Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhungsgebühr/Immobilienfonds
Leitsatz (amtlich)
Dass die in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossenen Gesellschafter in prozessualer Hinsicht eine Personenmehrheit bilden mit der Folge, dass eine erhöhte Prozessgebühr zu erstatten ist, gilt auch für eine mit einer gut organisierten Verwaltung (hier: GmbH) ausgestatteten Grundstücksgesellschaft (Immobilienfonds mit ca 400 Gesellschaftern).
Normenkette
BRAGO § 6 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Tübingen (Aktenzeichen 3 O 1/99) |
Gründe
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Beklagte – Mieter von Geschäftsräumen im den Klägern gehörenden „Altstadtzentrum” – eingewandt, es dürfe keine nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO erhöhte Prozessgebühr (Erhöhung um 20/10) zugunsten der Kläger festgesetzt werden, weil die Verwalterin das Verfahren in „faktischer Prozessstandschaft” geführt habe.
Wie der Senat wiederholt ausgesprochen hat, bilden die in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossenen Gesellschafter in prozessualer Hinsicht eine Personenmehrheit mit der Folge, dass eine Erhöhung der Prozessgebühr nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO regelmäßig anfällt und auch erstattungsfähig ist (Die Justiz 1980, 238 = JurBüro 1980, 1176; Die Justiz 1997, 58 – jeweils für die Anwaltssozietät). Dies steht im Einklang mit der inzwischen wohl überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. z. B. OLG Koblenz, JurBüro 1997, 583; Gerold/Schmidt/von Eicken, BRAGO, 14. Aufl., § 6 Rn. 10–12; Hansens, BRAGO, 8. Aufl., § 6 Rn. 6). Dies gilt auch für eine mit einer gut organisierten Verwaltung ausgestattete Grundstücksgesellschaft (z. B. für einen geschlossenen Immobilienfonds: unveröffentlicher Senatsbeschluss 8 W 253/96 vom 28.1.1997) und gleichermaßen für die Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. BGH NJW 1987, 2240).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen kann den Gesellschaftern eine Verpflichtung zur Bestellung eines Prozessstandschafters unter Verzicht auf ihre Parteistellung grundsätzlich nicht angesonnen werden (Senat, Die Justiz 1997, 58). Da die Kläger auch im vorliegenden Fall als Gesamthandsgläubiger und nicht als Gesamtgläubiger nach § 428 BGB anzusehen sind (vgl. BGH NJW 1996, 2859 bzgl. Anwaltssozietät), ist für die Annahme einer kostenrechtlichen Verpflichtung zur Begründung einer Prozessstandschaft kein Raum.
Der Senat verkennt nicht, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die fast 400 Anteilsinhaber, die von einer professionell organisierten Geschäftsführerin vertreten werden (und sich im Geschäftsraummietvertrag mit dem Beklagten als „Firma” mit der Angabe „Gesellschaft bürgerlichen Rechts” ausgegeben haben), die Verdreifachung der normalen Prozessgebühr vom Ergebnis her Bedenken auszulösen vermag. Indes kommt es bei der Zubilligung einer erhöhten Prozessgebühr nicht auf den tatsächlichen Mehraufwand an; vielmehr liegt § 6 Abs. 1 BRAGO eine pauschalierende Wertung zugrunde, wie der BGH insbesondere zur Wohnungseigentümergemeinschaft wiederholt näher ausgeführt hat. Im Interesse einer leichten Handhabung im Kostenfestsetzungsverfahren erscheint es geboten, die Frage, ob eine Mehrheit von Auftraggebern oder eine Einheit vorliegt, nur nach der äußeren Rechtsform zu beurteilen und einzelfallbezogene Differenzierungen je nach Art oder Organisationsgrad der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu vermeiden.
Fundstellen
Haufe-Index 512367 |
Rpfleger 2000, 427 |