Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Schranken eines Sondernutzungsrechts. Gewährung eines Durchgangsrechts. Schranken eines Sondernutzungsrechts. Umfang eines Sondernutzungsrechts
Leitsatz (amtlich)
Aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer kann sich aus den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls ergeben, dass ein Eigentümer mit einem Sondernutzungsrecht an einer Gartenfläche verpflichtet ist, dem benachbarten Miteigentümer, der keinen äußeren Zugang zu seiner ebenfalls im Sondernutzungsrecht stehenden Gartenfläche hat, zu deren ordnungsgemäßer Bewirtschaftung zu bestimmten Zeiten Durchgang zu gewähren
Normenkette
WEG §§ 13-14
Verfahrensgang
AG Ludwigsburg (Aktenzeichen 3 GR I 18/2000 WEG) |
LG Stuttgart (Aktenzeichen 19 T 295/2000) |
Gründe
I.
Die Beteiligten bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die 10 Wohneinheiten in einem mehrstöckigen, neu errichteten Gebäude sowie Kfz.-Stellplätze in der Tiefgarage umfasst auf der Grundlage einer Teilungserklärung von 1995. Die Eigentümer der beiden im Erdgeschoss liegenden Wohnungen, denen jeweils im Grundbuch eingetragene Sondernutzungsrechte an den anliegenden Freiflächen – in der Anlage zur Teilungserklärung als„Terasse, Grünfläche und Garten” bezeichnet – zustehen, streiten darüber, ob das Sondernutzungsrecht des Antragsgegners Ziff. 1 (im folgenden: Beschwerdeführer) durch ein „Wegerecht” zugunsten der Antragsteller beschränkt ist.
Dieörtlichen Verhältnisse an dem 6,81 a großen Grundstück stellen sich … wie folgt dar:
- DerBeschwerdeführer ist Eigentümer der mit Nr. 1 bezeichneten, im Erdgeschoss rechts gelegenen Wohnung, der das Sondernutzungsrecht an der gesamten freien Grundstücksfläche südlich, östlich und nördlich seiner Wohnung – mit Ausnahme eines schmalen Bereichs an der Straße für Mülleimer – zugeordnet ist.
- DieAntragsteller sind Eigentümer der mit Nr. 2 bezeichneten, im Erdgeschoss links gelegenen Wohnung; ihnen ist das Sondernutzungsrecht an zwei Grundstücksflächen südlich und nördlich ihrer Wohnung eingeräumt, die jedoch untereinander in keiner Verbindung stehen, da auf der Westseite des Hauses der Freiraum bis zur Grundstücksgrenze in voller Breite durch die Tiefgarageneinfahrt in Anspruch genommen wird. Während die südliche Freifläche (ca 30 qm) an der Straße liegt, ist die nördlich gelegene (= rückwärtige) Gartenfläche mit einer Größe von ca. 130 qm nur durch die Wohnung erreichbar; ein Durchgang durch das Kellergeschoss bzw. die Tiefgarage besteht nicht.
§ 11 Nr. 2 derTeilungserklärung bestimmt, dass die Sondernutzungsrechte hinsichtlich Instandhaltung und Verkehrssicherungspflicht wie Sondereigentum zu behandeln sind. Nr. 3 gestattet den Sondernutzungsberechtigten, an der nördlich gelegenen Terrasse auf eigene Kosten jeweils einen Wintergarten zu errichten.
DieAntragsteller halten sich für berechtigt, den Gartenteil des Beschwerdeführers insoweit mitbenützen zu dürfen, als dies zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ihres rückwärtigen Gartens erforderlich ist. Sie machen geltend, eine Bewirtschaftung dieses Grundstücksteils ohne Zugang über den benachbarten Sondernutzungsbereich sei unmöglich, jedenfalls aber unzumutbar.
DerBeschwerdeführer vertritt demgegenüber die Ansicht, er habe ein unbeschränktes und unbeschränkbares Alleinbenutzungsrecht der ihm zugewiesenen Gartenfläche; dass der nördliche Garten der Wohneinheit Nr. 2 keinen freien Zugang habe, sei aus dem Grundbuch und den Teilungsplänen für jedermann ersichtlich und auch den Antragstellern beim Erwerb der letzten freien Wohnung der Anlage bekannt gewesen.
Nachdem der Beschwerdeführer – in Abweichung von seinem anfänglichen Verhalten – den Antragstellern den Durchgang über seine Gartenfläche verweigert hatte, haben die Antragsteller beimAmtsgericht beantragt, ihn zu verpflichten, ihnen für die Instandhaltung ihres rückwärtigen Gartens das Überqueren seines seitlichen und rückwärtigen Gartenteils, insbesondere mit Rasenmäher, Schubkarre und Grüngut, zu ermöglichen und im einzelnen bezeichnete Durchgangshindernisse zu entfernen. Außerdem haben sie beantragt, die Eigentümergemeinschaft solle verpflichtet werden, entsprechende Beschlüsse zu fassen.
DasAmtsgericht hat den Beschwerdeführer unter Hinweis auf die sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis ergebenden immanenten Schranken des Sondernutzungsrechts verpflichtet, „… den Antragstellern alle zwei Wochen für zwei Stunden zu einem festen Termin auf einem einen Meter breiten Streifen entlang der nördlichen und östlichen Grundstücksgrenze den Durchgang zu gewähren” und „die insoweit dem Durchgang entgegenstehenden Neuanpflanzungen zu entfernen”. Die weitergehenden Anträge der Antragsteller hat das Amtsgericht zurückgewiesen, insbesondere auch, soweit sie sich auf eine bestimmte Beschlussfassung gerichtet haben.
Auf die sofortige Beschwerde – nur – des Antragsgegners Ziff. 1 hat dasLandgericht die amtsgerichtliche Entscheidung abgeändert und auch die erfolgreichen Anträge der Antragsteller zurückgewiesen, weil sich aus dem A...