Leitsatz (amtlich)
1. Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens richtet sich nach dem materiellen Interesse des Antragstellers an der Beweiserhebung. Die vom Sachverständigen ermittelten Kosten für die Beseitigung von Mängeln sind zugrunde zu legen. Werden die tatsäclichen Mängelbeseitigungskosten innerhalb der Frist des § 63 Abs. 3 S. 2 GKG festgestellt, kann dies eine Korrektur der ermittelten Wertfestsetzung erfordern.
2. Der Wert des selbständigen Beweisverfahrens ergibt sich nur aus dem Teil des Hauptsacheverfahrens, auf den sich die Beweiserhebung bezieht.
Normenkette
ZPO §§ 485 ff.; GKG § 68
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 02.09.2009; Aktenzeichen 18 OH 20/08) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Streitwertbeschluss der Einzelrichterin der 18. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 2.9.2009 wird verworfen.
2. Der Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG Stuttgart den Streitwert für das selbständige Beweisverfahren auf 12.999,32 EUR festgesetzt. Dabei hat es die vom Sachverständigen im Gutachten und Ergänzungsgutachten ermittelten Mangelbeseitigungskosten der Wertfestsetzung zugrunde gelegt. Das Ergänzungsgutachten vom 10.7.2009 wurde den Parteien mit Verfügung vom 17.7.2009 übersandt. Ihnen wurde Gelegenheit zur Mitteilung etwaiger Einwendungen gegen das Gutachten gegeben bis zum 14.8.2009. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass das Verfahren mit Ablauf der gesetzten Frist beendet ist (Bl. 86 d.A.).
Mit ihrer Beschwerde strebt die Antragstellerin die Festsetzung des Streitwerts auf 30.541,38 EUR an. Sie trägt vor, dass sie die festgestellten Mängel durch Fachhandwerker habe beseitigen lassen und hierfür insgesamt 24.368,50 EUR aufgewendet habe. Weiter habe sie an den Antragsgegner eine Abschlagszahlung i.H.v. 3.000 EUR geleistet, die in den Streitwert mit einzubeziehen sei. Schließlich stehe ihr ein Nutzungsausfall i.H.v. 3.172,88 EUR zu, der ebenfalls bei der Festsetzung des Streitwerts berücksichtigt werden müsse.
Der Beschluss vom 2.9.2009 ist der Antragstellerin am 4.9.2009 zugegangen. Die Beschwerde der Antragstellerin ging am 4.3.2010 beim LG Stuttgart ein (Bl. 92 d.A.). Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gem. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG statthafte Beschwerde ist bereits nicht zulässig.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist verspätet. Gemäß § 68 Abs. 3 S. 3 GKG ist die Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Abs. 1 S. 2 GKG bestimmten Frist von 6 Monate nach Erledigung des Verfahrens eingelegt wird. Diese Frist hat die Antragstellerin vorliegend nicht eingehalten. Das selbständige Beweisverfahren war mit Ablauf des 14.8.2009 beendet. Die Beschwerde ist erst nach Ablauf der Frist gem. §§ 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG beim LG am 4.3.2009 eingegangen.
Folgt der selbständigen Beweisaufnahme kein Hauptsacheprozess, ist das Verfahren mit der Zusendung des Sachverständigengutachten und Ablauf der den Parteien gem. §§ 492 Abs. 1, 411 Abs. 4 S. 2 ZPO gesetzten Frist beendet (OLGReport Frankfurt 2001, 103, OLG Köln NJW-RR 1997, 1220 m.w.N.) Vorliegend hat das LG den Parteien unter Hinweis auf die anschließende Verfahrensbeendigung Gelegenheit gegeben, Einwendungen gegen das Gutachten bis 14.8.2009 vorzubringen. Mit Ablauf dieser Frist, in der die Parteien keine Einwendungen, Anträge oder Ergänzungsfragen vorgetragen haben, war das Verfahren mithin beendet. Der anschließenden Feststellung im Beschluss vom 2.9.2009 kam mithin lediglich deklaratorische Wirkung zu (vgl. OLGReport Frankfurt 2001, 103).
Die Beschwerde der Antragstellerin ist beim LG erst nach Ablauf der am 15.8.2009 begonnenen 6-Monats-Frist am 4.3.2009 eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war der Streitwert schon länger als einen Monat vom LG, nämlich bereits durch Beschluss vom 2.9.2009 festgesetzt worden. Die Antragstellerin hatte von dem angegriffenen Beschluss seit 4.9.2009 Kenntnis, so dass auch die Frist des § 68 Abs. 1 S. 3, 2. HS GKG (deutlich) überschritten ist.
2. Im Übrigen wäre das Rechtsmittel auch unbegründet. Das LG hat in der Sache zutreffend entschieden.
Der Streitwert des selbständigen Beweisverfahrens richtet sich nach dem materiellen Interesse des Antragstellers an der Beweiserhebung. Dieses Interesse entspricht regelmäßig dem Wert des Hauptsacheverfahrens bzw. bei einem isolierten Beweisverfahren dem Wert des beabsichtigten Hauptsacheverfahrens (BGH NJW 2004, 3488). Sind wie vorliegend Gegenstand des Beweisverfahrens die Feststellung von Mängeln und deren Beseitigungskosten, sind die vom Sachverständigen ermittelten Beseitigungskosten der Wertfestsetzung zugrunde zu legen (OLG Celle BauR 2004, 705; OLG Düsseldorf BauR 2001, 883; OLG Düsseldorf BauR 2001, 1785; OLG Frankfurt NJW-RR 2000, 613; OLG Köln OLGReport Köln 1999, 356). Vorliegend hat der Sachverständige sämtliche geltend gemachten Mänge...