Entscheidungsstichwort (Thema)
Willkür durch Bebauung eines Nachbargrundstücks
Leitsatz (amtlich)
1) Aus einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB lässt sich kein zivilrechtlicher Anspruch des Nachbarn ableiten. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB wird nämlich nur eine Fläche für ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht festgesetzt und nicht das Geh-, Fahr- und Leitungsrecht selbst.
2) Bebaut der Eigentümer eines gefangenen Grundstückes ein an dieses angrenzendes, ebenfalls in seinem Eigentum stehendes Grundstück, liegt hierin keine Willkür im Sinne des § 918 BGB.
Normenkette
BGB § 918
Verfahrensgang
LG Stralsund (Aktenzeichen 6 O 38/15) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 21.02.2019 - 6 O 38/15 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1) Die Beklagten werden verurteilt, zu dulden, dass der Kläger und seine Besucher als Mitbenutzer diejenige Fläche des Flurstückes 60/4 in einer Breite von 3 m zu Fuß und mit Fahrzeugen aller Art als Zuwegung benutzen, die ab der Grenze des Flurstückes der Beklagten 60/4 zum Nachbarflurstück 60/3 - jeweils der Flur 4 der Gemarkung A. - in südwestlicher Richtung bis zum Geländehöhenpunkt 10.60 und anschließend in östlicher Richtung entlang der Grundstücksgrenze des Flurstückes der Beklagten 60/4 zum Flurstück des Klägers 60/5 - jeweils der Flur 4 der Gemarkung A. - verläuft und zwar bis zum westlichen Anfang des ursprünglich vorhandenen Maschendrahtzaunes auf dem Flurstück 60/4 (südliche Grenze des Grundstückes 60/4 Flur 4 der Gemarkung A. zum Flurstück des Antragstellers 60/5 Flur 4 der Gemarkung A. ab dem Geländehöhepunkt 10.60) der Beklagten.
2) Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4) Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 6.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von der Darstellung eines Tatbestandes sieht der Senat gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO ab.
II. Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg.
1. Dem Kläger steht allerdings kein Anspruch auf Duldung eines Wegerechts aus Vertrag zu.
a) Zutreffend hat das Landgericht insoweit ausgeführt, dass der Kläger sich hinsichtlich seines Begehrens nicht auf ein vertragliches Wegerecht stützen kann. Richtig ist zwar, dass sich die damalige Verkäuferin im Zusammenhang mit dem Abschluss des Grundstücksvertrags mit den Beklagten in § 8 der notariellen Urkunde entsprechende Rechte hat einräumen lassen - auch soweit es das klägerische Grundstück betraf. Einen Anspruch hieraus hätte indes nur die damalige Verkäuferin geltend machen können, was sie nicht getan hat. Der Kläger selbst ist nicht Vertragspartei gewesen.
b) Der Senat teilt auch die Auffassung des Landgerichts, dass vorliegend nicht erkennbar ist, dass insoweit ein Vertretergeschäft erfolgt, die Vereinbarung in § 8 der notariellen Urkunde also seinerzeit direkt für den Kläger getroffen worden ist. Der Wille, im fremden Namen handeln zu wollen, kann sich zwar aus der Erklärung selbst oder aus den Umständen ergeben. Beides liegt indes hier nicht vor, da die damalige Verkäuferin ein grundsätzliches Wegerecht verankern (und verkaufen) wollte und die Person, der dies letztlich zu Gute kommen sollte, seinerzeit noch nicht, wie für ein Vertretergeschäft erforderlich, bestimmbar war.
c) Beanstandungsfrei ist das Landgericht weiter zu dem Ergebnis gelangt, dass hier auch kein Vertrag zu Gunsten Dritter (§ 328 BGB) vorliegt. Ob ein solcher Vertrag vorliegt, ist in der Regel durch Auslegung zu ermitteln (§ 328 Abs. 2 BGB). Dass im Rahmen des Verpflichtungsgeschäfts ein Forderungsrecht des Klägers als Dritter ausbedungen werden sollte, ist für den Senat auf Grund der Vereinbarung in § 8 sowie der weiteren Umstände jedoch nicht ersichtlich, insbesondere weil sich die Verkäuferin die Übertragung des Wegerechts abkaufen lassen wollte und, nachdem der Kläger hierin nicht einwilligte, die Rücknahme des Antrags auf Eintragung des Wegerechts erklärte.
Im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf seine diesbezüglichen Ausführungen im Urteil vom 13.04.2017.
2. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Duldung eines Notwegerechts auf Grund eines gesetzlichen Schuldverhältnisses zu.
Soweit der Kläger meint, dies daraus ableiten zu können, dass sich zum Grundbuchblatt der Beklagten die Buchung befindet "... 180 m2 Fahrweg ..." (vgl. Bl. 151, Bd. I d. A.) und im damaligen Bebauungsplan sich der jetzige Privatweg mit dem Vermerk "G/F/L" wiederfindet, teilt der Senat die Auffassung des Landgerichts (worauf der Senat schon in seiner Entscheidung vom 13.04.2017 hingewiesen hat), dass sich aus einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB kein zivilrechtlicher Anspruch des Klägers ableiten lässt. Gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 21 BauGB wird nämlich nur eine Fläche für ein Geh-, Fahr- und Leitungsrecht festgesetzt und nicht das Geh-, Fahr- und Leitungsrecht selbst. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt (vgl. BVerwG, Beschluss v. 18.12.1987 - 4 NB 2/87 -, zit. n. juris, Rn. 22):
"... Die aufgrund des § 9 Abs. 1 Nr...