Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleich/Abfindung nach §§ 304, 305 AktG
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 2 KfH O 134/90) |
Tenor
1. Der Ausgleich gem. § 304 Abs. 1 AktG aus dem zwischen den Antragsgegnerinnen Ziff. 1 und 2 abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 23.03.1990/20.06.1990/27.06.1990 wird auf 9,– DM je Aktie im Nennbetrag von 50,– DM, die Abfindung gem. § 305 Abs. 1 AktG auf 183,– DM je Aktie im Nennbetrag von 50,– DM festgesetzt.
2. Der Abfindungsbetrag ist ab dem 03.07.1990 mit jährlich zwei vom Hundert über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank zu verzinsen.
3. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Ast. in beiden Rechtszügen tragen die Antragsgegnerinnen.
Tatbestand
I.
1. Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin Ziff. 1 hat am 27.6.1990 (vgl. Hauptversammlungsprotokoll Ziff. 3; Bl. 9 ff) dem Behrrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 23.03.1990 (vgl. Bl. 8 ff.) mit der Antragsgegnerin Ziff. 2 zugestimmt, wonach die Leitung der Antragsgegnerin Ziff. 1 der Antragsgegnerin Ziff. 2 unterstellt wird und der Gesamtgewinn der Antragsgegnerin Ziff. 1 an die Antragsgegnerin Ziff. 2 abzuführen ist, und zwar erstmals im Geschäftsjahr 1991.
In diesem Vertrag garantierte die Antragsgegnerin Ziff. 2 den außenstehenden Aktionären als Ausgleich gem. § 304 AktG 2,50 DM je Aktie im Nenbetrag von 50,– DM. Gem. § 305 AktG verpflichtete sie sich zum Erwerb von Aktien außenstehender Aktionäre gegen eine Barabfindung von 150,– DM je Aktie im Nennwert von 50,– DM. Zugrundegelegt ist hierbei das Gutachten der B. AG vom 19.03.1990 (GA Bd. 1 nach Bl. 25). Das Gutachten hat eine Barabfindung von 147,– DM pro Aktie und einen Ausgleich von 2,50 DM pro Aktie für angemessen erachtet.
Die Antragsteller halten diese Beträge für unangemessen niedrig und haben daher gerichtliche Festsetzung des angemessenen Ausgleichs und der angemessenen Abfindung beantragt. Sie greifen das Gutachten der B. und die im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag daraus gezogenen Folgerungen im wesentlichen mit folgenden Argumenten an:
Ihnen seien nicht sämtliche den Gutachtern zur Verfügung gestellte Unterlagen zugänglich gemacht worden, so daß ihnen eine vollständige Beurteilung des Gutachtens nicht möglich sei. Ferner stehen sie auf dem Standpunkt, weil die Antragsgegnerin Ziff. 1 seit 1987 nur im Interesse der Antragsgegnerin Ziff. 2 als Mehrheitsaktionärin in den Bau einer Papierfabrik investiert habe, handle es sich seither um einen qualifiziert faktischen Konzern. Die Antragsgegnerin Ziff. 2 habe keine Möglichkeiten mehr gehabt, ihren Betrieb auszuweiten, habe also einen weiteren Standort benötigt. Diesen habe sie bei der Antragsgegnerin Ziff. 1 gefunden. Dessen Ausbau hätte die Antragsgegnerin Ziff. 1 nie leisten können; die für die Papierfabrik verwendeten Grundstücke hätte sie also im Zweifel verpachtet und jährlich etwa 22,2 Mio. DM Pacht eingenommen. Die Investition durch die Antragsgegnein Ziff. 2 sei also für die Antragsgegnerin Ziff. 1 nachteilig, ihren Aktionären stehe deshalb ein Schadensersatzanspruch nach § 317 AktG zu.
Da andererseits der Ertragswert der Antragsgegnerin Ziff. 1 ohne die Papierfabrik O gewesen wäre, sei der Liquidationswert maßgebend. In diesem Zusammenhang stehen die Antragsteller auch auf dem Standpunkt, dieses, für den Ausbau der Papierfabrik beanspruchte Grundvermögen müsse als nicht notwendiges Vermögen in die Bewertung eingehen, die Vorlaufkosten für die Investition müßten bei der Schätzung des Ertragswerts eliminiert werden.
Sodann sind die Antragsteller der Meinung, daß der Kapitalisierungszinsfuß viel zu hoch angesetzt sei; statt dem Nominalzins müsse der Realzins beachtet werden, dies allenfalls mit einem Risikozuschlag von 50 %, so daß sich 5,25 % ergäben. Ähnliches ergebe sich aus der Heranziehung der Renditeverhältnisse auf dem langfristigen Kapitalmarkt. Die Antragsteller wenden sich weiter gegen die Annahme eines Risikozuschlags. Schließlich beanstanden sie, daß Vertriebskosten, die die Antragsgegnerin Ziff. 1 an die Antragsgegnerin Ziff. 2 leiste, einbezogen worden seien, daß der Reparaturkostenaufwand angesichts ganz neuer Maschinen zu hoch angesetzt sei, daß die Möglichkeiten des Holzeinkaufs nicht als erlössteigernd berücksichtigt, daß die Reinvestitionsrate infolge der Annahme zu geringer Nutzungsdauer zu hoch und verschiedene steuerliche Probleme nicht angemessen berücksichtigt worden seien.
2. Das LG Stuttgart hat nach Einziehung von Sachverständigenbeweis (vgl. Gutachten des K. Gesellschaft vom 10. Dezember 1992) durch Beschluß vom 29.10.1992 den Ausgleich auf 9 DM/Aktie und die Abfindung auf 183,50 DM/Aktie festgesetzt und die Verfahrenskosten den Antragsgegnerinnen auferlegt (GA 341–354). Die hiergegen mit dem Ziel der Festsetzung höherer Beträge gerichteten sofortigen Beschwerden der Antragsteller Ziff. 1, 4–7 hat der Senat ebenso wie die mit umgekehrter Zielrichtung erhobenen Anschlußbeschwerde der Antragsgegner...