Leitsatz (amtlich)

Der Streitwert für das Berufungsverfahren richtet sich - auch im Falle der Rücknahme des Rechtsmittels und der Verlustigkeitserklärung (§ 516 Abs. 3 ZPO) - entgegen einer teilweise in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht grundsätzlich nach dem Wert der Hauptsache, nicht aber nach dem Betrag der Kosten, die in der Rechtsmittelinstanz bis zum Antrag auf Verlustigerklärung und Kostenentscheidung entstanden sind.

 

Verfahrensgang

LG Neubrandenburg (Urteil vom 01.12.2005; Aktenzeichen 10 O 26/05)

 

Tenor

I. Nach Rücknahme der Berufung wird gem. § 516 Abs. 3 Satz 2 ZPO festgestellt:

1. Die Berufungsklägerinnen sind des Rechtsmittels der Berufung verlustig.

2. Hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens haben die Parteien sich außergerichtlich durch Vereinbarung vom 6.6.2007/11.6.2007 wie folgt verglichen:

"Bezüglich des durch Rücknahme der Berufung erledigten Verfahrens vor dem OLG Rostock zum Aktenzeichen 6 U 1/06 übernimmt Herr L. trotz Berufungsrücknahme die Hälfte der in der II. Instanz angefallenen Gerichtskosten, verpflichtet sich, diese innerhalb von zwanzig Tagen nach Vorlage der Gerichtskostenabrechnung bei Herrn Rechtsanwalt Dr. H. S. an die Erben zu Händen von Herrn Rechtsanwalt H. zu zahlen und Herr L. trägt seine außergerichtlichen Kosten der II. Instanz selbst einschließlich der Kosten der Sicherheitsleistung.

Diese Regelung hat auch Vorrang vor einer zugunsten von Herrn L. ergehenden Kostenentscheidung des OLG Rostock nach Berufungsrücknahme. Hinsichtlich der Kosten der I. Instanz bleibt es aufgrund der Berufungsrückname bei der rechtskräftigen Kostenentscheidung des landgerichtlichen Urteils, wobei die Parteien erklären, dass die Kostenerstattung bereits erfolgt ist."

II. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 900.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien haben um einen Teil der Geschäftsanteile des (verstorbenen) Beklagten an einer Kommanditgesellschaft gestritten, die der Kläger in Geltendmachung eines gesellschaftsvertraglichen Vorkaufsrechts beanspruchte.

Durch Endurteil vom 1.12.2005 hat das LG den Beklagten verurteilt, von seiner Beteiligung als Kommanditist an der B. L. GmbH & Co. KG mit Sitz in B., eingetragen mit einer Hafteinlage von 157.729,45 EUR im Handelsregister des AG Neubrandenburg unter HRA 759, einen Teilkommanditanteil mit einer Hafteinlage von 157.218,16 EUR an den Kläger abzutreten und zwar Zug um Zug gegen Zahlung von 900.000 EUR. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Beklagten auferlegt und der Streitwert für das Verfahren in erster Instanz auf 900.000 EUR festgesetzt.

Gegen diese Entscheidung legte der Beklagte zulässig Berufung ein; der Kläger erhob Anschlussberufung, mit der er sich gegen die Zahlungsmodalitäten zur Zug-um-Zug-Verurteilung wandte. Der Senat beabsichtigte das Rechtsmittel des Beklagten durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen und erteilte die insoweit vorausgesetzten Hinweise (§ 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Eine abschließende Beschlussfassung erging zunächst nicht, da mitgeteilt wurde, dass der Beklagte und Berufungskläger am 14.10.2006 verstorben ist. Mit Beschluss vom 26.10.2006 setzte der Senat auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des verstorbenen Berufungsklägers das Verfahren aus (§ 246 ZPO). Mit Schriftsatz vom 20.12.2006 meldeten sich die aus einer Erbengemeinschaft bestehenden Erben des verstorbenen Beklagten zur Akte. Auf die Frage des Senats, ob die Erben des Verstorbenen beabsichtigten, das Verfahren aufzunehmen, teilten diese mit, dass sie sich vorerst in Vergleichsverhandlungen mit der Gegenseite befinden würden. Mit Schriftsatz vom 2.7.2007 nahmen die Erben sodann den Rechtsstreit auf und erklärten zugleich die Berufungsrücknahme. Sie teilten mit, eine Kostenentscheidung sei nicht erforderlich, da sich die Parteien außergerichtlich verglichen hätten. Um eine Bestimmung zur Verteilung der Gerichtskosten treffen zu können, fragte der Senat unter Hinweis auf den ansonsten Anwendung findenden § 98 ZPO zum Inhalt des geschlossenen Vergleiches nach und bat um Vorlage. Zugleich wurde um Stellungnahme zur Streitwertfestsetzung gebeten.

Die Parteien teilten übereinstimmend die im Vergleich unter Ziff. 6 getroffene Kostenentscheidung, wie sie im Tenor dieser Entscheidung wiedergegeben ist, mit. Zum Streitwert machte der Kläger den Vorschlag, diesen ebenso wie in der ersten Instanz mit 900.000 EUR festzusetzen. Die Berufungsklägerinnen machten demgegenüber geltend, der Streitwert richte sich nicht wie in erster Instanz nach dem Wert der Hauptsache (900.000 EUR), sondern nach dem Betrag der Kosten, die in der Rechtsmittelinstanz bis zum Antrag auf Verlustigerklärung und Kostenentscheidung entstanden sind - und wiesen auf die Kommentierung zu Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Aufl., § 516 Rz. 27 hin. Den entsprechenden Wert bezifferten sie mit 32.649,96 EUR. Mit Schriftsatz vom 25.7.2007 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers, er habe Kenntnis von den Überleg...

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