Leitsatz (amtlich)
Zur Inbetriebnahme einer Biogasanlage.
Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 25.11.2005; Aktenzeichen 2 O 2336/05) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 25.11.2005 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des LG Oldenburg geändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 13.535,73 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.8.2005 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für den in der Biogasanlage der Kläger am Standort F., erzeugten und bei der Beklagten eingespeisten Strom ab Juli 2005 die in § 8 Abs. 1 EEG in der heutigen Fassung festgelegte Mindestvergütung zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
Die Kläger erzeugen Strom in einer Biogasanlage und speisen ihn in das Netz der Beklagten ein. Die Parteien streiten darüber, ob die Biogasanlage der Kläger schon im Jahr 2003 oder erst danach in Betrieb genommen wurde. Die Übergangsbestimmung des § 21 Abs. 1 Nr. 3 EEG sieht für Biomasseanlagen, die nach dem 31.12.2003 in Betrieb genommen wurden, ab 1.8.2004 Vergütungssätze vor, die den Klägern günstiger sind.
Das LG hat die Klage auf Zahlung der Mehrvergütung abgewiesen.
Durch die Stromeinspeisung im November sei die Anlage 2003 in Betrieb genommen worden. Es sei auf den Beginn der Stromeinspeisung, also die Inbetriebnahme der stromerzeugenden Einheit abzustellen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung machen die Kläger geltend, der Probebetrieb im November 2003 falle nicht in den Anwendungsbereich des EEG, das gem. §§ 2, 3 EEG nur auf Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien anwendbar sei.
Bei dem im Probebetrieb verwendeten Erdgas handele es sich weder um erneuerbare Energien noch um eine technisch notwendige Zünd- oder Stützfeuerung, die der Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien gleichgestellt sei. Der Betrieb des Heizblockkraftwerks stelle keine Inbetriebnahme der Anlage dar, weil der Anlagenbegriff in § 3 Abs. 2 EEG die gesamte Anlage einschließlich des Fermenters umfasse. Für den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage komme es darauf an, dass die Anlage in der Lage sei, bei ungestörtem Verlauf aus sich heraus Biogas zu produzieren und Strom einzuspeisen.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 13.535,73 EUR nebst Zinsen hieraus seit Klagerhebung i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen und weiter festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, für den in der Biogasanlage der Kläger am Standort F., erzeugten und bei der Beklagten eingespeisten Strom ab Juli 2005 die in § 8 Abs. 1 EEG in der heutigen Fassung festgelegte Mindestvergütung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Die zulässige Berufung hat Erfolg.
Den Klägern steht gem. der Übergangsbestimmung des § 21 Abs. 1 Nr. 3 EEG (2004) ab 1.8.2004 ein Anspruch auf Vergütung nach den Vergütungssätzen des § 8 Abs. 1 EEG zu, da die Inbetriebnahme der Anlage erst nach dem 1.1.2004 erfolgte. Die von den Klägern auf dieser Grundlage errechnete Mehrvergütung ist der Höhe nach unstreitig.
Die Inbetriebnahme i.S.d. § 3 Abs. 4 EEG setzt die ausschließliche Verwendung erneuerbarer Energien voraus. Dies ergeben Wortlaut, Systematik des Gesetzes sowie dessen Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten. Die im Rahmen des § 21 EEG maßgebliche Inbetriebnahme ist in § 3 Abs. 4 definiert als die erstmalige Inbetriebsetzung der Anlage nach Herstellung ihrer technischen Betriebsbereitschaft. Anlage meint gem. § 3 Abs. 2 EEG die selbständige technische Einrichtung zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien oder aus Grubengas. Wegen der in § 3 Abs. 2 EEG enthaltenen Zweckbestimmung, "Strom aus erneuerbaren Energien" zu erzeugen, ist das im November 2003 ausschließlich betriebene Blockheizkraftwerk, das für sich genommen nicht der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien dient, keine Anlage i.S.d. § 3 Abs. 2 EEG.
Das LG ist insoweit der engen Ansicht von Oschmann (Oschmann in Danner/Theobald, Komm. zum Energierecht, § 3 EEG Rz. 28) gefolgt, wonach Anlage lediglich die eigentliche stromerzeugende Anlage wie Generator, Brennstoffzelle oder Solarzelle sei und Energie aus Biomasse durch den Motor einschließlich Turbine bzw. Generator erzeugt werde.
Bauliche Anlagen wie der Fermenter einer Biogasanlage oder der Turm einer Windenergieanlage dienten nicht unmittelbar der Stromerzeugung und seien kein Bestandteil der Einzelanlage.
Diese Auffassung ist zu eng. Bei der Klärung des Anlagebegriffs ist auf den Regelungszweck Rücksicht zu nehmen. Hier geht ...