Leitsatz (amtlich)

1. Der Tod des Betreuten im Regressverfahren gem. § 1836e BGB führt nicht zur förmlichen Unterbrechung, sondern zur Fortsetzung des Verfahrens gegen die Rechtsnachfolger von Amts wegen. Die unbekannten Erben werden dabei durch den Nachlasspfleger gesetzlich vertreten. Beim Eintritt des Todes des Betreuten im Rechtsbeschwerdeverfahren ist eine Titelumschreibung auf die Erben ohne Vorbehalt möglich. Zur Beschränkung ihrer Haftung müssen sie eine Vollstreckungsabwehrklage nach §§ 781, 785, 767 ZPO erheben.

2. Rückforderungsansprüche des Trägers der Sozialhilfe sind ggü. dem Regressanspruch gem. § 1836e Abs. 1 Satz 1 BGB nicht vorrangig. Das haftende Aktivvermögen wird nicht bereits durch das Bestehen und die Titulierung eines Anspruchs geschmälert, sondern erst mit dessen Durchsetzung.

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 25.05.2007; Aktenzeichen 2 T 114/07)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der unbekannten Erben, gesetzl. vertr. d. d. Nachlasspflegerin, gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 25.5.2007 - 2 T 114/07, wird zurückgewiesen.

II. Die unbekannten Erben, gesetzl. vertr. d. d. Nachlasspflegerin, tragen die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

III. Den unbekannten Erben, gesetzl. vertr. d. d. Nachlasspflegerin, wird Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren ohne Zahlungspflichten bewilligt.

Beschwerdewert: 323 EUR.

 

Gründe

1. Mit Beschluss des Notariats Stuttgart vom 19.9.2006 wurde die Aufwandsentschädigung der Betreuerin für die Zeit vom 1.6.2005 bis 31.5.2006 i.H.v. 323 EUR festgesetzt und auf Grund der Mittellosigkeit der Betroffenen die Auszahlung aus der Staatskasse angeordnet. Ebenfalls mit Beschluss vom 19.9.2006 stellte das Notariat den Forderungsübergang auf die Staatskasse fest und setzte gleichzeitig den Regressanspruch der Staatskasse gegen die Betreute i.H.v. 323 EUR fest. Ihre sofortige Beschwerde hiergegen wurde durch Beschluss des LG Stuttgart vom 25.5.2007 zurückgewiesen und die weitere Beschwerde zugelassen.

Gegen die am 31.5.2007 der Betroffenen und ihrer Betreuerin zugestellte Entscheidung hat letztere zu Protokoll der Geschäftsstelle des LG Stuttgart (Rechtspflegerin) am 5.6.2007 im Interesse der Betreuten sofortige weitere Beschwerde eingelegt und diese mit Schreiben des selben Tages begründet.

Am 6.6.2007 ist die Betreute verstorben. Über ihren Nachlass wurde Nachlasspflegschaft zur Sicherung und Verwaltung des Nachlasses angeordnet und die Betreuerin am 13.6.2007 zur Nachlasspflegerin bestellt.

Das LG hat die Akte dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

2. Die sofortige weitere Beschwerde ist gem. §§ 56g Abs. 5 Satz 2, 69e Abs. 1 Satz 1, 29, 22 Abs. 1 FGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

a) Das Rechtsbeschwerdeverfahren (§ 27 Abs. 1 FGG) hat sich durch den Tod der Betreuten nicht erledigt.

Der Tod eines Beteiligten führt im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht zur Unterbrechung mit den gesetzlichen Folgen des § 249 ZPO. Er zieht auch rechtlich nicht notwendig den Stillstand des Verfahrens nach sich. Der Tod ist zwar häufig ein Tatbestand, der die Beendigung des Verfahrens zur Folge haben kann (Baronin von König/von Schuckmann in Jansen, FGG, Bd. 1, 3. Aufl. 2006, Rz. 35 bis 37 vor §§ 8-18, m.w.N.). Hiervon ist aber vorliegend nicht auszugehen, da der Tod der Betreuten nicht zu einem Fortfall des Verfahrensgegenstandes geführt hat (§ 1836e Abs. 1 Satz 3 BGB). Das Verfahren ist deshalb ohne förmliche Unterbrechung für und gegen die Rechtsnachfolger der verstorbenen Betreuten von Amts wegen fortzusetzen. Soweit die Erben nicht bekannt sind, werden sie durch die Nachlasspflegerin vertreten (§§ 1960, 1961 BGB; OLG Jena v. 9.1.2006 - 9 W 664/05, FamRZ 2006, 645), die nunmehr statt der Betreuten als gesetzliche Vertreterin der unbekannten Erben für diese das Rechtsbeschwerdeverfahren durchführt. Damit ist zugleich auch die Titelumschreibung auf die unbekannten Erben im vorliegenden Verfahren der weiteren Beschwerde möglich (Stöber in Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 727 Rz. 18 und § 778 Rz. 6, je m.w.N.).

b) Nachdem im vorliegenden Verfahren der weiteren Beschwerde die Entscheidung der Vorinstanz lediglich auf Rechtsfehler (§ 27 Abs. 1 FGG) überprüft werden darf, kann der Tod der Betreuten nicht zu einer geänderten Prüfungsgrundlage gem. § 1836e Abs. 1 Satz 3 BGB führen, sondern die Rechtsprüfung ist nach wie vor an § 1836e Abs. 1 Satz 1 BGB durchzuführen.

Sofern die Erben die Beschränkung ihrer Haftung auf den Wert des im Zeitpunkt des Erbfalls vorhandenen Nachlasses (§ 1836e Abs. 1 Satz 3 BGB) geltend machen wollen, müssen sie eine Vollstreckungsabwehrklage nach §§ 781, 785, 767 ZPO erheben.

Da der Erbe für die Ansprüche aus § 1836e Abs. 1 Satz 1 BGB und § 92c Abs. 1, 2 BSHG (jetzt: § 102 Abs. 1, 2 SGB XII) kraft Gesetzes nur beschränkt haftet, bedarf es eines Vorbehalts im Vollstreckungstitel, wie in § 780 ZPO vorgesehen, nicht (BayObLG v. 3.3.2005 - 3Z BR 192/04, NJW-RR 2...

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