Leitsatz (amtlich)

Die Zusammenrechnung nach § 39 Abs. 1 GKG setzt nicht voraus, dass die mehreren Streitgegenstände gleichzeitig nebeneinander geltend gemacht werden; dies gilt nicht nur für den Fall einer teilweisen Rücknahme der Klage bezüglich einzelner Streitgegenstände und deren Ersetzung durch neue Streitgegenstände im Wege einer Klageänderung, sondern auch für denjenigen einer teilweisen Klagerücknahme hinsichtlich eines Teils mehrerer anhängiger Streitgegenstände in Verbindung mit einer gleichzeitigen Klageerweiterung bezüglich der danach noch anhängig bleibenden Streitgegenstände.

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Aktenzeichen 4 O 485/14)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beklagten gegen den Streitwertbeschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 19.12.2018 wird als unzulässig verworfen.

II. Der Streitwertbeschluss des Landgerichts Neubrandenburg vom 19.12.2018 wird von Amts wegen abgeändert und dahingehend neu gefasst, dass der Streitwert auf bis zu 16.000,00 EUR bis zum 20.11.2018 und danach auf bis zu 22.000,00 EUR festgesetzt wird.

III. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist eine Streitwertfestsetzung für ein erstinstanzliches Klageverfahren.

Die Kläger haben mit einem bezifferten Zahlungsantrag einen Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln an einem Einfamilienhaus geltend gemacht, das der Beklagte für sie errichtet hatte, und ergänzend die Feststellung beantragt, dass der Beklagte darüber hinausgehende weitere Mängelbeseitigungskosten zu tragen habe. Die Kläger ermittelten dabei in der Klageschrift aus insgesamt achtzehn Einzelpositionen einen Gesamtbetrag in Höhe von 14.440,00 EUR an voraussichtlichem Kostenaufwand, von dem sie aufgrund einer dem nur zugrundeliegenden Schätzung mit ihrem Leistungsantrag eine Zahlung in Höhe von 12.500,00 EUR verlangten. Ein durch das Landgericht im weiteren Verlauf eingeholtes Sachverständigengutachten bestätigte verschiedene der von den Klägern angeführten Mängel nicht, ergab daneben aber teilweise Abweichungen von den Kostenansätzen der Kläger. Diese beschränkten ihr Begehren danach mit Eingang am 21.11.2018 auf neun Mängel mit den folgenden betragsmäßigen Abweichungen im Verhältnis zu ihren Annahmen noch in der Klageschrift:

Mangel

Ansatz Klageschrift

Ansatz Gutachten

Fassade

3.000,00 EUR

8.888,78 EUR

Fensterbänke

3.000,00 EUR

1.039,70 EUR

Hauswirtschaftstür

150,00 EUR

393,68 EUR

Dacheinstiegsluke

800,00 EUR

326,70 EUR

Wasserhahnanschluss

30,00 EUR

234,23 EUR

Schornstein

30,00 EUR

228,08 EUR

Duscheinrichtung

250,00 EUR

837,10 EUR

Waschtischbefestigung

30,00 EUR

197,25 EUR

Bodenablauf

400,00 EUR

314,37 EUR

Den Hauptforderungsbetrag ihres bezifferten Zahlungsantrages änderten die Kläger nicht, nachdem die Kostenbeträge gemäß dem Gutachten in ihrer Addition den bereits anfänglich begehrten 12.500,00 EUR weitestgehend entsprachen.

Das Landgericht hat im Rahmen seines Urteils den Streitwert auf 13.500,00 EUR festgesetzt und dazu ausgeführt, der Wert des Feststellungsantrages sei mangels abweichender Erkenntnisse mit einem Betrag von bis zu 1.000,00 EUR anzusetzen. Das Urteil ist dem Beklagten am 21.12.2018 zugestellt worden; die von ihm dagegen eingelegte Berufung ist zum Aktenzeichen 4 U 11/19 des Oberlandesgerichtes Rostock anhängig.

Am 25.03.2019 haben die Prozessbevollmächtigten des Beklagten einen Schriftsatz eingereicht, nach welchem sie "namens und in Vollmacht des Beklagten" Beschwerde gegen den mit Verkündung des Urteils festgesetzten Streitwert erheben. Es wird geltend gemacht, der Streitwert sei nicht lediglich auf denjenigen Betrag festzusetzen, zu dem der Sachverständige zum einen Mängel und zum anderen entsprechende Beseitigungskosten festgestellt habe; einzubeziehen sei vielmehr auch der (fiktive) Betrag für diejenigen behaupteten und von dem Gutachter untersuchten Mängel, welche sich letztlich nicht bestätigt hätten. Damit ergebe sich ein Streitwert von wenigstens 27.000,00 EUR, nachdem die von den Klägern nicht mehr weiter verfolgten Mängel einer Klagerücknahme von fünfzig Prozent gleichkämen.

Die Kläger sind der Auffassung, sie hätten eine Klageerweiterung nicht vorgenommen. Ihr rechtliches Interesse habe darin gelegen, neben der Feststellung der Mangelhaftigkeit den zur Mängelbeseitigung erforderlichen Geldbetrag zu erhalten; der Schwerpunkt des Verfahrens habe damit nicht in dem finanziellen Anspruch aus dem Mangel, sondern in der Nacherfüllung bestanden. Allein das zahlenmäßige Verhältnis der ursprünglich geltend gemachten zu den später nach dem Gutachten noch weiter verfolgten Mängeln sei wegen deren unterschiedlichen Gewichts für die Ermittlung einer Streitwertdifferenz untauglich.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dazu ausgeführt, der Wert des Zahlungsantrages ergebe sich aus dessen Bezifferung. Nach der Vorlage des Gutachtens sei eine Erweiterung der Zahlungsklage nicht erfolgt, sondern lediglich eine Änderung dahingehe...

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