Leitsatz (amtlich)

1. Anrechte eines Ehegatten beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg sind seit der Änderung der Versorgungssatzung zum 1.12.2002 im Wege der Realteilung auszugleichen. Dies gilt auch dann, wenn der Endstichtag gem. § 1587 Abs. 2 BGB vor diesem Zeitpunkt liegt.

2. Die Durchführung der Realteilung erfolgt durch Halbierung der vom Ausgleichpflichtigen in der Ehe erworbenen Monatsrente und Begründung einer entspr. Anwartschaft auf einem für den Ausgleichsberechtigten beim Versorgungswerk einzurichtenden Versicherungskonto.

 

Verfahrensgang

AG Nürtingen (Urteil vom 27.11.2003; Aktenzeichen 17 F 85/2002)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde des Versorgungswerks der Architektenkammer Baden-Württemberg wird das Urteil des AG Nürtingen – FamG – vom 27.11.2003 (17 F 85/02) in seiner Ziff. 2.b) (Versorgungsausgleich) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Zu Lasten der Versorgungsanwartschaft des Antragstellers beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg werden im Wege der Realteilung auf einem für die Antragsgegnerin beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg zu eröffnenden Versicherungskonto Anwartschaften i.H.v. mtl. 571,32 Euro, bezogen auf den 31.1.2002, begründet.

II. Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

IV. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 4.498,68 Euro.

 

Gründe

I. Die Parteien haben am … 1978 die Ehe miteinander geschlossen. Der Scheidungsantrag des Ehemanns wurde der Ehefrau am 6.2.2002 zugestellt. In der gem. § 1587 Abs. 2 BGB zu bestimmenden Ehezeit vom … 1978 bis … 2002 haben beide Ehegatten Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar der Antragsteller bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte solche i.H.v. 395,64 Euro und die Antragsgegnerin ebenfalls bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte solche i.H.v. 300,50 Euro. Daneben hat der Antragsteller beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg Anwartschaften auf Altersversorgung in Höhe eines ehezeitbezogenen Monatsbetrags von 1.142,65 Euro erworben. Dies ergibt sich aus der Mitteilung des Versorgungswerks ggü. dem FamG vom 11.4.2002.

Das FamG hat mit Urteil vom 27.11.2003 die Ehe der Parteien geschieden. Daneben hat es den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, dass vom Versicherungskonto des Antragstellers auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften i.H.v. mtl. 47,57 Euro übertragen wurden. Daneben hat das FamG zum Ausgleich der Versorgung des Antragstellers beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften von mtl. 196,43 Euro begründet. Diesen Ausgleichsbetrag bestimmte das FamG nach Umrechnung der Anwartschaft des Antragstellers in ein dynamisches Anrecht anhand der Barwertverordnung.

Gegen dieses ihr am 5.12.2003 zugestellte Urteil hat das Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg am 9.12.2003 Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass seit dem 1.12.2002 in ihrer Versorgungssatzung die Realteilung vorgesehen ist. Die anderen Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit, sich zur Beschwerde zu äußern.

II. Die zulässige Beschwerde des Versorgungswerks der Architektenkammer Baden-Württemberg ist begründet. Gem. § 36a der Satzung des Versorgungswerks findet die Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG statt, wenn ein Teilnehmer in einem Versorgungsausgleichsverfahren ausgleichspflichtig ist. Dabei findet sich in der geänderten Versorgungssatzung kein Anhalt dafür, dass die Realteilung nur stattfindet, wenn der Ausgleichsberechtigte selbst die Voraussetzungen für die Aufnahme in das Versorgungswerk erfüllt. Vielmehr trifft § 36a Abs. 2 der Satzung die Bestimmung, dass ein Versorgungsausgleichsberechtigter, der eine Anwartschaft oder einen Anspruch auf Ruhegeld allein durch Versorgungsausgleich erhält, nicht Teilnehmer des Versorgungswerks wird, jedoch Versorgungsleistungen beanspruchen kann (Verweisung auf § 25 der Satzung).

Wie das OLG Stuttgart in einem gleichgelagerten Fall entschieden hat (OLG Stuttgart, Beschl. v. 1.10.2003 – 11 UF 83/03, rechtskräftig), findet die Realteilung der beim Versorgungswerk der Architektenkammer Baden-Württemberg bestehenden Anrechte durch Halbierung des nichtdynamisierten, ehezeitbezogenen Rentenanspruchs des Anwartschaftsberechtigten statt. Dem schließt sich der Senat an. Der Ausgleichsmechanismus der Realteilung entspricht damit im vorliegenden Fall demjenigen in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 1587b Abs. 1 BGB (Rentensplitting). Diese Ausgleichsform ist zu wählen, obgleich die Änderung der Versorgungssatzung nach dem gesetzlichen Ehezeitende erfolgt ist. Nach der Rspr. des BGH (BGH v. 9.7.1986 – IVb ZB 32/83, MDR 1987, 128 = FamRZ 1986, 976) sind Änderungen einer nic...

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