Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Kündigung eines Heimvertrages
Leitsatz (amtlich)
Die mietrechtliche Streitwertregelung des § 41 Abs. 2 GKG ist entsprechend auch auf Heimverträge anwendbar.
Normenkette
GKG § 41 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die befristete Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigen des Klägers wird der Streitwertbeschluss der Einzelrichterin der 27. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 27.5.2005 - AZ: 27 O 133/05 - wie folgt abgeändert:
Der Streitwert für den ersten Rechtszug wird auf 35.437,85 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger erwirkte gegen den Beklagten am 27.5.2005 beim LG Stuttgart, Einzelrichterin der 27. Zivilkammer, ein Anerkenntnisurteil gem. § 307 ZPO, wonach der Beklagte verurteilt wurde, das vom Kläger aufgrund des Heim- und Pflegevertrags der Parteien vom 16.9.2003 dem Beklagten überlassene Einzelzimmer Nr. ... in der vom Kläger betriebenen Senioreneinrichtung ... zu räumen und herauszugeben aufgrund einer fristlosen Kündigung des Klägers vom 4.2.2005 wegen Rückstandes des geschuldeten Heimvertragsentgeltes.
Das LG setzte in dem Anerkenntnisurteil den Streitwert mit 5.256 EUR fest, ausgehend von einem auf die reine Unterkunft nebst pauschalen Nebenkosten entfallenden Entgeltanteil von täglich 14,60 EUR.
Hiergegen richtet sich die befristete Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit der Begründung, der Streitwert der Räumungs- und Herausgabeklage habe sich nach dem gesamten Heimvertragsentgelt von täglich 97,09 EUR zu richten und betrage für ein Jahr 35.437,85 EUR.
II. Die befristete Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist statthaft (§§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG) und zulässig, denn sie wurde innerhalb der 6-Monats-Frist der §§ 68 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 2 GKG am 2.6.2005 eingelegt, nachdem der Streitwertbeschluss vom 27.5.2005 dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 31.5.2005 zugestellt worden war. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers kann aus eigenem Recht (§ 32 Abs. 2 RVG) die befristete Streitwertbeschwerde einlegen. Durch eine zu niedrige Wertfestsetzung ist der Rechtsanwalt auch beschwert.
Die Streitwertbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
Der Streitwert der Räumungs- und Herausgabeklage richtet sich in entsprechender Anwendung des § 41 Abs. 2 GKG nach dem Jahresbetrag des vom Beklagten geschuldeten Heimentgelts insgesamt, vorliegend 97,09 EUR täglich, und mithin bei 365 Tagen 35.437,85 EUR.
Zwischen den Parteien bestand ein wirksamer Heimvertrag vom 16.9.2003 gem. § 1 HeimG vom 5.11.2001 (BGBl. I 2970 ff.). Danach schuldete der Kläger dem Beklagten die Überlassung eines Einzelzimmers nebst Ausstattung (§ 1 Nr. 1), Unterkunft und Verpflegung bestehend aus Verpflegungsservice, Reinigungsservice, Wäscheservice, Betriebskosten, Wohnen und Gebäude und Hausmeisterservice (§ 1 Nr. 2) sowie Betreuung und Pflege bestehend aus Grundpflege, Behandlungspflege, soziale Betreuung, therapeutische Leistungen etc. (§ 1 Nr. 5). Das tägliche Gesamtentgelt i.H.v. 97,09 EUR setzte sich aus 60 EUR für die Pflegestufe 2, 20,60 EUR für Unterkunft und Verpflegung, 15,47 EUR für Investitionskosten Einzelzimmer sowie 1,02 EUR für Ausbildungsumlage zusammen (§ 3). Dieses Entgelt war jeweils bis zum 3. Werktag eines Monats im Voraus zahlungsfällig (§ 5). Gemäß § 11 des Heimvertrages, der an § 8 HeimG ausgerichtet war, bestand für den Kläger ein fristloser wichtiger Kündigungsgrund, wenn der Bewohner für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Entgelte oder eines Teils des Entgelts, der das Entgelt für einen Monat übersteigt, in Verzug ist (§ 11 Abs. 3 Nr. 4) oder der Bewohner in einem Zeitraum, der sich über mehrere Termine erstreckt, mit dem Entrichten des Entgeltes in Höhe des Betrages in Verzug gekommen ist, der die Summe des Entgelts für zwei Monate erreicht und das rückständige Entgelt nicht vor Ausspruch der Kündigung insgesamt ausgeglichen hat (§ 11 Abs. 3 Nr. 5). Dieses fristlose Kündigungsrecht des Heimträgers differenziert nicht, mit welchem Anteil des Gesamtentgelts (für Pflegestufe 2, für Unterkunft und Verpflegung, für Investitionskosten und für Ausbildungsumlage) der Heimbewohner in Verzug gerät. Vielmehr geht § 8 Abs. 3 Nr. 4a, b HeimG von einem einheitlichen Entgeltbegriff aus. Gleichwohl hat der Gesetzgeber die Kündigungsvorschrift in § 8 Abs. 3 Nr. 4 HeimG an der mietrechtlichen Kündigungsvorschrift des § 543 Abs. 2 Nr. 3a, b BGB ausgerichtet. Bei Berücksichtigung dieser gesetzgeberischen Wertung (einheitlicher Entgeltbegriff und Ausrichtung der Kündigung des Heimvertrags an mietvertraglichen Vorschriften) ist deshalb im Falle der vorliegenden Räumungs- und Herausgabeklage der Streitwert nach dem geschuldeten Gesamtentgelt bezogen auf die Dauer eines Jahres auszurichten (§ 41 Abs. 2 GKG analog).
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Verfahren ist gebührenfrei und außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
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