Entscheidungsstichwort (Thema)
Untätigkeitsbeschwerde im Zivilprozess
Normenkette
ZPO § 567
Verfahrensgang
LG Stralsund (Beschluss vom 13.08.2009; Aktenzeichen 6 O 11/08) |
Tenor
1. Die Untätigkeitsbeschwerde der Klägerin vom 11.8.2009 wird als unzulässig verworfen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert beträgt 1.000 EUR.
Gründe
I. Die Parteien streiten über wechselseitige Ansprüche aus einem Mietverhältnis.
Die Klägerin macht gegen den Beklagten mit der am 26.2.2008 zugestellten Klage einen angeblichen Anspruch auf Rückgabe mehrerer als Museum genutzter Räume in einem Gebäudekomplex in B., Ortsteil P. geltend. Im Wege einer Widerklage verlangt der Beklagte Ersatz für Aufwendungen i.H.v. etwa 67.000 EUR, die er zur "Absicherung des gesamten im Eigentum der Klägerin stehenden Objekts" gemacht habe, um eine baupolizeiliche Sperrung des Gebäudes abzuwenden. Für den Fall, dass das Mietverhältnis infolge der Kündigung des Vertrages beendet worden sei, hat der Beklagte eine Hilfswiderklage erhoben, mit der er den Ersatz seiner Investitionen (ca. 300.000 EUR) verlangt.
Am 29.10.2008 hat die Klägerin das LG ersucht, den Stand des Verfahrens und den Zeitpunkt der Bestimmung eines Verhandlungstermins mitzuteilen.
Die zuständige Einzelrichterin verfügte hierauf am 30.10.2008 folgende Mitteilung an die Parteien:
"Wegen personeller Engpässe und verschiedener Dezernatswechsel ist es in der erkennenden Kammer zu Rückständen - auch älterer Verfahren gekommen. Die vorliegende Räumungsklage soll im ersten Quartal des Jahres 2009 terminiert werden."
Mit Schriftsatz vom 13.11.2008 hat der Beklagte die Aussetzung des Verfahrens beantragt, die in einem Parallelverfahren die Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses geprüft werde (LG Stralsund 3 O 16/07; OLG 1 U 223/08). Sollte dieser Beschluss nichtig sein, könne dies zur Unwirksamkeit der Kündigung des Mietvertrages führen, auf deren Grundlage der Räumungsprozess geführt werde.
Die Klägerin hat am 19.1.2009 beantragt, den Aussetzungsantrag zurückzuweisen, da eine Vorgreiflichkeit nicht anzunehmen sei. Im Übrigen hat sie weiter zur Sache vorgetragen.
Mit Schriftsatz vom 12.3.2009 hat die Klägerin um Terminsbestimmung gebeten.
Der Beklagte hat schließlich in seinem Schriftsatz vom 21.4.2009 weiter zu seinem Ausetzungsantrag und in der Sache Stellung genommen.
Mit Schriftsatz vom 11.8.2009 hat die Klägerin eine sofortige Beschwerde mit dem Antrag eingelegt, das Verfahren weiter zu betreiben. Nach ihrer Replik vom 8.5.2008 übermittle das Gericht die wechselseitigen Schriftsätze zur Kenntnisnahme, ohne dass nach nunmehr 19 Monaten Verfahrensdauer ein Fortgang zu erkennen sei. Es sei eine überlange Dauer des Rechtsstreits anzunehmen, die auf der Untätigkeit des Gerichts beruhe. Der eingetretene Verfahrensstillstand führe dazu, dass die Klägerin ihr Rechtsschutzziel nicht durchsetzen könne. Hierfür sei ein sachlicher Grund, der sich aus dem Verfahren selbst ergebe, nicht zu erkennen. Ein etwaiger personeller Engpass müsse im Hinblick auf eine Entscheidung strittiger Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit unberücksichtigt bleiben. Vielmehr sei die Justizverwaltung aufgerufen, geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 13.8.2009 nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Das Verfahren sei unter Berücksichtigung der in der Sachstandsmitteilung mitgeteilten Verzögerungsgründe gefördert worden. Es habe zur Terminierung angestanden. Danach sei weiterer Sachvortrag der Parteien erfolgt und ihnen jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist gegeben worden. Deshalb habe der angekündigte zeitliche Rahmen für die Terminierung nicht eingehalten werden können.
II. Gegen die von der Klägerin behauptete Untätigkeit des LG ist eine Beschwerde nicht statthaft.
1. Der Senat lässt dabei die Beantwortung der Streitfrage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Untätigkeitsbeschwerde statthaft ist, ausdrücklich offen.
Nach der herrschenden Meinung kann das im Rechtszug übergeordnete Gericht grundsätzlich nur gegen eine ergangene, den Rechtsmittelführer beschwerende Entscheidung eines Gerichts, nicht aber gegen dessen vermeintliches oder tatsächliches Untätigbleiben angerufen werden (BVerfG, Kammerbeschl. v. 10.6.2005, 1 BvR 2790/04, NJW 2005, 2685; BGH, Senat für Anwaltssachen, Beschl. v. 21.11.1994, AnwZ (B) 41/94, NJW-RR 1995, 887; 3. Strafsenat, Beschl. v. 22.12.1992, StB 15/92, 3 BJs 960/91 - 4 (85) - StB 15/92, NJW 1993, 1279, 1280; BFH, Beschl. v. 28.5.2009, III B 73/09, juris; BFH, Beschl. v. 4.10.2001, V B 85/01, BFH/NV 2002, 364; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschl. v. 27.4.2009, L 11 B 45/09 AS, juris; Hessisches Landessozialgericht, Beschl. v. 11.2.2009, L 9 B 229/08 AS, juris; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 22.4.2009, 8 E 147/09, NJW 2009, 2615). Die ZPO sieht ein solches Rechtsmittel weiterhin nicht vor. Der Gesetzentwurf der Bun...