Entscheidungsstichwort (Thema)
Arglistiges Verschweigen von Schwammbefall
Leitsatz (amtlich)
1. Der Befall eines Hauses mit Hausschwamm ist dem Käufer vom Verkäufer selbst dann mitzuteilen, wenn er diesen fachgerecht beseitigen lassen hat.
2. Die Mitteilungspflicht besteht auch dann, wenn der Schwammbefall für den Käufer möglicherweise erkennbar ist.
Verfahrensgang
LG Schwerin (Aktenzeichen 5 O 97/17) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 19.03.2021 - Az. 5 O 97/17 - abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 18.021,22 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 17.096,82 EUR seit dem 15.04.2016 sowie auf 924,40 EUR seit dem 18.01.2018 zu zahlen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 17.096,82 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes sieht der Senat gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO ab.
II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Die Klägerin kann einen Anspruch aus abgetretenem Recht geltend machen, da ein solcher dem Zwischenkäufer Sch. gegenüber dem Beklagten aus §§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 437 Nr. 3 BGB zusteht.
Der Befall eines Hauses mit echtem Hausschwamm stellt einen Mangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB a.F. dar, denn üblicherweise setzt der Käufer eines Wohnhauses voraus, dass das Haus nicht von Schädlingen befallen ist.
Eine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Freiheit von Hausschwamm haben der Beklagte und der Käufer Sch. im Kaufvertrag vom 28.04.2014 nicht getroffen. Der Beklagte hat lediglich erklärt, dass ihm ein solcher nicht bekannt ist. Hierin liegt lediglich eine Wissenserklärung.
Da die Parteien im Grundstückskaufvertrag vom 28.04.2014 einen Gewährleistungsausschluss vereinbart haben, kommt eine Haftung des Beklagten gem. § 444 BGB nur im Falle der arglistigen Täuschung in Betracht. Eine arglistige Täuschung kann auch im Verschweigen eines Mangels liegen. Dies ist hier der Fall.
Eine Arglisthaftung wegen der Täuschung durch Verschweigen offenbarungspflichtiger Mängel setzt voraus, dass dem Verkäufer die Mängel bekannt waren oder er sie zumindest für möglich hielt und er sie billigend in Kauf nahm und dass dem Käufer diese Mängel nicht bekannt waren (BGH, Urt. v. 14.06.1996, V ZR 105/95, NJW-RR 1996, 1332; BGH, Urt. v. 22.11.1991, V ZR 215/90, NJW-RR 1992, 333; OLG Brandenburg, Urt. v. 10.04.2008, 5 U 10/07 m.w.N.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 09.10.2007, 4 U 198/07, OLGR Saarbrücken 2008, 251). Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst damit nicht nur ein Verhalten des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines "Fürmöglichhaltens" und "Inkaufnehmens" reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (BGH, Urt. v. 12.04.2002, V ZR 302/00, IBR 2002, 383 mit Anm. Baden; OLG Koblenz, Urt. v. 09.02.2006, 5 U 111/05, MDR 2006, 1343).
Ein bloßes Schweigen stellt eine arglistige Täuschung dar, wenn hinsichtlich der verschwiegenen Tatsache eine Aufklärungspflicht besteht. Eine solche Aufklärungspflicht besteht nur dann, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise Aufklärung erwarten durfte. Grundsätzlich ist es Sache einer jeden Partei, ihre eigenen Interessen selbst wahrzunehmen. Eine allgemeine Pflicht, alle Umstände zu offenbaren, die für die Entschließung des anderen Vertragsteils von Bedeutung sein können, besteht nicht. Für jeden Vertragspartner besteht lediglich die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsanschauung erwarten konnte (vgl. Senatsurteil vom 08.12.2011, 3 U 16/11).
Im Falle des Befalls mit echtem Hausschwamm besteht eine Informationspflicht des Verkäufers. Das gilt selbst dann, wenn der Verkäufer einen Schwammbefall vor Jahren technisch einwandfrei durch eine Fachfirma beseitigen lassen hat, weil ein Schwammbefall immer die Gefahr in sich trägt, wieder aufzutreten (BGH, Urt. v. 19.02.2016, V ZR 116/14, MDR 2016, 576; BGH, Urt. v. 10.07.1987, V ZR 152/86, NJW-RR, 1987, 1415; KG, Urt. v. 23.02.1989, 12 U 2500/88, NJW-RR 1989, 972; Grüneberg/Weidenkaff, BGB, 81. Aufl., § 434 Rn. 51). Insoweit gilt bei Schwammbefall der Grundsatz nicht, dass der Verkäufer nach einer Beseitigung des Mangels durch eine Fachfirma hierauf nicht mehr hinweisen muss, wenn er der Ansicht ist, dass der Mangel beseitigt ist.
Leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis des Verkäufers genügt dagegen nicht (vgl. BGH, Urt. v. 16.03.2012, V ZR 18/11, ZfIR 2012, 463). Es genügt nicht, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen (BGH, Urt. v. 12.04.2013, a.a.O.). Da...