Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Auswirkung von Veränderungen der Uferlinie am Bodensee auf die Größe eines Ufergrundstücks

 

Leitsatz (amtlich)

1. Festsetzungen nach Art. 7 Abs. 4 württWG kommt eine Bindungswirkung zu mit der Folge, dass nachfolgende tatsächliche Schwankungen der mittleren Hochwasserlinie nicht mehr zu einer Änderung der rechtlich maßgeblichen, vermarkten Uferlinie führten.

2. Bei Flächen, die infolge der Änderung der Vorschriften zur Bestimmung der Uferlinie durch § 7 Abs. 1 WasG BW 1960 nicht mehr zum Gewässerbett gehörten, handelt es sich um herrenlose Grundstücke, die dem Aneignungsrecht des Landes unterliegen (§ 928 Abs. 2 BGB).

 

Normenkette

BGB § 928 Abs. 2; GVG §§ 13, 17a Abs. 4-5; WasG BW 1960 § 7 Abs. 1, § 8 Abs. 2, §§ 10-11, 130; WasG BW 1996 § 123a; WasG BW § 7 Abs. 2 S. 2, § 10 Abs. 6; WasG BW Art. 7 Abs. 3-4, Art. 9 Abs. 1, Art. 9; ZPO § 256

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Urteil vom 18.04.2018; Aktenzeichen 6 O 156/17)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 18.04.2018, 6 O 156/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Zu diesem Beschluss kann bis zum 21.08.2018 Stellung genommen werden.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Eigentümer eines auf der Gemarkung K. gelegenen Grundstücks. Mit der vorliegenden Klage macht er geltend, dass dieses Grundstück mit seiner seeseitigen Grenze sich bis zur Linie des so genannten Mittelwasserstandes erstreckt.

Hinsichtlich des Tatbestandes wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Zu ergänzen ist, dass die königliche Regierung des Donaukreises mit Verfügung Nr. 10925 vom 26.12.1906 (Anlage K 3) die Uferlinie des Bodensees im streitgegenständlichen Bereich auf Grundlage des damals geltenden Art. 7 des württembergischen Wassergesetzes (württWG) festgelegt hat. Infolge dieser Verfügung wurde die Uferlinie wie auf den von dem Kläger vorgelegten Plänen ersichtlich (Anlagen K 1 und K 8) vermarkt. Weiter ist festzustellen, dass die nach württembergischem Wasserrecht maßgebliche Linie des mittleren Hochwasserstandes im Zeitraum von 1906 bis zum Inkrafttreten des baden-württembergischen Wassergesetzes (bwWG) am 01.03.1960 um 11,9 cm gesunken ist.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar sei der beschrittene Rechtsweg zulässig, und der Kläger habe auch ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 ZPO. Die Klage sei jedoch unbegründet. Der streitgegenständliche Uferstreifen, die sog. Uferkrawatte, die infolge der Veränderung der Uferlinie durch das baden-württembergische Wassergesetz entstanden sei, stehe im Eigentum des Landes. Das Land habe den zunächst herrenlosen Grundstücksstreifen (§ 928 Abs. 2 BGB) sich infolge der am 01.01.1996 in Kraft getretenen Änderung des bwWG (§ 123a WG) angeeignet. Auf die "Wirksamkeit der Uferlinie von 1906" komme es dabei nicht an. Der Gesetzgeber des Änderungsgesetzes habe "die Herrenlosigkeit der entsprechenden Grundstücke festgelegt".

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht eingelegten und mit einer Begründung versehenen Berufung. Der Kläger trägt vor, das Landgericht habe den Fall nicht recht durchgedrungen. Es habe übersehen, dass über Art. 9 württWG ein Eigentumserwerb erfolgt sei, weil und soweit die mittlere Hochwasserlinie sich bis 1960 geändert hat. Jedenfalls in diesem Uferbereich sei kein Raum für die eine Annahme einer Herrenlosigkeit des Grundstücks. Die Neuregelung in § 123a bwWG i.d.F. vom 01.01.1996 habe sich allein auf den durch die Verlagerung der Uferlinie entstandenen Uferstreifen bezogen. Im Übrigen wiederholt und vertieft der Kläger seinen bereits in erster Instanz gehaltenen Vortrag.

Der Kläger beantragt,

1. Das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 18.04.2018 Az. 6 O 156/17 wird aufgehoben.

2. Es wird festgestellt, dass sich das Eigentum des Klägers am Grundstück mit der Flurstück Nr. 19... in der Gemarkung K. auch auf den Bereich der so genannten "Uferkrawatte" erstreckt, d.h. auf die Fläche zwischen der abgemarkten seeseitigen Grundstücksgrenze und der Linie des Mittelwasserstands des Bodensees, wie in der Anlage K8 entsprechend der grünen Linien eingezeichnet ist.

Das beklagte Land hat im Berufungsverfahren noch keinen Antrag gestellt.

II. Die gemäß § 511 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist zulässig. Sie hat nach übereinstimmender Auffassung des Senats jedoch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Berufung zeigt keine Gesichtspunkte auf, die eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigen.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Landgericht hat die zulässige, den richtigen Rechtsweg beschreitende (1.) Klage zu Recht abgewiesen (2.).

1. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet (a.). An der Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken (b.).

a. Der Senat ist an die Bejahung des beschrittenen Rechtswegs durch das Landgericht zwar nicht gebunden (aa.),...

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