Leitsatz (amtlich)
Bei der langfristigen Immobilienvermietung ist eine vorformulierte Klausel, wonach Vertragsänderungen und -ergänzungen nur bei Einhaltung der Schriftform wirksam sind, wirksam.
Normenkette
BGB §§ 307, 566 a.F. bzw, § 550 n.F.; AGBG § 9
Verfahrensgang
LG Rostock (Urteil vom 12.10.2001; Aktenzeichen 9 O 212/01) |
Nachgehend
Tenor
Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Beklagten wird das am12.10.2001 verkündeteUrteil des Landgerichts Rostock (Az.: 9 O 212/01) abgeändert und wie folgt gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den durch Teilanerkenntisurteil vom 19.07.2001 ausgeurteilten Betrag hinaus weitere 14.040,00 DM (7.178,54 EUR) nebst 4 % Zinsen auf 2.500,00 DM (1.278,23 EUR) seit dem 04.05.2001 und Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz auf 11.540,00 DM (5.900,31 EUR) seit dem 04.05.2001 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.800,00 EUR abwenden, sofern nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision des Beklagten wird zugelassen.
Streitwert der Berufung: 1.840,65 EUR bzw. 3.600,00 DM.
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Mietzahlung in Anspruch. Die Parteien streiten über die Höhe der monatlichen Miete, die sie unstreitig bei Vertragsschluss mit 2.900,00 DM zzgl. Umsatzsteuer vereinbarten. Der schriftliche Mietvertrag weist diesen Betrag aus. § 21 Abs. 4 Satz 1 des vorformulierten Vertrages vom 17.10.1999 lautet wie folgt:
„Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages gelten nur bei schriftlicher Vereinbarung.”
Gegenüber der Klage verteidigt sich der Beklagte mit der Behauptung, die Parteien hätten einvernehmlich die monatliche Miete auf 2.000,00 DM herabgesetzt. Hilfsweise rechnete er mit einem Schadensersatzanspruch auf. Nachdem er den Klageanspruch in Höhe von 5.760,00 DM nebst Zinsen anerkannt hatte und in dieser Höhe gegen ihn am 03.08.2001 Teilanerkenntnisurteil ergangen war, blieben noch weitere 14.040,00 DM im Streit. Nach Beweisaufnahme verurteilte das Landgericht den Beklagten zur Zahlung dieses Betrages nebst 5% Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 04.05.2001. Die Hauptforderung setzt sich wie folgt zusammen:
April 2000 |
2.500,00 DM |
Mai 2000 bis März 2001 (11 × 580,00 DM) |
6.380,00 DM |
April 2001 |
2.580,00 DM |
Mai 2001 |
2.580,00 DM |
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14.040,00 DM. |
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er behauptet weiterhin die einvernehmliche Mietzinsherabsetzung auf monatlich 2.000,00 DM, greift die Beweiswürdigung des Landgerichts an und benennt einen weiteren Zeugen. Die Abweisung des hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruchs nimmt er hin.
Er beantragt,
das Urteil des Landgerichts Rostock dahingehend abzuändern, dass er lediglich verurteilt wird, über das Teilanerkenntnisurteil vom 19.07.2000 hinaus weitere 3.600,00 DM zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bestreitet die einvernehmlich Ermäßigung der Miete und verweist auf die Schriftformklausel des schriftlichen Mietvertrages.
Entscheidungsgründe
1.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist hinsichtlich der Hauptforderung unbegründet.
a)
Die von ihm behauptete einvernehmliche Senkung der monatlichen Miete ist unwirksam, weil die Parteien hierbei nicht die in § 21 Nr. 4 Satz 1 des schriftlichen Mietvertrages vereinbarte Schriftform beachtet haben. Diese gewillkürte Schriftform hat nicht lediglich Beweisfunktion, sondern ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Änderung des Mietvertrages. Der Wortlaut „gelten nur bei schriftlicher Vereinbarung” ist eindeutig und lässt keine andere Auslegung zu.
b)
Die in dem Mietvertrag der Parteien enthaltenen vorformulierte Schriftformklausel ist nicht unwirksam im Sinn des § 9 des früheren AGB-Gesetz (nunmehr § 307 BGB). Schriftformklauseln sind nicht generell unangemessen, ihre Wirksamkeit hängt vielmehr von der Ausgestaltung und dem Anwendungsbereich der konkreten Klausel ab (BGH NJW 1982, 331; BGH NJW 1995, 1488, 1489 = ZIP 1995, 1197, 1198; BGH NJW 1986, 1809). Unangemessen kann die Klausel sein, wenn sie dazu dient, nach Vertragsschluss getroffene individual vertragliche Vereinbarung zu unterlaufen, indem sie beim anderen Vertragsteil den Eindruck erweckt, eine mündliche Abrede sei entgegen allgemeinen Grundsätzen unwirksam. Auch kann die Schriftformklausel nicht den Vorrang der Individualabrede abdingen; demgemäß können die Vertragsparteien sie dadurch außer Kraft setzen, dass sie deutlich den Willen zum Ausdruck bringen, ihre mündliche Abmachung solle ungeachtet der Schriftformklausel gelten (BGH BGH NJW 1985, 320; BGH NJW 1995, 1488, 1489)
Unter Beachtung dieses Grundsatzes ist bei der langfristigen Vermietung gewerblich genutzter Immobilien, die in den Anwendungsbereich des § 566 BGB a.F. (§ 550 BGB n.F.) fällt, eine Schriftformklausel wirksam und b...