Entscheidungsstichwort (Thema)
Zweckbindung des Altersvorsorgeunterhalts
Leitsatz (amtlich)
1. Altersvorsorgeunterhalt ist zweckgebunden und steht jedenfalls dann für den allgemeinen Lebensunterhalt nicht zur Verfügung, wenn er zweckentsprechend verwendet wird. Er ist daher kein Einkommen i.S.d. § 115 Abs. 1 S. 1 ZPO. Andererseits ist auch die Verwendung des Altersvorsorgeunterhalts nicht vom Einkommen abzusetzen.
2. Die üblichen Aufwendungen für den Kindergarten gehören zu den Kosten des allgemeinen Lebensbedarfs, die durch Unterhalt und Freibeträge abgedeckt sind, wenn Kindesunterhalt gezahlt wird, der den monatlichen Regelsatz in der Sozialhilfe für das Kind erreicht oder übersteigt.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1; BGB § 1578; SGB XII § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Tuttlingen (Beschluss vom 08.09.2005; Aktenzeichen 1 F 340/03) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Rechtspflegerin des AG - FamG - Tuttlingen vom 8.9.2005 dahin abgeändert, dass die Antragstellerin ab dem 1.10.2005 auf die Prozesskosten des vorliegenden Verfahrens monatliche Raten von 45 EUR zu zahlen hat.
2. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des AG - FamG - Tuttlingen vom 8.9.2005 zurückgewiesen.
3. Die mit der teilweisen Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin angefallene Gerichtsgebühr wird auf die Hälfte ermäßigt. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Antragstellerin war für das Scheidungsverfahren mit Folgesache vom AG - FamG - Tuttlingen mit Beschluss vom 30.4.2004 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt worden. Nachdem die Antragstellerin einer Aufforderung des AG folgend am 20.7.2005 eine neue Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen bei Gericht eingereicht und sie auf Nachfrage weitere Informationen erteilt hatte, änderte die Rechtspflegerin des AG - FamG - Tuttlingen mit Beschluss vom 8.9.2005 die bewilligte Prozesskostenhilfe dahin ab, dass die Antragstellerin ab dem 1.10.2005 monatliche Raten von 95 EUR auf die Prozesskosten zu zahlen hat.
Gegen den am 12.9.2005 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 20.9.2005 Rechtsmittel eingelegt mit der Bitte, ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nochmals zu überprüfen.
Mit Beschluss vom 6.10.2005 hat die Rechtspflegerin des AG - FamG - Tuttlingen die sofortige Beschwerde ohne Abhilfe dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist teilweise begründet und führt zur Herabsetzung der angeordneten monatlichen Ratenzahlungen auf 45 EUR.
1. Zu Unrecht hat die Rechtspflegerin den Altersvorsorgeunterhalt als für die Prozessführung zur Verfügung stehendes Einkommen angesehen. Altersvorsorgeunterhalt ist zweckgebunden (Palandt/Brudermüller, BGB, 64. Aufl., § 1578 Rz. 64). Er steht daher für den allgemeinen Lebensunterhalt nicht zur Verfügung (VG Sigmaringen, Urt. v. 2.9.1999 - 1 K 1740/97, Juris). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Mittel zweckentsprechend verwendet werden. Da nicht nur eine Rentenversicherung, sondern auch eine andere Kapitalbildung der Altersversorgung dienen kann, liegt eine zweckentsprechende Verwendung des Altersvorsorgeunterhalts auch dann vor, wenn die Antragstellerin neben einer Rentenversicherung aus dem Altersvorsorgeunterhalt auf eine Kapitalanlage bei der Bausparkasse Wüstenrot zahlt. Das von der Rechtspflegerin errechnete Einkommen der Antragstellerin vermindert sich daher um 225,81 EUR.
Andererseits sind die privaten Rentenversicherungsbeiträge i.H.v. 79,98 EUR dann nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen, weil diese nicht aus dem allgemein verfügbaren Einkommen, sondern aus dem beim Einkommen nicht berücksichtigten Altersvorsorgeunterhalt erbracht werden. Das von der Antragstellerin einzusetzende Einkommen vermindert sich danach um 145,83 EUR (225,81 EUR abzgl. 79,98 EUR).
Die Beiträge für eine Kapitallebensversicherung können grundsätzlich nicht abgesetzt werden (Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rz. 256). Angesichts der Verwendung des Altersvorsorgeunterhalts liegt eine Ausnahme nicht vor.
Nachdem die Krankenversicherungskosten der Antragstellerin vollumfänglich einkommensmindernd berücksichtigt wurden, ist es unschädlich, wenn der Krankenvorsorgeunterhalt trotz seiner Zweckgebundenheit als Einkommen eingestellt wurde.
2. Das von der Antragstellerin einzusetzende Einkommen vermindert sich darüber hinaus um die Beiträge für die Familienversicherung (Unfall und Haftpflicht) i.H.v. monatlich 23,11 EUR. Nicht gesetzlich vorgeschriebene Versicherungen sind nach § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII i.V.m. § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 ZPO einkommensmindernd zu berücksichtigen, wenn diese Versicherungen und deren Beiträge bezogen auf die üblichen und notwendigen Vorkehrungen einer durchschnittliche Familie gegen Risiken des täg...