Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsfestsetzung im vereinfachten Verfahren
Verfahrensgang
AG Hechingen (Aktenzeichen 11 FH 14/99) |
Tenor
Das Verfahren 11 FH 14/99 des Amtsgerichts – Familiengericht – Hechingen wird an den Rechtspfleger beim Amtsgericht – Familiengericht – Hechingen zur Entscheidung über den Rechtsbehelf des Antragstellers als Erinnerung in eigener Zuständigkeit
abgegeben.
Tatbestand
I.
Das antragstellende, minderjährige Kind hat die Umstellung eines statischen Alttitels auf einen dynamischen Titel über einen Unterhaltsbetrag von 115 % der Regelbeträge aus den jeweiligen Altersstufen beantragt. Hinsichtlich der dritten Altersstufe erstrebte es die Festsetzung ab dem 13. Lebensjahr ohne zeitliche Begrenzung. Der Rechtspfleger beim Familiengericht hat den Festsetzungsbeschluss antragsgemäß erlassen, allerdings mit einer zeitlichen Begrenzung bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.
Gegen diese zeitliche Begrenzung wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Rechtsbehelf des Antragstellers ist als Beschwerde nach § 652 ZPO nicht zulässig. Zwar ist sie ihm als antragstellendem Kind im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger gegen Entscheidungen des Rechtspflegers beim Familiengericht (§§ 23 a Nr. 3, 23 b Abs. 1 S. 2 Nr. 5 GVG, §§ 621 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO, § 20 S. 1 Nr. 10 Buchst. a RPflG) als sofortige Beschwerde grundsätzlich eröffnet (§ 652 Abs. 1 ZPO), doch kann er mit dieser Beschwerde lediglich die in § 648 Abs. 1 ZPO bezeichneten Einwendungen, die Zulässigkeit von Einwendungen nach § 648 Abs. 2 ZPO und die Unrichtigkeit der Kostenfestsetzung geltend machen (§ 652 Abs. 2 ZPO).
Zwar regelt § 648 ZPO nur Einwendungen, die der Antragsgegner im vereinfachten Verfahren geltend machen kann. Gleichwohl wird durch § 652 Abs. 2 ZPO im Interesse einer beschleunigten Durchführung des vereinfachten Verfahrens durch die Verweisung jedenfalls auf § 648 Abs. 2 ZPO auch die Beschwerdebefugnis des Antragstellers eingeschränkt, wie sich durch die Inbezugnahme auf die dort „bezeichneten Einwendungen” ohne personale Beschränkung ergibt (im Ergebnis ebenso BT-Drucks. 13/7338 S. 42; Musielak/Borth, ZPO, 1999, § 652 Rz. 2; Rühl/Greßmann, Kindesunterhaltsgesetz, Rz. 263).
Unter § 648 Abs. 1 ZPO fällt jedoch nicht der Fall, dass das Familiengericht das Ende der Unterhaltspflicht des Antragsgegners entgegen dem Antrag des Antragstellers – wenn man in diesem überhaupt eine „Einwendung” im Sinne des § 648 Abs. 1 Nr. 2 ZPO sehen wollte – auf die Vollendung des 18. Lebensjahres des Antragstellers festgestellt hat. Dies gibt bereits der Wortlaut von Nr. 2 nicht her, der ausdrücklich auf „den Zeitpunkt, von dem an Unterhalt gezahlt werden soll”, also auf den Beginn der Unterhaltspflicht im Sinne des § 1613 BGB abstellt (dazu BT-Drucks. a.a.O. S. 40). Es ist aber jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung auch keine entsprechende Anwendung von Nr. 2 geboten, weil für sie in der Regel kein besonderes Beschleunigungsbedürfnis besteht und der Antragsteller seine Rechte mit der Abänderungsklage weiter verfolgen kann.
Zur Rechtsverfolgung hinsichtlich der „Einwendungen”, mit denen der Antragsteller im Beschwerderechtszug nach § 652 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen ist, soll er grundsätzlich auf die Abänderungsklage nach § 654 ZPO verwiesen sein (Musielak/Borth, a.a.O. § 652 Rz. 1 a.E.). Mit ihr können die Parteien des vereinfachten Verfahrens die Heraufsetzung oder Herabsetzung des im Festsetzungsbeschluss titulierten Unterhaltsbetrages betreiben (§ 654 Abs. 1 ZPO). Dies dürfte zwar den vorliegenden Fall nicht erfassen, da das Familiengericht vorliegend durch die Einfügung der zeitlichen Begrenzung auf die Vollendung des 18. Lebensjahres über den Unterhaltsanspruch des Antragstellers für die Zeit seiner Volljährigkeit gerade keine Entscheidung getroffen hat. Hat das Familiengericht aber für die Zeit der Volljährigkeit keine Entscheidung getroffen, ist dem Antragsteller insoweit die Erstklage eröffnet.
2. Die vom Antragsteller eingelegte Beschwerde ist aber als Erinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Rechtspflegergesetzes und anderer Gesetze vom 6.8.1998 (BGBl. I 2030), in Kraft getreten am 1.10.1998, auszulegen. Ihr kann der Erklärungsgehalt entnommen werden, dass mit ihr der zulässige Rechtsbehelf eingelegt sein soll, wie ohnehin Prozesshandlungen stets auslegungsfähig sind (dazu Musielak, a.a.O., Einl. Rz. 62) und im Sinne ihrer Zulässigkeit auszulegen sind. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass diese Erinnerung überhaupt stattfindet. Dies ist zu bejahen.
a) Die Erinnerung findet statt, wenn gegen die Entscheidung nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften ein Rechtsmittel nicht gegeben ist. In der Literatur ist umstritten, ob ein Rechtsmittel nur dann nicht gegeben ist, wenn ein solches nicht statthaft oder zwar statthaft, aber im Einzelfall allgemein unzulässig ist (s. Hansens in: Arnold/Meyer-Stolte/Han...