Leitsatz (amtlich)
Für die Festsetzung des Streitwertes einer Klage auf Rückabwicklung einer Lebensversicherung sind die mit herausverlangten Nutzungen außer Betracht zu lassen, weil sie jedenfalls im Hinblick auf den Gebührenstreitwert gemäß § 43 GKG als neutral anzusehen sind; dies gilt insbesondere auch dann, wenn schon teilweise Rückerstattungen des Versicherers erfolgt sind.
Normenkette
GKG § 43
Verfahrensgang
LG Stralsund (Urteil vom 04.05.2021; Aktenzeichen 6a O 49/19) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 04.06.2021 gemäß dem Anerkenntnis der Beklagten abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.503,17 EUR zuzüglich Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 4.073,31 EUR seit dem 11.04.2017 und aus 1.429,86 EUR seit dem 24.05.2019 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 EUR zuzüglich Jahreszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 24.05.2019 zu zahlen.
I. Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus der fondsgebundenen Versicherung des Klägers bei der Beklagten mit der Versicherungsscheinnummer ATS-080-691 keine Ansprüche gegen den Kläger zustehen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 1/4, die Beklagte zu 3/4.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 6.000,00 EUR festgesetzt.
V. Der Streitwertbeschluss des Landgerichts Stralsund vom 01.06.2021 wird von Amts wegen abgeändert und dahingehend neu gefasst, dass der Streitwert für den ersten Rechtszug ebenfalls auf bis zu 7.000,00 EUR festgesetzt wird.
Gründe
I. Die Kostenentscheidung beruht für das Berufungsverfahren auf §§ 516 Abs. 3, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und für das Verfahren im ersten Rechtszug auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
II. Der Streitwert des Berufungsverfahrens war auf bis zu 6.000,00 EUR festzusetzen; er bestimmt sich gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG nach den Anträgen des Rechtsmittelführers.
1. Maßgeblich war danach zunächst gemäß §§ 43 Abs. 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO ein Anteil des Hauptforderungsbetrages des bezifferten Zahlungsantrages zu 1), welchen der Kläger mit seinem Rechtsmittel weiterverfolgt, in Höhe von 5.405,78 EUR; dagegen konnte der Klagebetrag deshalb nicht weitergehend bzw. in vollem Umfang berücksichtigt werden, weil er darüber hinaus Nutzungen betrifft, welche die Beklagte aus den mit dem Leistungsantrag zurückverlangten Prämien gezogen haben soll, und damit eine nach § 43 Abs. 1, 2. Alt. GKG streitwertneutrale Nebenforderung. Das Gebot einer praktischen, einfachen und klaren Wertermittlung kann für ein davon abweichendes Ergebnis nicht herangezogen werden.
a. Es wird insofern lediglich im Zusammenhang mit § 4 Abs. 1, 2. Halbsatz ZPO angeführt, weil von der Wertfestsetzung die sachliche Zuständigkeit der Gerichte und die Zulässigkeit von Rechtsmitteln abhänge; der beabsichtigte Zweck einer Vereinfachung der Berechnung werde verfehlt, wenn es in Fällen der vorliegenden Art für die Ermittlung des Zuständigkeitsstreitwertes oder der Beschwer darauf ankomme, ob und in welchem Umfang der eingeklagte Nutzungsherausgabeanspruch nach einer zum Teil schon erfolgten Rückerstattung durch den Versicherer (noch) in einem Abhängigkeitsverhältnis zu dem weiter geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der Versicherungsbeiträge stehe, von diesem also sachlich rechtlich abhänge, oder ansonsten zu einer selbständigen und damit streitwerterhöhenden Forderung geworden sei (vgl. BGH, Beschluss vom 19.12.2018, Az.: IV ZB 10/18, - zitiert nach juris -, Rn. 8 ff. m. w. N.).
b. Zwar sollen diese Überlegungen nach einer Auffassung auch für den Gebührenstreitwert gemäß §§ 39 ff. GKG gelten. Es könne insbesondere nicht darauf ankommen, ob die Ermittlung und Berechnung des im Gesamtbetrag enthaltenen Anteils der Nutzungen schwierig sei, weil bereits ein Rückkaufswert ausgezahlt wurde, oder keine Schwierigkeiten bereite, weil noch keine auf den aus Hauptforderung und Nutzungen bestehenden Gesamtbetrag anzurechnende Zahlung erfolgt sei; denn anderenfalls führe - ersichtlich sinnwidrig - eine auch nur geringe anzurechnende Zahlung des Versicherers zu einer Erhöhung des festzusetzenden Streitwerts (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.02.2019, Az.: 12 W 1/19, - zitiert nach juris -, Rn. 7 ff.). Zudem spreche der Wortlaut der §§ 4 ZPO, 43 Abs. 1 GKG für die jeweilige Wertbestimmung nicht für eine unterschiedliche Behandlung der Werte, je nachdem, ob es um die Zuständigkeit oder aber um die Gerichtsgebühren gehe; vielmehr sei im Ausgangspunkt festzuhalten, dass in beiden Gesetzeswerken die Begriffe "Nutzungen" und "Nebenforderung" identische Bedeutung hätten. Auch aus dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG werde eine gewollte ausdrückliche Verknüpfung zwischen den Regelungen der ZPO über die Zuständigkeit und deren Besti...