Entscheidungsstichwort (Thema)
Wird im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs ein Sondereigentum als Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung bezeichnet, obwohl der Miteigentumsanteil nach der in der Eintragungsbewilligung in Bezug genommenen Teilungserklärung mit dem Sondereigentum an Räumen verbunden und dort als Teileigentum bezeichnet ist, ist die Eintragung inhaltlich unzulässig und daher nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO zu löschen. Da eine unzulässige Eintragung nicht Grundlage für weitere Eintragungen sein kann, sind auch alle nachfolgenden Eintragungen als unzulässig zu löschen mit der weiteren Folge, dass das Grundbuchblatt zu schließen ist und die folglich noch unerledigten Eintragungsanträge neu zu bescheiden sind. (Rn. 21)
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Auslegung einer Grundbucheintragung ist stets auf den Wortlaut und Sinn der Teilungserklärung abzustellen, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Umstände außerhalb der Eintragung und der dort zulässig in Bezug genommenen Unterlagen, insbesondere also der Teilungserklärung und der Gemeinschaftsordnung, dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Anschluss BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2014 - V ZB 7/13). (Rn. 18)
2. Vorliegend lässt die Verwendung des Begriffs "Teileigentum" in der endgültigen Teilungserklärung erkennen, dass die teilende Eigentümerin den benutzten Begriff "Räume" im Sinne von Teileigentum verstanden hat. Dies wird bestärkt dadurch, dass im Gegensatz zu der vorläufigen Teilungserklärung an keiner einzigen Stelle der späteren endgültigen Teilungserklärung im Zusammenhang mit der Einheit ein Begriff verwendet wird, der auch nur ansatzweise konkret auf eine Zweckbestimmung als Wohnung hinweisen könnte, während alle anderen Eigentumseinheiten als Wohnung oder Apartment gekennzeichnet sind. Die Teilungserklärung stellt grundsätzlich eine einheitliche Erklärung dar, so dass sie auch im Rahmen der Auslegung als solche zu behandeln ist. (Rn. 19)
Normenkette
GBO § 53 Abs. 1 S. 2, § 71 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Böblingen (Aktenzeichen BOE019 GRG 438/2020) |
AG Böblingen (Aktenzeichen BOE019 GRG 300/2020) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligen zu 2) und 3) wird das Grundbuchamt angewiesen, das Grundbuch von Tübingen, Blatt xxx, zu schließen und hinsichtlich des darin beschriebenen Wohnungseigentums nach Nr. 07 der endgültigen Teilungserklärung vom 23.07.1996 (im Aufteilungsplan mit Nr. "A 3" bezeichnet) unter Beachtung der Ausführungen in diesem Beschluss über den Eintragungsantrag vom 29.07.1996 sowie die nachfolgend gestellten Anträge erneut zu entscheiden.
2. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I. Unter dem 29.07.1996 wurde beim Grundbuchamt Tübingen - Grundbuchamt - der Vollzug von Anträgen zur Bildung von Wohnungseigentum gemäß der vorläufigen Teilungserklärung vom 18.12.1995 und der endgültigen Teilungserklärung vom 23.07.1996 beantragt.
In der vorläufigen Teilungserklärung ist unter § 1 Nr. 6 der vorliegend streitgegenständliche 284/2.000 Miteigentumsanteil "verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. A 3 bezeichneten Wohnung mit Balkon im Erdgeschoss mit Abstellraum im Untergeschoss im Neubau uns Garage". Auch bei den übrigen Eigentumseinheiten wurde der jeweilige Miteigentumsanteil mit dem Sondereigentum an einer Wohnung verbunden.
In § 2 "Sondernutzungsrechte, Gebrauchsregelung i.S.§ 15 WEG" ist unter Ziffer 4 diese Einheit ebenfalls als "Wohnungseigentum" bezeichnet. In dem dazugehörigen Aufteilungsplan sind die Räume hingegen mit "Büro", "Vorzimmer", "Besprechung" bezeichnet. Ein Bad/WC und eine Diele sind vorgesehen, dagegen keine Küche, kein Schlaf- Ess- oder Kinderzimmer. Auf Seite 11 findet sich unter § 5 b) eine Regelung zur Nutzungsänderung mit folgendem Inhalt:
"Die bei den einzelnen Nutzungsrechten im Aufteilungsplan angegebene Nutzungsart darf vom jeweiligen Nutzungsberechtigten geändert werden, wenn dadurch das gemeinschaftliche Eigentum nicht erheblich beeinträchtigt oder für den Berechtigten des anderen Sondereigentums sich hieraus nicht ein erheblicher Nachteil ergibt."
In der endgültigen Teilungserklärung vom 23.07.1996 ist ausdrücklich niedergelegt, dass die vorläufige Teilungserklärung in § 1 geändert und neu gefasst wird. Sodann werden unter Ziffer 07 die im Aufteilungsplan mit "A 3" bezeichneten Räume nicht mehr als "Wohnung" bezeichnet, sondern als "Räume". Im ebenfalls neu gefassten § 2 findet sich sodann die Bezeichnung "Teileigentum". Alle übrigen Sondereigentumseinheiten werden als "Wohnung" oder "Appartement" bezeichnet. Die §§ 3-16 der vorläufigen Teilungserklärung wurden auf den beigefügten amtlichen Aufteilungsplan bezogen wiederholt (§ 3 der endgültigen Teilungserklärung). Die Bezeichnung der Räume der Einheit A 3 im ebenfalls neuen Aufteilungsplan ist gleich, mit Ausnahme der früheren Terrasse, die nun als Be...