzlich danach zu beurteilen, ob der Versicherungsschutz, der durch die AVB konkretisiert wird, sich insgesamt für den Versicherungsnehmer in einer Weise darstellt, dass gemessen daran eine bestimmte Risikobegrenzung, Obliegenheit oder Ausnahmeregel als unbillig, willkürlich oder überraschend erscheint (vgl. OLG Oldenburg VersR 1998, 174 m.w.N.). Davon kann hier keine Rede sein.

Der Vertragszweck der Krankheitskostenversicherung besteht darin, eine Abdeckung des Kostenrisikos für den Versicherungsnehmer zu erreichen, das ihm durch die notwendige Behandlung von Krankheiten entsteht. Das schließt regelmäßig jede Art der Behandlung ein, wenn sie sich als zur Heilung oder Linderung einer Krankheit erforderlich erweist (vgl. BGH VersR 1999, 746). Die von der Beklagten angebotene Krankheitskostenversicherung trägt diesem Zweck auch Rechnung, denn sie verspricht für den Versicherungsfall, die medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfall (§ 1 Teil I Abs. 2 AVB), den Ersatz von Aufwendungen für Heilbehandlungen und sonst vereinbarte Leistungen (§ 1 Teil I Abs. 1 Buchst. a AVB). Dieses Leistungsversprechen differenziert nicht nach der Art der Behandlung, so dass vom Zweck des Vertrages die Erstattung der Kosten jeder – also auch der psychotherapeutischen – Behandlung erfasst wird, wenn sie sich als zur Behandlung einer Erkrankung notwendig erweist. Die Beklagte hat damit den Ersatz von Aufwendungen für psychotherapeutische Behandl...

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