Leitsatz (amtlich)
1. Im Falle der Erhebung einer Klage bzw. Widerklage durch eine Sparkasse - hier Sparkasse Stralsund - bedarf es grundsätzlich einer Genehmigung durch das zur Vertretung berufene Organ. Das ist regelmäßig (vorliegend § 8 SpkG MV) der Verwaltungsrat, nicht ausreichend ist hingegen die Zustimmung zur (Wider-)Klage durch den Vorstand oder den Vorsitzenden des Verwaltungsrates. Ebenso wenig genügt eine stillschweigende oder konkludente Zustimmung des Verwaltungsrates.
2. Eine genehmigende Nachreichung der Vollmacht für die Klage oder Widerklage in der Rechtsmittelinstanz ist nicht mehr möglich, wenn schon die Vorinstanz diese wegen des Mangels zu Recht als unzulässig abgewiesen hat.
Verfahrensgang
LG Stralsund (Urteil vom 15.08.2007; Aktenzeichen 7 O 115/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.8.2007 verkündete Urteil des LG Stralsund - Az.: 7 O 115/04 - wird auf ihre Kosten/zurückgewiesen.
Streitwert der Berufung: 6.124.848,07 EUR.
Gründe
A.I. Gegenstand des Rechtsstreits ist das Begehren der Kläger auf Leistung rückständiger Dienstbezüge und die Feststellung der Unwirksamkeit der ihnen außerordentlich gekündigten Dienstverhältnisse. Die Beklagte ihrerseits macht im Wege der Widerklage Schadensersatzansprüche wegen von ihr behaupteter Dienstpflichtverletzungen geltend.
Der Kläger zu 1. war seit dem 1.1.1991 als Vorstand bei der Beklagten tätig, der Kläger zu 2. seit dem 1.5.1993. Der Erstgenannte und die Beklagte schlössen unter dem 1.10.2002 einen Vertrag, mit dem der Kläger zu 1. für einen Zeitraum von weiteren 2 Jahren bis zum 31.12.2004 als Mitglied des Vorstandes der Beklagten angestellt wurde. Als Vergütung sollte der Kläger zu 1. gem. § 5 Abs. 1 des Vertrages jährlich einen Grundbetrag i.H.v. 69...24,36 EUR, eine marktbezogene Zulage i.H.v. 23.265,84 EUR, eine Vorstandszulage i.H.v. 17.253 EUR und eine Aufwandsentschädigung i.H.v. 8.282,88 EUR erhaltend Der Kläger zu 2. und die Beklagte vereinbarten unter dem 9.9.2002 eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses als Vorstand für einen Zeitraum von weiteren 4 Jahren bis zum 30.4.2007. Zur Vergütung kamen die Parteien überein, dass dem Kläger zu 2. gem. § 5 Abs. 1 des Vertrages jährlich einen Grundbetrag i.H.v. 69.024,36 EUR, eine marktbezogene Zulage i.H.v. 23.265,84 EUR, eine Vorstandszulage i.H.v. 8.626,56 EUR und eine Aufwandsentschädigung i.H.v. 4.141,44 EUR zustehen sollte. Die Gesamtbezüge der Kläger waren monatlich im Voraus in 12 Monatsraten zu zahlen.
Im Jahre 2003 (konkret seit dem Monat März) prüfte der Ostdeutsche Sparkassen- und Giroverband den Jahresabschluss der Beklagten für das Jahr 2002. Mit Schreiben vom 27.6.2003 teilte der Verband der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht dem Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern sowie der Deutschen Bundesbank (u.a.) mit, dass sich nach dem Zwischenstand der Prüfung Anmerkungen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Beklagten ergäben, die i.S.d. § 29 Abs. 3 KWG die Entwicklung der Beklagten wesentlich beeinträchtigen könnten. Durch Schreiben vorn 10.7.2003 unterrichtete das Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern den Vorstand der Beklagten über das Vorliegen einer Anzeige nach § 29 Abs. 3 KWG und forderte diesen zur Abgabe einer Stellungnahme bis zum 17.8.2003 auf. Die Kläger beantworteten das Schreiben am 4.8.2003. In der Verwaltungsratssitzung der Beklagten vom 18.9.2003 berichtete der Kläger zu 1., dass die Prüfstelle eine Anzeige nach § 29 Abs. 3 KWG habe erstatten müssen. Zugleich teilte er mit, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht eine Sonderprüfung des Kreditgeschäfts der Beklagten angeordnet habe und der Vorstand der Beklagten von der Deutschen Bundesbank für den 4.11.2003 zu einem Aufsichtsgespräch nach Hamburg geladen worden sei. Im Übrigen erklärte der Kläger zu 1., dass der Verwaltungsrat ggf. in einer Sondersitzung informiert werde, sobald weitergehende Erkenntnisse vorlägen.
Mit Telefax vom 30.10.2003 erhielt der Vorstand der Beklagten vorab eine Zusammenfassung der Feststellungen der Sonderprüfung. Die Gesamteinschätzung der Prüfer ging dahin, dass in den kommenden Jahren eine wesentliche Verbesserung der Ertragslage der Sparkasse nicht zu erwarten sei und die akute Existenzgefährdung somit fortbestehe. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Sonderprüfung wurde dem Vorsitzenden des Verwaltungsrates am 20.11.2003 übermittelt.
Am 4.11.2003 fand in der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbank in Hamburg ein Treffen statt, an dem neben den Klägern u.a. Vertreter der Bundesbank, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, des Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverbandes und des Finanzministeriums Mecklenburg-Vorpommern teilnahmen. Mit Schreiben vom 13.11.2003 wandte sich das Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern an den Vorsitzenden des Verwaltungsrates der Beklagten und berichtete über die Ergebnisse der Zusammenkunft. Das Finanzministerium teilte insbesondere mit, es sei von allen Teilnehmern des Treffens konstatiert ...