Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Haftung des nachfolgenden Architekten für Fehler übernommener Planungsunterlagen

 

Leitsatz (amtlich)

Der nachfolgende Architekt trägt nicht für sämtliche seiner Tätigkeit vorausgehende Arbeiten das Haftungsrisiko, sondern nur für solche, die er in den von ihm zu betreuenden Leistungsphasen übernimmt.

 

Verfahrensgang

LG Stralsund (Urteil vom 30.06.2004; Aktenzeichen 7 O 287/01)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 30.6.2004 verkündete Urteil des LG Stralsund - 7 O 287/01 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz i.H.v. ca. 230.000 EUR wegen Schlechterfüllung eines Architektenvertrages für ihr Bauvorhaben "Sanierung und Modernisierung des Gutshauses Neddesitz" in Anspruch. Die Beklagte hält sich vorallem deshalb für nicht ersatzpflichtig, weil bis Ende September 1996 nicht sie, sondern der Streithelfer der Klägerin Vertragspartner der Klägerin gewesen sei.

Die Klägerin firmierte bis l999 als "W. J. Grundstücksgesellschaft mbH". Unter dieser Firma beauftragte sie 1995 zunächst ihren Streithelfer, Architektenleistungen für die Sanierung und Modernisierung des Gutshauses in Neddesitz zu erbringen. Der Architektenvertrag mit dem Streithelfer umfasste Planungsleistungen bis zur Genehmigungsreife. Die Klägerin und die Beklagte schlossen unstreitig Ende 1996 einen Vertrag über die Erbringung weiterer Architektenleistungen. Ob und inwieweit darüberhinausgehende vertragliche Beziehungen zwischen dem Streithelfer und der Klägerin bestanden und ob bereits vor Ende 1996 vertragliche Beziehungen zwischen der Klägerin und der Beklagten bestanden, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig schlossen Klägerin und Streithelfer aber unter dem 16.7.1995 (Bl. 654 f. d.A.) einen Vertrag, der den "Antrag auf Genehmigung zum Abbruch, Entsorgung, Zwischenlagerung und Beseitigung von nicht zur weiteren Verwendung vorgesehenen Gebäuden, Gebäudeteilen und Entsiegelung von Grundflächen" auf dem Gelände des streitigen Objekts zum Gegenstand hatte. Unter dem gleichen Datum schlossen Klägerin und Streithelfer einen Vertrag über die Erbringung von "Ingenieur-Grundleistungen gem. § 55 HOAI bis einschließlich Genehmigungsplanung zur Baugebietserschließung" (Bl. 656 f. d.A.). Unter dem 14.8.1995 schlossen Klägerin und Streithelfer einen weiteren Vertrag über "weiterführende und neue Planungsleistungen", die durch den Streithelfer zu erbringen waren (Bl. 422 d.A.). Ein weiterer Vertrag zur Erbringung von Planungsleistungen datiert vom 7.9.1995 (Bl. 659 d.A.). Unter dem Datum des 24.1.1996 informierte der Streithelfer die Klägerin über den Stand der beim Streithelfer in Bearbeitung befindlichen Tätigkeiten (Bl. 423 d.A.).

Mit Schreiben vom 26.9.1995 bot die Beklagte der Klägerin an, die Leistungen ab Leistungsphase 5 des § 15 HOAI für das Bauvorhaben Gutshaus Neddesitz zu übernehmen und durchzuführen. Mit diesem Schreiben schlug sie zwei Möglichkeiten der Abrechnung vor und bat die Klägerin mitzuteilen, auf welcher Basis der Vertrag durch sie vorbereitet werden solle. Dieses Schreiben zeichnete der damalige und inzwischen verstorbene Geschäftsführer der Klägerin, Dr. G., mit dem Zusatz "einverstanden" neben der 2. Abrechnungsvariante gegen (Anlage K 19, Bl. 424 d.A.). Nach Darstellung der Klägerin tat er dies anlässlich eines Gespräches auf dem Hauptbahnhof in Ulm am 5.10.1995 in Gegenwart des Streithelfers und des Zeugen D. Bei diesem Gespräch war die Beklagte selbst nicht anwesend. Ob sie das von Dr. G. gegengezeichnete Schreiben sodann erhalten hat, ist zwischen den Parteien streitig.

In der Folgezeit erbrachte die Beklagte Architektenleistungen der Leistungsphasen 5 bis 9 für das Bauvorhaben der Klägerin in Neddesitz. Zum Teil informierte sie die Klägerin direkt und den Streithelfer in Kopie (Schreiben vom 20.10.1995, Bl. 298 f. d.A.) über den Stand der Sanierungsarbeiten. Zm Teil führte sie ihren Schriftverkehr ausschließlich direkt mit dem Streithelfer. So wies die Beklagte mit Schreiben vom 7.11.1995 (Bl. 301 d.A.) den Streithelfer auf die Klärungsbedürftigkeit einzelner Fragen zur Fortsetzung der Sanierung und Festlegung der Ausführungen hin und bat "dringend um Rückruf zur Klärung der vorgenannten Fragen". Mit Schreiben vom 3.12.1995 (Bl. 302 d.A.) stellte die Beklagte ggü. dem Streithelfer unter Bezugnahme auf dessen Besprechung mit der Klägerin Überlegungen zur zwischen der Beklagten und dem Streithelfer bestehenden Vereinbarung an, stellte architekonische Lösungsvorschläge vor, bat um Reaktion des Streithelfers: "Ich warte Ihren Auftrag ab". Mit Schreiben vom 23.1.1996 (Bl. 449 d.A.) bestätigte die Beklagte die Aufhebung der Kündigung des Auftrags des Streithelfers vom 11.10.1995.

Die Parteien s...

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