Leitsatz (amtlich)

Eine Folgesache kann auch dann noch rechtzeitig innerhalb der Frist von drei Wochen ("zwei plus eine Woche") anhängig gemacht werden, sofern zwar zwischen der erstmaligen Terminierung der Scheidungssache und der wegen mehrerer Terminsverlegungen tatsächlich zeitlich später stattfindenden mündlichen Verhandlung ein ausreichender Zeitraum lag, allerdings keine der jeweiligen Terminsbestimmungs- bzw. Terminsverlegungsverfügungen einmal die zwingend erforderliche formell ordnungsgemäße Terminsladung beinhaltete.

 

Normenkette

FamFG § 137

 

Verfahrensgang

AG Heilbronn (Beschluss vom 17.02.2020; Aktenzeichen 4 F 592/19)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heilbronn vom 17.02.2020 aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das Amtsgericht - Familiengericht - Heilbronn zurückverwiesen.

Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens: 18.990 EUR

 

Gründe

I. Mit im März 2019 beim Amtsgericht H. eingegangenem Antrag begehrt der Antragsteller die Scheidung der mit der Antragsgegnerin 1999 geschlossenen Ehe. Die Antragsgegnerin stellte im April 2019 einen gleichlautenden Antrag. Der Antragsteller hat seinen Scheidungsantrag im Juli 2019 zurückgenommen. Nach Vorlage der vollständigen Auskünfte der beteiligten Versorgungsträger hat das Amtsgericht mit Verfügung vom 08.01.2020 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 29.01.2020 bestimmt. Diese Verfügung wurde der Antragsgegnervertreterin förmlich am 13.01.2020 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 13.01.2020 bat die Antragsgegnervertreterin um Terminsverlegung wegen eines anderweitigen Termins. Das Amtsgericht setzte mit Verfügung vom 15.01.2020 einen neuen Termin auf den 05.02.2020 fest, wobei diese Verfügung der Antragsgegnervertreterin am 20.01.2020 zugestellt worden ist. Mit Schriftsatz vom 21.01.2020 bat die Antragsgegnervertreterin wegen ihres 50. Geburtstages erneut um Verlegung des anberaumten Termins, der mit Verfügung vom 21.01.2020 und Verfügung vom 22.01.2020 nunmehr auf den 10.02.2020 verlegt wurde. Diese Verfügung wurde der Antragsgegnervertreterin am 23.01.2020 bzw. am 24.01.2020 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 28.01.2020 beantragte die Antragsgegnervertreterin wegen einer Terminskollision erneut die Verlegung des anberaumten Termins. Mit Verfügung vom 29.01.2020 wurde ein neuer Verhandlungstermin auf den 17.02.2020 bestimmt, der Antragsgegnervertreterin, die über eine vorherige Telefaxmitteilung bereits am 29.01.2020 Kenntnis vom neuen Termin erlangt hatte, am 03.02.2020 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 11.02.2020 stellte die Antragsgegnervertreterin im Verbund einen Antrag auf Zahlung nachehelichen Unterhalts. Mit Beschluss vom 17.02.2020 hat das Amtsgericht die Folgesache nachehelicher Unterhalt abgetrennt, da nicht in den Verbund gelangt und als selbständiges Verfahren weitergeführt und im Übrigen, nachdem beide Vertreterinnen der beteiligten Ehegatten den Scheidungsantrag gestellt hatten, die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.

Mit ihrer am 02.04.2020 beim Amtsgericht Heilbronn eingegangenen Beschwerde gegen die ihr am 02.03.2020 zugestellte Entscheidung begehrt die Antragsgegnerin die Zurückverweisung an das Amtsgericht zur Wiederherstellung des Verbunds. Keine der jeweiligen Terminsladungen des Amtsgerichts sei geeignet gewesen, der Antragsgegnerin eine ausreichende Zeit zur Vorbereitung eines Folgeantrages zu ermöglichen. Denn neben der zweiwöchige Ladungsfrist müsse der Antragsgegnerin eine zusätzliche Frist von einer Woche zugebilligt werden.

Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Zwischen dem Zugang der ersten Verfügung am 13.01.2020 und dem tatsächlich stattfindenden Termin am 17.02.2020 liege ein Zeitraum von fünfeinhalb Wochen, der es der Antragsgegnerin ohne weiteres ermöglicht hätte, rechtzeitig einen Folgeantrag einzureichen. Die Antragsgegnerin spiele bewusst auf Zeit, um weiteren Trennungsunterhalt zu erlangen.

II. Die gemäß § 58 FamFG statthafte und auch im Übrigen nach §§ 63 Absatz 1, 117 Absatz 1 FamFG zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts H. vom 17.02.2020 und der Zurückverweisung des Verfahrens an das Familiengericht.

Das Verfahren des Amtsgerichts - Familiengericht - H. leidet an einem wesentlichen Verfahrensmangel (§ 117 Abs. 2 Satz 1 FamFG, § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO). Es liegt ein unzulässiger Teilbeschluss des Amtsgerichts vor. Über die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 11.02.2020 anhängig gemachte Folgesache nachehelicher Unterhalt war zwingend im Scheidungsverbund mitzuentscheiden.

Nach § 137 Abs. 1 FamFG ist über Scheidung und Folgesachen zusammen zu verhandeln und zu entscheiden (Verbund). Gemäß § 137 Abs. 2 Satz 1 FamFG sind Folgesachen unter anderem Unterhaltssachen, sofern sie die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht betreffen (Nr. 2).

Um als Folgesache zu gelten, muss die Familiensache nach § 1...

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