Leitsatz (amtlich)

Es ist nachlässig i.S.d. § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO, wenn ein Unternehmen, das sich auf eine fehlende Zustimmung seines leitenden Mitarbeiters zu einem von der Klägerin behaupteten Vergleichsabschluss beruft, bei einer überschaubaren Anzahl der in Betracht kommenden Mitarbeiter (hier: die im Büro arbeitende Sekretärin) nicht bereits während des Verfahrens erster Instanz nachforscht, ob diese Mitarbeiter Umstände im Zusammenhang mit der behaupteten fehlenden Zustimmung zum Vergleichsabschluss bezeugen können (Fortführung OLG Stuttgart, Urt. v. 7.12.2010 - 10 U 140/09, BauR 2011, 555).

 

Normenkette

ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 01.10.2010; Aktenzeichen 8 O 416/09 Zo)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Heilbronn vom 1.10.2010 - 8 O 416/09 Zo - wird durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Beklagten zur Last.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 19.699,02 EUR.

 

Gründe

Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts.

Das LG hat der Klage mit zutreffenden Erwägungen stattgegeben. Die im Berufungsschriftsatz vom 23.12.2010 sowie in den Schriftsätzen vom 25.1.2011, 8.2.2011, 15.2.2011 und 28.2.2011 in Reaktion auf den Hinweisbeschluss vom 3.1.2011 enthaltenen Ausführungen rechtfertigen keine andere Bewertung.

Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist das Berufungsgericht an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGHZ 158, 269, juris Rz. 8 f.). Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich auch aus der Möglichkeit unterschiedlicher Wertung ergeben, insbesondere daraus, dass das Berufungsgericht das Ergebnis einer erstinstanzlichen Beweisaufnahme anders würdigt als das Gericht der Vorinstanz. Wenn sich das Berufungsgericht von der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung nicht zu überzeugen vermag, so ist es an die erstinstanzliche Beweiswürdigung, die es aufgrund konkreter Anhaltspunkte nicht für richtig hält, nicht gebunden, sondern zu einer erneuten Tatsachenfeststellung berechtigt und verpflichtet (BGHZ 162, 313 juris Rz. 7).

1. Die von der Beklagten angegriffene Beweiswürdigung des LG ist nicht zu beanstanden. Das LG hat sich ausführlich mit der Aussage des Zeugen G auseinandergesetzt. Dabei ist es unter Berücksichtigung der vorgelegten Faxe vom 16.2.2009 (Anlage K 6) und vom 15.2.2009 (Bl. 124 d.A.) zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Aussage des Zeugen G glaubhaft ist. Dagegen hat es die Aussage des Zeugen P, dem Bruder der Geschäftsführerin der Beklagten, der bei der Beklagten mit umfassender Zuständigkeit leitend tätig ist, nachvollziehbar als interessengeleitet zugunsten der Beklagten angesehen und ihr daher kein entsprechendes Gewicht gegeben. Dies ist entgegen der Auffassung der Beklagten kein Problem der Beweislastverteilung. Vielmehr war das LG von dem Abschluss des Vergleichs zwischen den Parteien aufgrund der Aussage des Zeugen G überzeugt. Dann kommt keine kein Beweislastentscheidung aufgrund eines non liquet in Betracht.

Das LG hat dabei dem vom Zeugen G bekundeten Faxverkehr im Vorfeld des 15.02./16.2.2009 keine besondere Bedeutung beigemessen. Allein der Umstand, dass der Zeuge G einen solchen Faxverkehr angenommen hat, den die Klägerin weder vorgetragen noch sonst behauptet habe, spricht ebenfalls eher für als gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Daraus ergibt sich, dass der Zeuge G den Ablauf der Verhandlungen so geschildert hat, wie er sie noch in Erinnerung hatte. Bei einer abgesprochenen Aussage zugunsten der Klägerin hätte es einen derartigen Unterschied in der Einlassung des Zeugen zum Vortrag der Klägerin nicht gegeben.

Die Einlassungen des Geschäftsführers der Klägerin X anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 7.5.2010 bezüglich des Gesprächs am 13.2.2009 mit dem Zeugen G hinsichtlich einer Einigung mit der Beklagten stehen nicht im Widerspruch zu der Aussag...

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