Leitsatz (amtlich)

Der Streitwert einer Auflassungsklage richtet sich grundsätzlich nach dem Verkehrswert des Grundstücks, auch wenn der Wert der eingewandten Gegenrechte erheblich geringer ist.

 

Normenkette

ZPO § 6

 

Verfahrensgang

LG Tübingen (Aktenzeichen 2 O 78/01)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Abhilfebeschluss der 2. Zivilkammer des LG Tübingen vom 20.11.2001 wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis 7.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Beschwerde ist zulässig, der Sache nach ohne Erfolg.

1. a) Bei der auf Auflassung gerichteten Klage gilt grundsätzlich gem. § 6 ZPO als Gegenstandswert der Verkehrswert des Grundstücks (BGH NJW-RR 2001, 518; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rz. 16 „Auflassung”; Musielak/Smid, ZPO 2. Aufl. [2000], § 3 Rz. 22 „Auflassung”; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 3 Rz. 18).

Dies gilt auch bei einer Leistungsverweigerung. Auch insoweit ist nicht der Wert der Einwendung oder geringeren Gegenforderung maßgebend (OLG München v. 10.3.1997 – 28 W 2542/96, NJW-RR 1998, 142 [143]; OLG Celle v. 7.9.1998 – 16 W 58/98, OLGReport Celle 1999, 200 = KostRspr. § 6 ZPO Nr. 161; OLG Jena OLGReport Jena 1998, 350 [351]; OLG Stuttgart v. 13.8.1982 – 3 W 36/82, AnwBl 1982, 528 [529]; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl., § 6 Rz. 2; Schwerdtfeger in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., 2000, § 3 Rz. 35, § 6 Rz. 13; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., 2002, § 6 Rz. 2 „Auflassung”, 6; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 6 Rz. 15; OLG Karlsruhe JurBüro 1988, 1551 [1552] [aber nur, wenn Gegenforderung mindestens 1/4 des Verkehrswertes des Grundstücks erreicht]; a.A., nämlich ausschlaggebend nur die Bemessung der Gegenforderung, wenn deren wirtschaftlicher Wert geringer ist: OLG Schleswig OLGReport Schleswig 1998, 156; OLG Frankfurt v. 11.10.1995 – 23 W 14/95, OLGReport 1996, 58 = NJW-RR 1996, 636; OLG Braunschweig NJW 1973, 1982 [1983]; Zöller/Herget, ZPO, 22. Aufl., § 3 Rz. 16 „Auflassung”; Musielak/Smid, ZPO, 2. Aufl., 2000, § 3 Rz. 22 „Auflassung”; Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 342, 351 [Ausnahme, wenn nur minimale Gegenforderung]).

b) Nur dies gewährleistet die mit § 6 ZPO bezweckte berechenbare und einheitliche Bewertungspraxis (Schwerdtfeger in MünchKomm/ZPO, § 3 Rz. 35) und trägt dem Grundsatz Rechnung, dass es bei einer auf Auflassung gerichteten Klage gem. § 6 ZPO auf den Verkehrswert des Grundstücks ankommt (BGH NJW-RR 2001, 518) und dass im Streitwertrecht Einwendungen und Gegenrechte unberücksichtigt zu bleiben haben (Schwerdtfeger in MünchKomm/ZPO 2. Aufl., 2000, § 3 Rz. 35; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 6 Rz. 15; vgl. auch BGH v. 16.4.1995 – XI ZR 302/95, JZ 1996, 636).

2. a) Eine Korrektur dieser Wertung erfordert auch nicht die Entscheidung BVerfG NJW-RR 2000, 946 (ihm für alle vergleichbaren Fallkonstellationen folgend OLG Celle NJW-RR 2001, 712). Das BVerfG hat darin aber ausdrücklich offen gelassen, ob die Streitwertfestsetzung bei der – dort – Klage auf Erteilung einer Löschungsbewilligung für Sicherungshypotheken stets unzulässig sei, welche nach § 6 S. 1 ZPO nur auf den Nennwert der zu Grunde liegenden Forderung abstelle, auch wenn diese Forderung nicht mehr (voll) valutiert sei. Es hat (nur) den Grundsatz aufgestellt, dass der Justizgewährungsanspruch der kostenbelasteten beklagten Partei im Zivilprozess verletzt sei, wenn durch Festsetzung des Streitwertes weit über dem wirtschaftlichen Wert des Verfahrens bereits die Kosten einer Gerichtsinstanz ihr wirtschaftliches Interesse an einer Rechtsverteidigung übersteigen (ebenso OLG Celle NJW-RR 2001, 712).

b) Diese Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Der Beklagte berühmte sich nach und nach unterschiedlicher Gegenrechte, welche die Parteien und das LG im ersten Streitwertbeschluss übereinstimmend mit 40.000 DM bewertet haben. Bei einem vor Festlegung der Verteidigungsposition vom Beklagten ebenfalls in Betracht zu ziehenden Verlust des Rechtsstreits hatte er Kosten und Gebühren i.H.v. ca. 29.000 DM bei einem ausschließlich am Grundstückswert ausgerichteten Streitwert ins Kalkül zu ziehen. Schon darin scheint auf, dass eine Verletzung des vom BVerfG aufgestellten Grundsatzes nicht vorliegt. Zudem ist bei der vorliegenden Konstellation nicht zu verkennen, dass es anders als bei der Löschung von Grundpfandrechten nicht um die Beseitigung von die wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks hindernden Belastungen geht, sondern darum, durch Auflassung überhaupt erst in die Eigentümerstellung zu rücken und damit ein vielfach rechtlich gesichertes absolutes Recht zu erlangen. Im Übrigen erscheint auch der Beklagte jedenfalls bei der hier vorliegenden Fallkonstellation nicht in so hohem Maße durch Eingriff in Streitwertregeln schutzwürdig, da er das Kostenrisiko ungeachtet des Streitwertes von vornherein abfangen kann, indem er den uneingeschränkt geltend gemachten Auflassungsanspruch gem. § 93 ZPO sofort anerkennt in Gestalt einer Zug-um-Zug-Fassung, welche seine beanspruchten Gegenrechte aufnimmt und genau bezeichnet. Sind ...

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