Leitsatz (amtlich)

Für eine nach § 29 I EnWG i.V.m. § 30 II Nr. 2 und Nr. 9 GasNEV oder StromNEV getroffene Festlegung von Preisindices zur Ermittlung der Tagesneuwerte nach § 6 III GasNEV oder StromNEV und von Abschreibungsperioden gem. § 6 GasNEV oder StromNEV besteht keine Zuständigkeit der Landesregulierungsbehörden nach § 54 II Nr. 1 oder Nr. 2 EnWG und auch keine Annex-Zuständigkeit. Die Zuständigkeit hierfür liegt allein bei der Bundesnetzagentur.

 

Normenkette

GasNEV §§ 6, 29, 30 Abs. 2 Nr. 2, § 54

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird die Verfügung der Beschwerdegegnerin vom 12.11.2007 in Bezug auf diese aufgehoben.

2. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

Die Verfahrenskosten werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 30.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.

A. Die Beteiligte, die Bundesnetzagentur (BNA), und die Landesregulierungsbehörde, die Beschwerdegegnerin, haben ein Konsultationsverfahren zur Festlegung der Preisindizes gem. § 29 Abs. 1 EnWG i.V.m. § 30 Abs. 2 Nr. 2 GasNEV eingeleitet. Dabei wurden auch die betroffenen Wirtschaftskreise angehört.

Die Beschwerdegegnerin hat, gestützt auf eine angeblich gem. § 54 Abs. 2 EnWG bestehende eigene Annex-Zuständigkeit, am 12.11.2007 Festlegungen für Gasnetzbetreiber getroffen und insoweit verfügt (Bf 2 = Bl. 4 bis 19 [veröffentlicht in Gemeinsames Amtsblatt des Landes Baden-Württemberg vom 28.11.2007 - S. 542 bis 584 = VA 60/29):

1. Die zur Ermittlung der Tagesneuwerte nach § 6 Abs. 3 GasNEV in Anwendung zu bringenden anlagengruppenspezifischen Preisindizes werden wie aus Anlage 1 ersichtlich festgelegt. Diese Preisindizes finden bei allen Entgeltgenehmigungsverfahren nach § 23a EnWG oder anderen kostenorientierten Verfahren Anwendung, die das Geschäftsjahr 2006 zur Grundlage haben.

2. Festgelegt wird weiter, dass die kalkulatorischen Abschreibungen gem. § 6 GasNEV auf ganze Jahre bezogen zu ermitteln sind.

Die BNA hat, auf ihren angestammten Zuständigkeitsbereich beschränkt, eine entsprechende Festlegung getroffen.

Die Verfügung vom 12.11.2007 ist Dutzenden von im Land Baden-Württemberg ansässigen Energieversorgungsunternehmen zugestellt worden, darunter der Beschwerdeführerin am 16.11.2007.

Diese hat, eingegangen am 14.12.2007, gegen diese Verfügung Beschwerde eingelegt und diese innerhalb verlängerter Beschwerdefrist dahin begründet, dass der Beschwerdegegnerin für diese Festlegungen schon die Zuständigkeit gefehlt habe; eine solche liege ausschließlich bei der BNA. Inhaltlich seien die Festlegungen ebenfalls zu beanstanden, da die Ermächtigungsbezüge, die Fachserien 16 und 17, verlassen worden seien, ferner, dass die Preisindizes eine gebotene Differenzierung vermissen ließen, dass in sie Annahmen zu Produktivitätssteigerungen Eingang gefunden hätten, welche falsch und zudem in sich widersprüchlich seien, weshalb die so entwickelten Reihen auch mit für vergleichbar zu erachtenden Indizes unvereinbar seien. Das Verbot unterjähriger Abschreibungen (Verfügungstenor Ziff. 2), wonach Anschaffungen etwa gegen Ende eines Geschäftsjahres einer vollen Jahresabschreibung unterworfen würden, sei unzulässig, weil dadurch das Sachgerechtigkeitsgebot gem. § 30 Abs. 2 Nr. 2 GasNEV verletzt würde, zumal mit dieser Abweichung von gefestigten Abschreibungsregeln im Bereich des öffentlichen Preisrechtes wie aber auch des Steuer- und Handelsrechtes eine unvertretbare Benachteiligung der Beschwerdeführerin einhergehe.

Die Beschwerdeführerin beantragt:

Die Festlegungen der Beschwerdegegnerin für Gasnetzbetreiber vom 12.11.2007, Geschäftszeichen 1-4455.3/60, werden aufgehoben.

Die Beschwerdegegnerin beantragt:

Die Beschwerde gegen die Festlegungen des Wirtschaftsministeriums für Gasnetzbetreiber vom 12.11.2007 wird zurückgewiesen.

Sie erachtet ihre Zuständigkeit für gegeben, welche sie weiterhin als Annex-Kompetenz aus § 54 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EnWG ableitet, jedoch aber auch in § 54 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EnWG begründet sieht. Der Sache nach hält sie an der Richtigkeit ihrer Festlegungen fest.

Die BNA tritt der Zuständigkeitswertung der Beschwerdegegnerin bei und verteidigt umfänglich die von ihr maßgeblich entwickelten und verantworteten Festlegungen.

Hinsichtlich des Weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschrift Bezug genommen.

B. Die Beschwerde ist zulässig.

a) Die Beschwerdegegnerin hat mit ihren Festlegungen einen Verwaltungsakt getroffen. Darunter fallen auch Allgemeinverfügungen nach § 29 Abs. 1 EnWG (vgl. § 60a Abs. 2 EnWG; Salje, EnWG [2006], § 75, 13; Britz in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG [2008], § 29, 13). Gegen eine solche Entscheidung der Regulierungsbehörde ist die Anfechtungsbeschwerde gem. § 75 Abs. 1 EnWG eröffnet (Preedy in Britz/Hellermann/Hermes, a.a.O., § 75, 3 und 1; Salje, a.a.O., § 75, 9). Da sie insbesondere form- und fristgerecht (§§ 78, 80 EnWG) eingelegt ist, ergeben sich insoweit keine Zulässigkeitsbedenken...

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